Erstaunte Blicke zog der kleine Umzug kostümierter Personen auf sich, der im Schutz der Dunkelheit durch die Niedere Straße zog und dabei ein Wueschtsprüchle nach dem anderen im Chor aufsagte. Pardon, es war kein Umzug, sondern eine Wanderbaustelle auf 200 Beinen, die, mit vorderösterreichischem Markierungsband gesichert, über den Marktplatz defilierte. Interaktive Beteiligung war nämlich gefordert bei der närrischen Stadtführung, zu der sich an zwei Abenden insgesamt 200 Teilnehmer einfanden, wo ihnen die Geschichte der Villinger Fasnet auf ganz andere Art und Weise näher gebracht wurde.

Die Stadtführer höchstpersönlich gaben Einblicke in die Historie der Fasnacht im Allgemeinen und der Villinger Fasnet im Besonderen. "Kaum waren die Dinosaurier ausgestorben, kamen die Narros", blickte Klaus Richter als Narrovatter auf die Anfänge zurück. Oder, wie es Gunther Schwarz lautmalerisch ausdrückte; "Die Erde war wuescht und leer, und dann schuf Gott den Narro." Gemeinsam mit Henry Greif, Dieter Mauch, Andrea Riehle und Frank Haas drehten die Stadtführer das Rad der Zeit weit zurück, als die Fasnet selbst in Villingen noch Karneval hieß und, mal auf politisches, mal auf kirchliches Geheiß auch gerne mal verboten wurde. Doch ein Narr, wer glaubt, dass Narren sich durch Verbote aufhalten lassen. Und aus genau so einem Grund heraus zog einst statt eines Umzugs eine Wanderbaustelle durch Villingen.

Auf ihrer närrischen Stadtführung lernten die Teilnehmer auch historische Personen leibhaftig kennen. Johannes Pauli zum Beispiel. Der Franziskanermönch gebrauchte 1408 erstmals die Bezeichnung Fasnet. Und sogar der Narro höchstpersönlich sprach zu den Teilnehmern der Führung und erläuterte sein Häs.
Namen wie Albert Fischer tauchten in der Erzählung auf. Und auf ihrer Tour kamen die Gäste auch am "Raben" vorbei, in dem einst die Figur der Altvillingerin das närrische Licht der Welt erblickte. Am Haus des in den Wueschtsprüchen verewigten "Ribbele-Becks" in der Gerberstraße kam die Gruppe ebenfalls vorbei. Aber auch das dunkle Kapitel der Fasnacht während der Nazizeit wurde nicht ausgespart.