Die Befürchtungen scheinen sich zu bewahrheiten: Der Borkenkäfer wird auch den VS-Wäldern enorm zusetzen. Vergangene Wochen prüften die Mitarbeiter des Forstamts die Fallen und ihr Fazit ist ernüchternd: „Es sind so viele Käfer wie noch nie darin“, bilanzierte Forstamtsleiter Tobias Kühn. Das heiße nicht, dass bereits jetzt schon Tausende von Bäumen befallen sind. „Aber das Risiko ist hoch“, betonte Kühn. Weil das Wetter vorerst warm und trocken, statt feucht und gewittrig bleibt, dürfte sich die Situation zuspitzen. Daher ist auch nicht ausgeschlossen, dass Kühn „als letztes Mittel“ Gift einsetzen muss.

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Das Forstamt bekämpft mit den aufgestellten Fallen die Borkenkäfer nicht, sondern prüft ihre Anzahl. Und die ist eben sehr hoch. Der einzige Lichtblick für Kühn und seine Mitarbeiter. Wegen des kühlen Mais werden nur drei Generationen der Tiere heranwachsen und nicht wie vergangenes Jahr vier. Was das bedeutet, macht der Forstamtsleiter an einem Zahlenbeispiel klar: Bei vier Generationen entstehen aus einem Käfer 8000, bei drei werden aus einem Exemplar 400 Exemplare. Allerdings ist in diesem Jahr die Ausgangspopulation höher.

Das Aufspüren

Dafür sind die Förster zuständig, was aktuell einen Großteil ihrer Arbeit ausmache. Das ist nicht wenig, allein der Stadtwald erstreckt sich auf eine Fläche von 6000 Hektar. Darauf sind rund fünf Millionen Bäume ab einem Stammdurchmesser von etwa sieben Zentimeter zu finden, erläuterte Kühn. Seine Förster versuchen ihre Reviere – insgesamt sechs gibt es in VS davon – zum Beispiel von Hängen aus mit den Ferngläsern abzusuchen. Die komplette Fläche zu begehen, sei völlig unmöglich. Aktuell habe beispielsweise Axel Lux, der Revierförster, der für die Waldflächen bei Tannheim, Rietheim und Pfaffenweiler zuständig ist, 80 bis 90 befallene Bäume an einem Tag gemeldet. Dabei müssen die Förster den Boden unter den verdächtigen Bäumen absuchen. Findet sich dort das Bohrmehl, dann sind sie befallen, „wir haben schon verloren“.

Der Baum muss gefällt werden, nicht immer ist er leicht zugänglich oder steht mit anderen befallenen Fichten oder in geringerem Maß Tannen nahe beieinander. Hinzukommen 2000 Hektar Privatwald. Dafür seien eigentlich die Waldbesitzer verantwortlich. Oft wüssten die manchmal gar nicht genau, wo ihr Wald endet, oder sie kontrollieren nicht regelmäßig. Daher müssten auch auf diese Gebiete die städtischen Förster ein Auge werfen.

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Befallene Stämme werden in ein Nasslager transportiert, das in Villingen-Schwenningen 10 000 Festmeter umfasst. Das sei nicht wenig, betonte Kühn, und die Käfer mögen die Feuchtigkeit nicht. Oder das Holz muss schnell aus dem Wald gebracht werden. Das sei immer dann der Fall, wenn ein Kunde gewonnen wurde. Allerdings werde derzeit der Markt von Holz nur so überschwemmt, aktuell sind es Buchen. Als letztes Mittel bleibt die „chemische Keule“. Die schließt Kühn ausdrücklich nicht aus. Im vergangenen Jahr musste sie bereits einmal angewandt werden – im Gebiet Langmoos am Salvest. Das werde beispielsweise notwendig, wenn die Polter, das heißt, die Lager von befallenen Langholzstämmen, nicht von den Kunden geholt werden. Dann bringt das Forstamt Gift aus, Insektizide, die für Warmblütler ungefährlich sind, aber auch andere Insekten töten. Allerdings sitzen auf den gefällten Stämmen in der Regel keine Bienen. Gesondert gewarnt wird bei dem Insektizid-Einsatz übrigens nicht. Spaziergänger und Wanderer hätten auf den Poltern ohnehin nichts zu suchen, das sei lebensgefährlich.

Der Ausblick

Optimistisch ist Kühn nicht so richtig. Dabei gehe es dem VS-Forst noch vergleichsweise gut, in anderen Gebieten Deutschlands sei die Lage desaströs. In Teilen Hessens und Bayern wurde der Kampf gegen den Borkenkäfer bereits aufgegeben. Andere heimische Baumarten sind betroffen: Fichte und Tanne durch den Borkenkäfer, Esche und Buche durch Pilze, die Eiche durch den Schwammspinner, auch Kiefer und Ahorn leiden. Pilze, Käfer, Raupen – dazu die Trockenheit. Die Feinwurzeln seien durch den Sommer 2018 geschädigt, erläuterte Kühn. Möglicherweise wird der Forst künftig stärker auf die Douglasie setzen. Bei Waldverjüngung wurden bisher rund 2000 Exemplare gesetzt. Doch am liebsten wäre dem Forstamtsleiter „ein verregneter Sommer“.

Forstamtsleiter Tobias Kühn wünscht sich mehr Regen.
Forstamtsleiter Tobias Kühn wünscht sich mehr Regen. | Bild: Lange, Tobias