Seit 37 Jahren ist Johannes Probst Hausarzt in St. Georgen. In der Bergstadt betreibt er gemeinsam mit fünf weiteren Ärzten eine Gemeinschaftspraxis, die auch Corona-Schwerpunktpraxis ist. Erfahrung hat der 68-Jährige also genug. Dennoch sagt er: „So eine Situation haben ich in 37 Jahren aber noch nie erlebt. Wir stehen mit dem Rücken zur Wand.“

In der Gemeinschaftspraxis gibt es einen speziellen Infektraum. Den können Corona positive Menschen betreten, ohne anderen Patienten zu begegnen: „Es gibt in diesem Raum eine reine Infektsprechstunde. Im normalen Betrieb ist das gar nicht mehr zu machen“, sagt Probst und wird dann konkreter: „Es explodiert derzeit. Wir wissen uns derzeit gar nicht zu wehren. Es ist fürchterlich, es ist grausam.“
Die Infizierten seien zu 80 Prozent ungeimpfte Menschen. Bei etwa 20 Prozent der Corona-Positiven sei es dagegen zu Impfdurchbrüchen gekommen. Die akute Lage hat dazu geführt, dass Vorsorgeuntersuchungen in der Probst-Praxis verschoben wurden. Bis Weihnachten, schätzt Johannes Probst, entspanne sich die Lage hoffentlich wieder.
Keine Probleme habe die Praxis dagegen mit den Impfungen: „Wir impfen derzeit viel gegen die Grippe und führen die Booster-Impfungen durch. Das geht gut, mit diesen Terminen kommen wir soweit hin.“ Dennoch brauche es eine Entlastung der Ärzteschaft.
Nicht alle gewünschten Booster-Impfungen können in der Gemeinschaftspraxis von Gereon Dennebaum, Christiane Wage-Maisenbacher und Armin Strobel in Villingen gemacht werden. „Wir haben sehr viele Anfragen wegen der Auffrischimpfung. Deswegen haben wir uns dazu entschieden, freitags nach der regulären Sprechstunde vier Stunden gegen Corona zu impfen“, sagt Dennebaum. Außerdem werde in zwei Wochen auch der Samstag genutzt, um zu boostern. An beiden Tagen zusammen können so 180 Corona-Piekse verteilt werden.
Impfzentren wieder aufbauen
„Aber auch das reicht nicht aus, um alle zu versorgen, die ihre dritte Impfung erhalten wollen“, fährt Dennebaum fort. Er sagt deshalb: „Die Impfzentren wieder aufzubauen, wäre sinnvoll.“
„Ich hatte vier Männer, alle unter 50 Jahren. Die sind an Covid-19 erkrankt und haben alle eine beidseitige Lungenentzündung bekommen.“Gereon Dennebaum
Die meisten seiner Impfpatienten erhalten die Vakzine zum dritten Mal. Es gebe aber auch wenige, die sich zum ersten oder zweiten Mal impfen ließen. Dazu kämen die ungeimpften Patienten, die an Corona erkranken – wie in den vergangenen Wochen: „Ich hatte vier Männer, alle unter 50 Jahren. Die sind an Covid-19 erkrankt und haben alle eine beidseitige Lungenentzündung bekommen.“
Dennebaum appelliert deswegen an alle, sich gegen Corona impfen zu lassen: „Ich habe auch Sorge, dass die Mitarbeiter im Klinikum so überarbeitet sind, dass Menschen, die wegen anderer Dinge behandelt werden müssen, darunter leiden könnten.“ Zur Erinnerung: Das Schwarzwald-Baar-Klinikum hatte jüngst verkündet, alle nicht unbedingt notwendigen Operationen erst einmal zu verschieben und in Donaueschingen auch mittlerweile die Notaufnahme geschlossen.
Der Kampf gegen das Coronavirus, sagt der Hausarzt, laufe auf eine klassische Dreierimpfung wie bei Polio oder Hepatitis hinaus. Dennebaum sagt mit einem Lachen: „Ich persönlich werde sehr selten krank. Und das ist der Fall, weil ich von morgens bis abends vollgehustet werde. Ähnlich ist es mit Corona. Unser Körper muss ein paar Mal sehen, wie er sich gegen das Virus verteidigen kann. Und dazu braucht es Impfungen. So erkläre ich das auch meinen Patienten.“
Auch RS-Virus aktiv
Viel zu tun hat auch Michael Luft. Er betreibt eine Hausarztpraxis in Villingen. Es kämen aktuell viele Leute mit oberen Atemwegsinfektionen: „Der RS-Virus plagt uns“, sagt Luft. Aber auch Corona sei weiterhin ein großes Thema. Die Infizierten, die in Lufts Praxis kommen, seien momentan noch eher die Jüngeren. „Es ist aber damit zu rechnen, dass bald Ältere kommen“, so Luft weiter.

Die Booster-Impfung verabreicht der Hausarzt seit fünf Wochen – seit diese erlaubt ist. Es kämen aber auch Menschen, die sich zum ersten Mal impfen lassen: „Die meisten lassen das machen, weil sie keine Lust mehr auf Einschränkungen haben.“
Patienten, die noch gar nicht geimpft sind und skeptisch bis ablehnend gegenüber dem Pieks sind, versucht Luft mit objektiven Daten zu überzeugen: „Ich zeige dann Daten der Booster-Impfungen etwa anhand von Israel. Dort stiegen die Zahlen nach einigen Monaten wiedern. Nachdem die Drittimpfung verabreicht wurde, hat das Land aktuell wieder wenige Neuinfektionen am Tag.“