Zwei Stürme fegten in den letzten drei Wochen über die Region.

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Dazwischen gab es viel Regen- und Schneeschauer.

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Auch ein Gewitter mit Blitz und Donner war dabei, ein Ereignis, das man eher im Frühling und Sommer vermutet hätte. Und vergangenes Wochenende herrschten in VS fast frühlingshafte Temperaturen. Früher hätte man „Aprilwetter“ gesagt. In diesem Jahr erleben wir es im Februar.

Gewitter in Villingen am 13. Februar Video: Fröhlich, Jens

Winter-Erinnerungen

An einen Winter mit so wenig Schnee, wie in diesem Jahr, kann sich Otto Haupt aus Schwenningen nicht erinnern. „Das habe ich noch nie erlebt“, sagt er mit eine wenig Wehmut in der Stimme.

Ironischerweise geht vor seinem Wohnzimmerfenster gerade ein kräftiger Schneeschauer nieder. Weiße Winterlandschaften faszinieren den 83-Jährigen seit seiner Kindheit.

Otto Haupt marschiert als kleiner Bub (ganz hinten) bei Oberkirnach mit seinen Skiern den Hang hinauf. Einen Skilift gab es damals noch ...
Otto Haupt marschiert als kleiner Bub (ganz hinten) bei Oberkirnach mit seinen Skiern den Hang hinauf. Einen Skilift gab es damals noch nicht, dafür immer genügend Schnee. | Bild: Otto Haupt

Auf Skiern ist er groß geworden, er war Dauergast im Schwarzwald und in den Alpen. 20 Jahre lang lenkte er ab 1972 die Schwenninger Skischule, die damals bis zu 60 Skilehrer hatte.

Otto Haupt aus Schwenningen erinnert sich an viele schneereiche Winter. Jahrelang organisierte er Skikurse im Schwarzwald. Schnee gab es ...
Otto Haupt aus Schwenningen erinnert sich an viele schneereiche Winter. Jahrelang organisierte er Skikurse im Schwarzwald. Schnee gab es meist schon ab Dezember. | Bild: Fröhlich, Jens

Und den für das Skivergnügen nötigen Schnee gab es spätestens ab Dezember, manchmal schon im Oktober, erinnert er sich. Die Kurse fanden zuverlässig im Schwarzwald statt, am Schlossberg in Unterkirnach, auf der Schwäbischen Alb, oder wenn der Winter einmal nicht ganz so viel Kraft hatte, dann eben am Feldberg. Haupt erinnert sich auch noch gut daran, dass er als Kind einmal auf seinem Schulweg mit dem Bahnschlitten mitfahren durfte. Gezogen von einem Pferdegespann wurden so damals die Schwenninger Straßen von den Schneemassen befreit.

Otto Haupt springt Anfang der 60er-Jahre mit Skiern über die natürliche, fast zehn Meter hohe Schneewächte beim Bismarkturm. Heute macht ...
Otto Haupt springt Anfang der 60er-Jahre mit Skiern über die natürliche, fast zehn Meter hohe Schneewächte beim Bismarkturm. Heute macht Kunstschnee das Skivergnügen am Feldberg häufig erst möglich. | Bild: Otto Haupt

In dieser Saison war Haupt erst zweimal beim Langlauf, einmal im Dezember bei Furtwangen, letzte Woche im Weißenbachtal, wo die Strecke für Leistungssportler mit Kunstschnee aufgepeppelt wird. Normalerweise ist er dreimal pro Woche auf Skiern unterwegs. Vor seinem Haus schmelzen die eben gefallenen Flocken bereits wieder weg.

Schneeschauer Anfang Februar Video: Matthias Jundt / Jens Fröhlich

Besonders eindrücklich zeigt auch ein Video aus dem Stadtarchiv Villingen-Schwenningen den Wandel auf. Es dokumentiert einen Eisstau in der Brigach. Der Film entstand am 23. Dezember 1967 in Villingen. Solche Eisschollen im Fluss gab es schon lange nicht mehr. Wir erinnern uns vielmehr an einige Vorweihnachtstage mit T-Shirt-Wetter.

Eisstau in der Brigach in Villingen am 23.12.1967 Video: Stadtarchiv Villingen-Schwenningen

 

 

Villinger Wetterstation

Ähnliche Wahrnehmungen macht auch Wolfgang Eich (Bild ganz oben) aus Villingen: „Es wird immer wärmer bei uns.“ In seinem Garten zeichnet eine Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes (DWD) täglich viele Wetterdaten digital auf und übermittelt diese automatisch an den Wetterdienst: Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlag und Luftdruck, um nur einige zu nennen.

Hier wird die Temperatur am Boden gemessen.
Hier wird die Temperatur am Boden gemessen. | Bild: Fröhlich, Jens

Die Schneehöhe misst Eich täglich von Hand mit einem Messstab. Nach Sturm Sabine las er einen Zentimeter von der Holzskala ab. Die Schneehöhen muss er dann samt Schneegewicht in ein kleines Büchlein sowie in ein Formular auf der DWD-Internetseite eintragen.

Mit dieser Waage misst Wolfgang Eich das Schneegewicht.
Mit dieser Waage misst Wolfgang Eich das Schneegewicht. | Bild: Fröhlich, Jens

Viel Arbeit hatte er in diesem Winter jedoch nicht. Ein Blick in die Aufzeichnungen verrät: Bislang gab es nur wenige Tagen mit einer messbaren Schneedecke. „Ich kann mich nicht an einen ähnlichen Winter erinnern“, sagt der Hobbymeteorologe.

