Nach dem Flugunfall mit zwei Toten am Flugplatz Klippeneck haben jetzt die Ermittler die Arbeit aufgenommen. Neben der Kriminalpolizei wurden Experten der Bundesstelle für Flugfalluntersuchung (BFU) hinzugezogen, um die bislang unbekannte Ursache des Absturzes zu ermitteln.
Am Freitag waren ein Schleppflugzeug und ein zweisitziges Segelflugzeug in unmittelbarer Nähe des Flugplatzes auf dem Klippeneck, der auf 980 Meter auf einer Hochfläche der Schwäbischen Alb liegt, in der Luft kollidiert. Beide Luftfahrzeuge stürzten ab.
Dabei kamen die beiden Insassen des Segelflugzeuges ums Leben: Ein erst 14-jähriger Flugschüler, der seine Piloten-Ausbildung bei der Segelfluggruppe Schwenningen begonnen hatte, sowie ein 56-jähriger Fluglehrer und Mitglied beim Aero-Club Klippeneck (ACK).
Bei diesem Fluglehrer soll es sich nach SÜDKURIER-Informationen um einen sehr erfahrenen Piloten und Ausbilder für Segel- und Motorflugzeuge gehandelt haben, der aus einer Umlandgemeinde von Villingen-Schwenningen stammt.
Retten konnte sich der Pilot des Motorflugzeuges. Der 62-Jährige flog das Schleppflugzeug des Aero-Clubs Klippeneck, das Segelflugzeuge, die an einem Stahlseil angehängt werden, mit Motorkraft auf ihre Starthöhe hinaufzieht.
Pilot verdankt Rettungssystem das Leben
Bei der Maschine handelte es sich um ein Ultraleichtflugzeug vom Typ TL 96 Sting. Dieser Einsitzer verfügt über ein integriertes Gesamtrettungssystem, dem der abgestürzte Pilot wohl sein Leben verdankt. Bei diesem System wird der Rettungsschirm im Notfall mit einer Rakete aus der Maschine geschossen. Der Fallschirm bringt dann das gesamte Leichtflugzeug im Idealfall sanft zu Boden.
Die Feuerwehr von Böttingen und weitere Hilfskräfte haben am Freitag die beiden Toten und den überlebenden Piloten aus den Wracks in einem Waldstück nahe der Landebahn in einer aufwändigen Aktion bis nachts um 22 Uhr geborgen.
Auf dem Klippeneck, ein beliebtes Ausflugsziel mit Deutschlands höchst gelegenem Segelflugplatz, herrschte am Freitag bei gutem Wetter reger Flugbetrieb. Zahlreiche Segelsportler und Zuschauer hatten dort vor Ort den Unfall zumindest akustisch mitbekommen, als die beiden Flugzeuge in der Luft kollidierten.

Zum Zeitpunkt der Kollision befanden sich beide Flugzeuge offenbar im Landeanflug auf den Flugplatz. Beim Landen haben die Segelflieger in der Regel Vorrang vor den Motorflugzeugen. Warum es hier trotzdem zur Kollision kam und wer hier einen möglicherweise tödlichen Fehler beging, ist nun Gegenstand der laufenden Untersuchung.
Hier dürfte es viele Fragen der Luftsachverständigen an den überlebenden Piloten des Schleppflugzeuges und den Flugleiter am Flugplatz Klippeneck bezüglich der Flugmanöver und der Funk-Kommunikation geben. Offizielle Erkenntnisse gibt es derzeit nicht.
„Wir müssen das Ergebnis der Ermittlungen der BFU und der Kriminalpolizei abwarten“, erklärte dazu Polizeisprecher Dieter Popp vom Polizeipräsidium Konstanz. Erfahrungsgemäß sind dies langwierige Prozesse, bis am Ende ein Untersuchungsbericht vorliegt.
Fassungslosigkeit bei der Schwenninger Segelfluggruppe
Unter Schock standen am Wochenende die Mitglieder des ACE, die ihren 56-jährigen Flugkameraden und Ausbilder verloren, und ebenso die Schwenninger Segelfluggruppe, die am Klippeneck fliegt, und nun den Tod eines 14-jährigen Flugschülers verkraften muss. Hier herrschen Fassungslosigkeit und Trauer.
„Wir können es uns nicht erklären, wie es dazu kommen konnte“, sagte am Montag Bastian Kaiser (30), der zweite Vorsitzende der Schwenninger Segelfluggruppe auf SÜDKURIER-Anfrage. Er übernimmt derzeit die Kommunikation des Vereins nach außen, weil der Vorsitzende Michael Vosseler sich zur Zeit im Urlaub befindet.
Kaiser war selbst am Freitag vor Ort, als das Unglück geschah und hat den Knall gehört, als die beiden Maschinen in der Luft kollidierten. „Doch mehr als ein Knallzeuge bin ich nicht“, stellt er klar.
Flugzeuge mit Kollisionswarner
Das abgestürzte Schulungsflugzeug der Schwenninger Segelsportgruppe, ein Zweisitzer vom Typ Grob G 103, war nach Aussage von Kaiser mit einem Kollisionswarngerät ausgestattet. Er geht davon aus, dass auch das motorisierte Schleppflugzeug mit dieser Technik ausgestattet war. Warum es dennoch zur Kollision kommen konnte, ist für Kaiser nicht derzeit nicht erklärbar. „Wir wissen alle nichts Näheres“, betont er.
Was allerdings feststeht: Das Schleppflugzeug hat nicht den Segelflieger mit den beiden tödlich verunglückten Insassen hochgezogen, wie dies zum Teil fälschlich berichtet worden war. „Die beiden Flugzeuge sind unabhängig von einander gestartet“, bestätigt er. Zu weiteren Details der Umstände wollte sich Kaiser angesichts der laufenden Untersuchungen am Montag nicht äußern.
Dass der tödlich verunglückte Flugschüler erst 14 Jahre alt war, ist nach Feststellung von Kaiser nicht ungewöhnlich. Die Ausbildung für den Segelflugschein können junge Leute mit 14 Jahren beginnen. „Jugendliche sind in diesem Alter sehr gut imstand, das zu lernen“, betont der leidenschaftliche Segelflieger. Abgeschlossen werden kann die Ausbildung mit dem Erwerb des Segelflugscheins allerdings frühestens mit 16 Jahren.
Für die Schwenninger Segelflieger und die gesamte Fliegerszene am Klippeneck ist der tragische Unfall ein Schock. Am Klippeneck arbeiten die Segelflieger aus Schwenningen, Singen-Hilzingen, Spaichingen-Aldingen, Trossingen sowie der Aero-Club Klippeneck in einer Arbeitsgemeinschaft zusammen.
„Noch nie ein Zusammenstoß in der Luft“
Die Sportflieger haben in den vergangenen Jahren immer wieder einzelne Luftunfälle erlebt. „Aber wir hatten noch nie einen Zusammenstoß in der Luft“, sagt Bastian Kaiser. So etwas komme äußerst selten vor. „Für die Fliegerszene ist das ein harter Schlag.“