Rüdiger Fein

Eine Stadtführung der besonderen Art begeisterte die etwa 30 Zuschauer. Unter dem Titel „Das alte Rathaus und der Fall Jakob Kraut„ führte ein Ensemble aus Laienschauspielern seine Gäste durch einen Teil der Villinger Innenstadt und gleichzeitig durch einen großen Teil der wechselvollen Geschichte der Zähringerstadt.

Spielwitz und viel Humor

War die „theatralische Stadtführung„, zu der die Wirtschaft und Tourismus Villingen-Schwenningen GmbH eingeladen hatte, bereits als zweistündiges Event angekündigt, so dauerte sie am Ende drei Stunden und man hatte das Gefühl, die Akteure hätten noch stundenlang weitermachen können. Spielwitz und eine große Portion Humor waren kennzeichnend für eine Tour, die sich nicht damit begnügte, auf die geschichtlichen Glanzlichter der Zähringerstadt hinzuweisen, sondern die ebenfalls tief eintauchte in eher unrühmliche Aspekte der damaligen Zeit.

Bauliche Besonderheiten des alten Rathauses erläutert Gunter Schwarz im ersten, noch kleinen Sitzungssaal des Rathauses.
Bauliche Besonderheiten des alten Rathauses erläutert Gunter Schwarz im ersten, noch kleinen Sitzungssaal des Rathauses.

Bereits damals klaffte die Schere zwischen Arm und Reich gewaltig auseinander und eine willkürliche Rechtsprechung durch die Räte der Stadt wurde am Ende selbst Mitgliedern der Obrigkeit zum Verhängnis. Der Hafner Jacob Kraut, lange Zeit eines der geachteten Mitglieder des Rates, wurde von Neidern denunziert und musste zur Zeit der Hexenverbrennung am Ende das gleiche Leid erfahren wie vormals die von ihm verurteilten Menschen. Eindrucksvoll von Götz Knies in Szene gesetzt, bekam das Publikum einen Eindruck von der Unrechtssprechung der damaligen Zeit.

Lockert einmal mehr die ungewöhnliche Stadtführung auf: Barnie Meier als Götterbote Hermes holt den Schutzengel der Stadt Villingen ...
Lockert einmal mehr die ungewöhnliche Stadtführung auf: Barnie Meier als Götterbote Hermes holt den Schutzengel der Stadt Villingen (Andrea Riehle) mit seiner Harley ab.

Immer wieder blieb die kleine Gruppe stehen, um sich über die baulichen Veränderungen im Kern der Stadt informieren zu lassen, immer wieder flocht das Ensemble kleine informative Szenen ein, wie etwa das Schicksal der Betschwestern, das von Andrea Riehle eindrucksvoll dargestellt wurde. Humorvolle und nicht immer geschichtsbelegte Einwürfe wie „der Bettelmönch, der irgendwann den Bettel hinwirft“ oder der auf den Handel mit Stoffen bezogene Vergleich „Villingen war das Shanghai des Mittelalters“ und die Behauptung, dass das Franziskaner die Mutter aller Tonhallen sei, wurden vom Publikum gerne mit Applaus honoriert. Am Ende der (Vor)-führung gibt es noch einmal viel Schlussapplaus für eine ungewöhnliche Stadtführung.

Gunter Schwarz
Gunter Schwarz