In dieses Buch trägt Wolfgang Eich die gemessenen Schneehöhen ein. Zudem übermittelt er die Messwerte über ein Internet-Formular an den ...
In dieses Buch trägt Wolfgang Eich die gemessenen Schneehöhen ein. Zudem übermittelt er die Messwerte über ein Internet-Formular an den Deutschen Wetterdienst. | Bild: Fröhlich, Jens

Wetterdaten

Die oben aufgezeigten Erinnerungen und Wahrnehmung, werden aber auch von realen, messbaren Daten bestätigt. Im Jahr 2019 ermittelte der DWD eine Mitteltemperatur von 10,3 Grad Celsius für Deutschland. Das klingt nicht sonderlich warm. Doch dieses Jahr geht zusammen mit 2014 als das bisher zweitwärmste beobachtete Jahr seit Beginn der konstanten Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 in die Geschichtsbücher ein. Der Temperaturanstieg seit damals liegt bei rund 1,5 Grad. Neun der zehn wärmsten Jahre gab es während der letzten 20 Jahre.

Grafik: Deutschland im Klimawandel.
Grafik: Deutschland im Klimawandel. | Bild: Deutscher Wetterdienst (DWD)

Und wie ist das in Villingen-Schwenningen? Auch hier ist lässt sich der Klimawandel messen. Der SÜDKURIER hat die Daten der DWD-Wetterstation im Garten von Wolfgang Eich analysiert und grafisch aufbereitet.

Durschnittstemperatur pro Jahr

Die erste Grafik zeigt die durchschnittliche Jahrestemperatur sowie den Gesamtdurchschnitt seit 1947. Die letzten Jahre liegen deutlich über dem Schnitt.

Monatsschnitt pro Jahrzehnt

Auch die Kurve der monatlichen Durchschnittstemperaturen pro Jahrzehnt seit den 50er-Jahren steigt kontinuierlich an. Diese Grafik macht deutlich, dass es insbesondere in den Wintermonaten sowie im Sommer immer wärmer wird.

Schneetage

Die folgende Grafik zeigt die Schneetage im selben Zeitraum. Auch hier sieht man anhand der blau gezeichneten Flächen, dass in Villingen-Schwenningen immer seltener Schnee fällt.

 

Schneetage pro Jahr

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Aktuelle Wetterlage

Doch warum ist es bei uns aktuell so warm? Warum stürmt es fast im Wochenrhythmus? Die aktuelle Wettersituation sei eingefahren, so Eich. Immer wieder komme es zu Kaltluftausbrüchen von der Antarktis in Richtung Nordamerika. Dies rege die Tiefdruckaktivität über dem Atlantik an. „Da in den Tiefdruckgebieten die Strömungsrichtung entgegen dem Uhrzeigersinn verläuft, werden somit vom südlichen Atlantik sehr warme Luftmassen nach Europa transportiert“, erklärt er. Die kühleren Phasen hinter den Tiefs seien nur sehr kurz und würden nur kurze Schneeschauer bringen, bevor das Spiel wieder von vorne anfange. Der globale Klimawandel begünstigt solche Kaltluftausbrüche, weil der Polarwirbel über der Arktis abgeschwächt wird. Dieser lässt Kaltluft normalerweise stabil im hohen Norden zirkulieren.

Wolfgang Eich steht vor der Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes in seinem Garten. Das Gerät neben ihm misst die Temperatur in ...
Wolfgang Eich steht vor der Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes in seinem Garten. Das Gerät neben ihm misst die Temperatur in zwei Metern Höhe. | Bild: Fröhlich, Jens


Prognose: Kaum noch Schnee in VS

Das schneearme Winter abnehmen, bedeutet nicht, dass es hier nie wieder schneien wird. Es könnte durchaus passieren, dass 2021 oder 2025 noch einmal mehr Flocken vom Himmel rieseln. Der Trend ist aber klar. Schneereiche Jahre, wie zum Beispiel 2006, als Eich im noch März 90 Zentimeter Schneehöhe gemessen hatte, werden seltener werden. „Ich befürchte, dass solche Winter in Zukunft die Regel sein werden“, sagt Otto Haupt. Auch Wolfgang Eich rechnet damit, dass in zehn bis 20 Jahren nur noch in Regionen über 1000 Metern Höhe Schnee fallen wird. „Gletscher an der Zugspitze könnten in 20 bis 30 Jahren verschwunden sein“, so Eich weiter. Skifahren im Schwarzwald wird dann kaum noch möglich sein.

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Kinder in der Region Schwarzwald-Baar werden ohne Schlittenfahren und Iglu-Bauen aufwachsen. Anstatt auf Winterwetter müssen sich Menschen auf mehr Extremwetterlagen einstellen. „Mehr Niederschläge in kurzer Zeit, Gewitter, Stürme und Hitze- und Trockenperioden“, zählt Eich einige mögliche Folgen auf.

Sturm Sabine Video: Wilhelm Bartler


Machen Sie mit! Wir suchen Ihre Winterbilder und Videos

Der SÜDKURIER möchte den Winter in VS in Erinnerung behalten. Wir suchen daher Ihre Bilder von schneereichen und kalten Wintertagen. Haben Sie noch alte Fotos vom Iglu in der Hofeinfahrt, vom Rodeltag am Hang in der Nachbarschaft oder von ihrem tief verschneiten Garten? Gerne können das auch ganz alte Aufnahmen sein.

Kommen einige Aufnahmen zusammen, dann veröffentlichen wir alle Motive in einer Bildersammlung. Bitte schicken Sie Ihre Fotos und Videos zusammen mit einer kurzen Beschreibung sowie dem Datum der Aufnahmen unter dem Stichwort „VS-Winter“ per Email an villingen.online@suedkurier.de.

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