Sie machen einfach ihre Arbeit, jeden Tag, jede Nacht. Ihr Arbeitsplatz ist die Corona-Station im Schwaldwald-Baar-Klinikum. Nicole Ohlhauser und Maja Vuckovic sind hier als Krankenpflegerinnen tätig. Für die SÜDKURIER-Leser berichten sie über Erlebnisse im Ringen um jeden Patienten gegen das Corona-Virus.
Wenn die Kollegen erkranken ...
„Es waren bei uns zu Beginn der Arbeit auf der Coronastation schon Ängste da“, schildert Nicole Ohlhauser rückblickend jene Tage, als das Schwarzwald-Baar-Klinikum im März 2020 an seinem Standort Donaueschingen begann, die Corona-Erkrankten auf einer gesonderten Station zu behandeln. Als im Jahresverlauf und bis ins Jahr 2021 auch etliche Kollegen vom Virus infiziert wurden und, so Ohlhauser weiter, „teils bis heute erkrankt sind, war das natürlich schwierig“. Letztlich, so schildert sie weiter, wisse niemand genau, wo die Ansteckung ihren Ausgangspunkt gehabt habe. Aber natürlich sei die Wahrscheinlichkeit, dass es im Klinikum auf der Station passiert sein muss, „schon groß“.
Kurz vor Weihnachten 2020 spitzte sich die Lage zu. Vier Corona-Stationen, davon eine Intensivabteilung, seien seinerzeit gebildet worden, erklärt Arne Holthuis, Leiter der Pflegedirektion im Klinikum. Am 13. und 14. Dezember behandelte das Klinikum in Donaueschingen 105 Menschen, die Covid-19 hatten (die Abkürzung für die vom Coronavirus ausgelöste Krankheit leitet sich ab vom englischen Begriff Corona Virus Disease 2019). Richtung der Feiertage sei „im Schnitt jeden Tag ein Patient verstorben“, blickt Nicole Ohlhauser zurück.
Jeden Patienten gut begleiten
Im Kollegium werde viel gesprochen, um mit solchen Lagen möglichst gut umzugehen. „Ich möchte hier jeden Patienten gut begleiten“, sagt Nicole Ohlhauser. Die Zuspitzung vor Weihnachten habe „alle im Kollegium sehr mitgenommen“. Von sich aus sagt sie dann noch: „Wir weinen da auch zusammen. Wir bemühen uns trotzdem, irgendwann auch etwas zum miteinander Lachen zu finden, das ist dann Ausgleich, aber auch Ventil“.
Es gebe seit Corona im Haus „ein neues Miteinander“, formuliert Nicole Ohlhauser. Das drücke sich „auch durch viel Wertschätzung der Kollegen etwa aus den Abteilungen in Villingen-Schwenningen aus. Wir spüren da den Respekt“. Das Klinikum hat 2020 und 2021 einen Corona-Bonus gestaffelt ausbezahlt. Die Mitarbeiter aus den Covid-Stationen wurden dabei höher eingestuft. „Das hat uns gefreut, aber wichtiger war die persönliche Anerkennung. Klinikum-Geschäftsführer Matthias Geiser sei mehrfach vor Ort gewesen und habe seinen Dank adressiert, berichten Nicole Ohlhauser und Maja Vuckovic.
Unterschiedlicher Schutz
Maja Vuckovic bestätigt wie Nicole Ohlhauser, dass Schutzkleidung für die Beschäftigten „von Beginn an vorhanden“ gewesen sei. Vuckovic: „Ich fühle mich damit eigentlich sicher, aber vielleicht nicht zu 100 Prozent“, offenbart sie. Arbeitsschuhe, eine Art Schutzüberhang von den Schultern bis fast an die Fußknöchel plus eine Haarhaube sowie und ein Visier schützen zusammen mit Handschuhen.
