Ein Wirtschaftskrimi mit ungewöhnlichen Zutaten – einer dubiosen Insolvenz, langwierigen Gerichtsprozessen, aufrüttelnden Arbeiter- sowie Politikerprotesten und einem Strippenzieher in China – geht zu Ende. Es handelt sich auch um das letzte Kapitel des Saba-Nachfolgeunternehmens TTE Germany, das 2006 unter nebulösen Umständen Insolvenz anmelden musste. Nun bestätigte der Insolvenzverwalter der TTE Germany, der Stuttgarter Anwalt Wolfgang Hauser, dass nach über 12 Jahren ein Schlussstrich gezogen werden kann. Für die festgestellten Forderungen von über 7,5 Millionen Euro steht ein Betrag von rund zwei Millionen Euro zur Verfügung. Das sei eine Quote von 27,3 Prozent, für Hauser ist das sehr zufriedenstellend – vor allem wenn er die Umstände betrachtet, unter denen er das Verfahren durchzukämpfen hatte. Im nächsten Jahr wird die Quote an 171 Gläubiger ausbezahlt, darunter sind ehemalige Mitarbeiter, Handwerker, aber auch eine Behörde wie die Bundesanstalt für Arbeit.

"Systematische Ausplünderung"

Die Geschichte von TTE hängt untrennbar mit der von Saba, der Schwarzwälder Apparate Bau Anstalt, zusammen. Das Villinger Familienunternehmen beschäftigte allein in der Zähringerstadt in den sechziger Jahren 4000 Menschen und rüstete Nachkriegsdeutschland mit Radios, Fernsehern und Plattenspielern aus. Doch dem in der Unterhaltungselektronik gnadenlosen Konkurrenzkampf der Konzerne hielt die Saba nicht stand. Zuletzt blieben nur noch kärgliche Reste der einst stolzen Marke in Villingen, unter anderem die TTE Germany. Der Fernsehhersteller TTE war ein Zusammenschluss der beiden Konzerne Thomson (Frankreich) und TCL (China), TCL führte seit 2004 das Unternehmen und damit auch die 125 früheren Thomson-Fernsehingenieure, die im Villinger Labor Entwicklungsarbeit leisteten. Das ging allerdings nur zwei Jahre gut, dann musste die TTE unter undurchsichtigen Begleitumständen Insolvenz anmelden, betroffen waren 68 Mitarbeiter. Gewerkschaften und auch Politiker vermuteten, dass die Villinger TTE in die Zahlungsunfähigkeit getrieben wurde, damit der chinesische Mutterkonzern an die Patente aus dem Bereich Unterhaltungstechnik gelangen konnte. Das Nachrichtenmagazin "Spiegel" schrieb von einer systematischen Ausplünderung, weil zudem Rückstellungen von Mitarbeiter-Pensionen im Wert von 5,7 Millionen Euro nach Paris überwiesen wurden.

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So hatte der Insolvenzverwalter keine leichte Aufgabe vor sich, als es an die Arbeit ging. Da Villingen am Tropf der französischen TTE Europe hing, die etwa ein Jahr später ebenfalls Insolvenz anmeldete, saß sein Ansprechpartner in Paris, der wiederum den chinesischen Mutterkonzern in Hongkong kontaktierte. Zunächst wurden dem Juristen eine Million Euro geboten, was Wolfgang Hauser jedoch nur als Angebot betrachtete, Ruhe zu geben. Das lehnte er ab, langwierige Verhandlungen folgten – mit einem für Wolfgang Hauser erfreulichen Ergebnis. Letztendlich zahlte der chinesische Mutterkonzern 3,5 Millionen Euro über Paris aus, mit einem Teil des Geldes musste er aber die Kosten für das über ein Jahrzehnt dauernde, aufwendige Verfahren begleichen. Zeitweise stand sogar die Überlegung im Raum, den Mutterkonzern direkt in China zu verklagen, doch die Experten rieten wegen einer fehlenden Erfolgsaussicht davon ab, berichtete Hauser.

"Mitarbeiter können abschließen"

Für den damaligen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Franz Ritter, der heute als Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall arbeitet, ist es "eine unendliche Geschichte, die endlich zu Ende geht". Viele der damaligen Mitarbeiter können "jetzt endlich damit abschließen". Ein Großteil von ihnen trifft sich noch heute einmal im Jahr in Pfaffenweiler – der Kampf damals habe sie zusammengeschweißt, bilanzierte Ritter.