St. Georgen hat schnell gehandelt. Kurz nachdem die ersten Angriffe von Russland auf die Ukraine erfolgten, wurde in der Bergstadt den Menschen geholfen, die aus dem Kriegsgebiet geflüchtet waren. Dass es so schnell ging, liegt an dem funktionierenden Zusammenspiel der Stadt mit der Evangelischen Altenhilfe.
Als in St. Georgen noch die Hilfe koordiniert wurde, haben drei Frauen in der Ukraine keine Sekunde gezögert. Sie packten ihre Kinder und das Notwendigste zusammen und flüchteten aus ihrer Heimat. Tamara Sobol, Natalia Yakubchak und Natalia Kravckenko kommen aus Charkiw, einer einst 1,6 Millionen-Einwohner-Metropole, die zweitgrößte Stadt der Ukraine nach Kiew. Nur 40 Kilometer sind es von dort bis an die russische Grenze.
Mit Privatautos fliehen sie in einen rumänischen Kurort in den Karpaten und überlegen sich dort, wie es weitergehen soll. Sie nehmen Kontakt zu einer Bekannten in St. Georgen auf – 1800 Kilometer weiter westlich. Die fragt auf dem Rathaus an, ob es eine Möglichkeit gibt, die drei Frauen mit ihren Kindern aufzunehmen. Das war Ende Februar, noch bevor die Flüchtlingshilfe im Schwarzwald-Baar-Kreis richtig auf Touren kam.
Zwei Appartements in der Lorenzhöhe
Die Möglichkeit gab es dann tatsächlich, weil kurz zuvor Markus Schrieder, Geschäftsführer der Evangelischen Altenhilfe, Bürgermeister Michael Rieger angeboten hat, zwei der fünf Appartements in der Lorenzhöhe, in der normalerweise Angehörige von pflegebedürftigen Personen eine Auszeit nehmen können, zur Verfügung zu stellen. So kamen die drei Familien nach einer langen Reise über Ungarn, Tschechien und Bayern schließlich am 4. März in St. Georgen an.
Hilfe bei Behördengängen
Bei den notwendigen Behörden- und Amtsgängen werden die Ukrainerinnen von Oxana Ruigis unterstützt. Sie begleitet die Frauen als Dolmetscherin. „Die Frauen und die Kinder sind jetzt beim Einwohnermeldeamt registriert, auch bei der Ausländerbehörde und beim Sozialamt waren wir bereits“, zählt Ruigis auf, die den Frauen auch bei der Eröffnung von Bankkonten behilflich war.
Beifall der Nachbarn
Von den Bewohnern in dem Wohnquartier Lorenzhöhe wurden die neuen Bewohner übrigens mit Beifall begrüßt und herzlich aufgenommen. Auch wurde den Frauen bereits Hilfe und Unterstützung angeboten.
Schule und Vereine
Momentan wird versucht, die drei ältesten der Kinder am Thomas-Strittmatter-Gymnasium anzumelden, da diese in ihrer Heimat in der Abschlussklasse fürs Abitur waren. „Bei den jüngeren müssen wir erst sehen, wie wir sie in der Schule unterkriegen“, so Ruigis. Auch sollen die Kinder in das St. Georgener Vereinsleben integriert werden.
Schon länger Kontakte in die Ukraine
Wie Florije Sula, Geschäftsführerin der evangelischen Altenhilfe sagt, ist die zeitlich unbegrenzte Bereitstellung der Appartements „als diakonische Einrichtung unser Beitrag zur Flüchtlingshilfe“.
Schon seit Längerem ist die Altenhilfe, die die beiden Altenheime Lorenzhaus und Elisabethhaus betreibt, in Auslandsprojekten engagiert. Und hat vor zwei Jahren begonnen, unter anderem ukrainische Pflegekräfte auszubilden. „Hierzu war Markus Schrieder persönlich an der Universität in Charkiw, genau da, wo diese Frauen jetzt herkommen.“
Letzte Hürde: die Sprachkenntnisse
Die Frauen, die in ihrer Heimatstadt bislang ein Kosmetikstudio, eine Boutique und ein kleines Lebensmittelgeschäft betrieben haben, wollen sich indessen gerne ins Gemeindeleben einfügen und auch arbeiten. Allerdings seien die derzeit noch fehlenden Sprachkenntnisse eine Hürde. „Aber auch das bekommen wir gemeinsam hin“, ist Florije Sula optimistisch.