Nachdem er von FDP, SPD und Grünen angegriffen wurde, nahm Oberbürgermeister Jürgen Roth (CDU) gestern zu den Vorwürfen Stellung, er habe bei der Beauftragung von Straßenasphaltierungen gegen geltendes Recht verstoßen und eigenmächtig über den Gemeinderat hinweg unbefugt mehrere hunderttausend Euro ausgegeben. Roth wies einige Vorwürfe zurück, räumte aber auch einen Fehler ein.
Wie berichtet, hatten die Fraktionsvorsitzenden von FDP, SPD und Grünen sich diese Woche an an das Regierungspräsidium gewandt, um den Sachverhalt von der kommunalen Aufsichtsbehörde prüfen zu lassen. Sie wollen wissen: War das Stadtoberhaupt befugt, in der Situation vom vergangenen Juli einen Eilentscheid für die Ausgabe von mehreren hundertausend Euro zu treffen, ohne den Gemeinderat einzuberufen oder zu informieren. Sprich: Hat Roth seine Kompetenzen überschritten und gegen geltendes Recht verstoßen?

In seiner gestrigen Stellungnahme beantwortete Roth die Frage nach der Rechtmäßigkeit seines Handelns nicht eindeutig. In der damaligen Situation im Juli sei ihm ein Eilentscheid als der richtige Weg erschienen, um noch vor dem Einbruch des Winters mehrere Straßen mit Dünnschichtasphalt im Kaltverfahren (DSK) herrichten zu lassen, sagte Roth. Damals bestand die Chance, mehrere Straßen zu asphaltieren, deren Oberfläche dann fünf bis sieben Jahre vor weiteren Schäden und damit Kosten für die Stadt geschützt gewesen wären. „Das war mir wichtig. Ich glaube, ich habe damit etwas Gutes für die Stadt gemacht.“
Mit dem Wissen von heute würde er die Entscheidung nicht mehr treffen, sagte Roth. Denn durch den jüngsten Kälteeinbruch konnte die beauftragte Firma bislang nur eine Straße ganz, und eine weitere nur zum Teil asphaltieren. Die vorgesehene Bearbeitung von drei weiteren Straßen musste wegen des Wetters auf 2020 verschoben werden.
Ein Eilentscheid bedeutet, dass der OB anstelle des Gemeinderates eine Entscheidung trifft, etwa, um Schaden von der Stadt abzuwenden. Dass er sich zu diesem Mittel entschlossen hat, begründete der OB damit, dass die Baufirma, die im Juli mehrere Straßen in der Stadt mit dem DSK-Verfahren bearbeitet hatte, mit ihren Maschinen bereits in der Stadt war. Deshalb habe er die Chance gesehen, gleich einen zweiten Auftrag hinterherzuschieben, damit einige Straßen über den nächsten Winter nicht noch weitere Frostschäden erleiden würden. Die Baufirma habe auf eine schnelle Entscheidung gedrängt, deshalb habe er gehandelt. Ein wichtiges Argument für den Eilentscheid, so ergänzte gestern die städtische Juristin Karin Feger, sei gewesen, dass bei mehreren der Straßen Gefahr bestanden habe, dass aus leichten Schäden eine kostspielige Vollsanierung werde, wenn nicht vor dem Winter asphaltiert werde.
Roth stellte klar, dass es bei diesem zweiten DSK-Auftrag um eine Summe von 690 000 Euro ging, und nicht, wie ihm vorgeworfen wurde, um die Gesamtsumme beider Aufträge von rund 1,5 Millionen Euro. Der OB erklärte weiter, es sei nicht möglich gewesen, in der damaligen Situation die Straßenasphaltierung in der wenige Tage nach dem Eilentscheid stattfindenden Sitzung des Technischen Ausschusses beschließen zu lassen. Für eine fristgerechte Aufnahme eines solchen Beschlusses auf die Tagesordnung (spätestens eine Woche vor der Sitzung) war es zeitlich schon zu spät. Die Alternative wäre gewesen, zwei Tage nach der Sitzung eine „Notsitzung“ anzusetzen und die Stadträte erneut zusammenzurufen. Dies sei technisch möglich gewesen, räumt er ein, ihm aber nicht sinnvoll erschienen. Er gehe davon aus, dass sein Vorgehen angemessen war. „Ein Fehler ist mir aber echt passiert“, räumte er ein. Er habe es versäumt, den Eilentscheid dem Gemeinderat bekanntzugeben. „Das ging einfach unter“, bedauerte Roth.
Nun will der OB den Gemeinderat im Dezember mit einer ausführlichen Vorlage über die Abläufe und Hintergründe informieren. Er hoffe, sagte er, dass sich damit die erhitzen Gemüter alle wieder abkühlen werden.