Unter dem Visier wird ein Mund-Nasen-Schutz der Klasse FFP2 oder sogar der Kategorie 3 getragen, je nachdem, wie ansteckend der Patient eingestuft ist. Nicole Ohlhauser sagt, im Team der Pflege werde immer wieder darüber gesprochen, was beim Schutz, aber auch bei den Abläufen in der Arbeit verbessert werden könne. Nach 16 Monaten dieser besonderen Arbeit seien „viele Routinen eingeübt, die auch Sicherheit geben“ würden, berichtet sie.

„Wir sind viel im Zimmer beim Patienten“, viel mehr als sonst auf anderen Stationen“, sagt Nicole Ohlhauser, und fügt hinzu: „Wir leiden schon mit den Patienten und deren Angehörigen.“ Beide Pflegerinnen beschreiben ihre Arbeit als „psychisch herausfordernd und körperlich sehr anstrengend“. Allein das fürsorgliche, korrekte Lagern eines beatmeten Patienten sei oft Schwerstarbeit. Patienten, die beatmet werden, liegen auf dem Bauch. „Es dürfen aber keine Druckstellen entstehen“, schildert Nicole Ohlhauser.
Volle Konzentration
Die Arbeit der beiden Frauen wirkt wie eine Kombination aus hoher Konzentration, Muskeleinsatz und viel Gefühl. Genau aufpassen müssen die Pflegekräfte beispielsweise bei der Medikamentierung. „Das sind schon Unmengen“, sagt Nicole Ohlhauser. Sie schildert, dass durchaus „bis zu 25 Tabletten am Tag verabreicht“ würden. Diese würden zermösert und mit Flüssigkeit dann intravenös verabreicht. Diese Medikamente gebe es ausschließlich in Tablettenform, obwohl schwer erkrankte Corona-Patienten in Folge der Beatmung diese nicht schlucken könnten, beschreiben die beiden Pflegerinnen.
Das ist der Personalschlüssel
Auf der Corona-Intensivstation werde mit mehr Personalstärke gearbeitet, eine Pflegefachkraft versorge 1,7 Patienten. Normal seien auf der Intensivstation – ohne Covid-19 – zwei Patienten pro pflegendem Mitarbeiter, stellt Pflege-Chef Arne Holthuis dar.
Wie kommen die beiden Mitarbeiterinnen eigentlich zum Feierabend mental von ihrer Arbeit los? Maja Vuckovic betont, dass es ihr „vor allem darum geht, mal was anderes zu hören als nur Corona“. Arne Holthuis pflichtet bei: Man kann es dann irgendwann nicht mehr hören.
Maja Vuckovic offenbart, dass sie teils auch von ihrem eigenen Umfeld irritiert gewesen sei. Menschen um sie herum „sind auf Abstand gegangen, obwohl alle gesagt haben, es sei wow, was Du machst. Ich konnte das kaum glauben“, sagt sie und lacht dazu auch ein wenig im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Sie und Nicole Ohlhauser haben „keine Angst, Ansteckungsgefahren zu sich nach Hause zu übertragen“. Schließlich wissen sie genau, wie umfangreich Tests und Schutz am Arbeitsplatz sind.
Trennung zum Privatleben
Das eigene Leben verändert habe Corona durchaus. Maja Vuckovic sagt das in einem Satz: „Ich halte generell überall mehr Anstand.“ Nicole Ohlhauser schildert, dass sie vor allem bei Menschenmengen „wie neulich bei einem Ausflug nach Heidelberg“ meide: „Ich muss da dann nicht durch, sondern gehe auch mal zurück“.

Nicole Ohlhauser und Maja Vuckovic wünschen sich, dass „es mit dem Respekt so weitergeht“, auch am Arbeitsplatz. Beide schildern, dass es sie irritiere, wenn im Klinikum mit dem Absinken der Infektionszahlen „Personal schnell wieder nach Villingen-Schwenningen abgezogen wird“. Sie hätten „ja Verständnis dafür, dass in VS im OP oder der Anästhesie auch die Arbeit getan werden muss“. Aber, so schränken sie ein: „Was bei uns abgezogen ist, das ist dann erst mal weg – und manchmal nicht so leicht wiederzubekommen.“