Wenn die Stadt am Benediktinerring ihre mobile Blitzanlage aufbaut, herrscht im Kindergarten gegenüber Hochstimmung. "Der Tag ist gerettet, wenn draußen geblitzt wird", sagt Melanie Plavotic. Sie ist die Leiterin des Montessori-Kindergartens, vor dessen Haustür seit ein paar Monaten Tempo 30 gilt und sie ist diejenige, die an einem Tag, an dem draußen geblitzt wird, die Kinder nicht mehr vom Fenster wegbekommt.
"Die Kinder stehen da den ganzen Tag und schauen zu." Das Highlight ist dann, wenn einer, der frisch Geblitzten auch noch in den Kindergarten kommt. Da können sich die Eltern dann erst mal eine Standpauke anhören. Und damit sind sie nicht allein.
Seit Ende Juni gilt auf dem Villinger Innenring Tempo 30 – im Klosterring vor der Klosterringschule und im Benediktinerring vor der Kindertageseinrichtung Kindervilla. Und seit Ende Juni gibt es Verstöße gegen das Tempolimit. Sechs Mal hat die Stadt im vergangenen Jahr dort kontrolliert, einmal stand in diesem Jahr bereits der Blitzer am Straßenrand.
"Im Schnitt wird dort einmal im Monat gemessen", sagt Pressesprecherin Oxana Brunner. Ob das so bleibt, werde sich erst noch zeigen. Was sich bereits jetzt gezeigt hat: Dass das Tempolimit nicht immer eingehalten wird. Insgesamt 1500 Verstöße haben sie bei den sieben Kontrollen festgestellt.
Patricia Haas-Meusel wundert das nicht. Sie wohnt am Ring und ist viel zu Fuß unterwegs. Mit dem Hund oder den Walkingstöcken, früh morgens, mal am Mittag oder auch abends. Verstöße gegen das Tempolimit kann sie zuhauf beobachten. Dann zum Beispiel, wenn nach der kleinen Ampel die nächste Bushaltestelle naht und das nächste Tempo-30-Schild einfach übersehen wird. "Da Rasen sie durch, wie die Verrückten, weil sie noch die Busse überholen wollen", sagt Haas-Meusel.
Sie selbst hat sich angewöhnt, den Tempomat einzuschalten, wenn sie durch den Ring fährt. Und sie hat sich daran gewöhnt, dass jemand im Auto hinter ihr dann anfängt, zu gestikulieren. Oder, wie sie es ausdrückt: "Ich kriege da auch häufiger gezeigt, dass das nicht in Ordnung ist." "Das gestückelte Tempolimit", sagt sie, "hat mehr Aggression gebracht, als Entspannung".
Da das Tempolimit nur werktags bis 19 Uhr gilt, habe sich auch an der abendlichen Raserei nichts geändert. "Im Oktober, als das Wetter noch schöner war am Abend, da hast du über die Straße rennen müssen", sagt sie. Tempo 30, Tag und Nacht, das fände sie am besten.
Und das hatte sie, gemeinsam mit anderen Anwohnern, auch bereits in einer Petition gefordert. Vergangenes Jahr, nach den beiden tödlichen Motorradunfällen, die sich dort im Sommer an nur einem Wochenende zugetragen haben. In einem Schreiben an den Oberbürgermeister haben sie darauf gepocht, die Raserstrecke am Ring zu entschärfen. Ihre Vorschläge: stationäre Blitzer, Bodenschwellen oder eine durchgängige (auch abends und nachts geltende) Tempo-30-Zone.
Bislang haben sie noch keine wirkliche Rückmeldung von Seiten der Stadt bekommen. "Man hat dem ganzen ein Aktenzeichen gegeben", sagt Haas-Meusel. Und: "Natürlich war das auch durch die OB-Wahl bedingt." Darum habe sie die Sache auch erst einmal Ruhen lassen. Bis jetzt. "Wir werden uns wieder bei der Stadt melden", sagt sie.
"Das schöne ist", sagt Melanie Plavotic, die Kita-Leiterin, "es ist wirklich ruhiger geworden". Der Lärm ist weniger geworden und mit den Kindern können sie jetzt beruhigt über die Straße gehen. "Wenn sich jetzt noch wirklich jeder daran halten würde, wäre das natürlich ein voller Erfolg. Auch zum Schutz der Kinder."
Diese Bußgelder drohen
Überschreitung bis 10 km/h: 15 Euro
11 bis 15 km/h: 25 Euro
16 bis 20 km/h: 35 Euro
21 bis 25 km/h: 80 Euro und ein Punkt
26 bis 30 km/h: 100 Euro, ein Punkt und ein Monat Fahrverbot
31 bis 40 km/h: 160 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot
41 bis 50 km/h: 200 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot
51 bis 60 km/h: 280 Euro, zwei Punkte und zwei Monate Fahrverbot
61 bis 70 km/h: 480 Euro, zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot
Die Stadt und die Standort-Frage
Nicht immer leuchtet der Standort einer Blitzeranlage auch den Bürgern sofort ein. Die Pressesprecherin der Stadt erklärt, was bei der Standortwahl entscheidend ist:
Immer wieder reagiert die Stadt auch auf Beschwerden von Bürgern, dass an bestimmten Punkten zu schnell gefahren wird. "Das nehmen wir ernst und messen dort dann in aller Regel auch", so Stadt-Pressesprecherin Oxana Brunner. Allerdings können die Mess-Fahrzeuge nicht immer an jeder für die Bürger scheinbar plausiblen Stelle stehen. So hatte sich im Kopsbühl ein Anwohner beschwert, dass vor dem Kindergarten gemessen werden müsse und nicht weiter entfernt, wie die Stadt es getan hat. Direkt vor dem Kindergarten aber kann das Fahrzeug nicht stehen: "Da muss natürlich Platz sein und dort ginge es nur in zweiter Reihe, das ist ja nicht möglich." Der Blitzer kann auf bis zu 70 Meter messen, so Brunner. Also auch wenn der Wagen weiter weg stehe, könne er punktgenau messen. Grundsätzlich haben Messungen vor Kindergärten und Altenheimen für die Stadt oberste Priorität, hier versuche man, regelmäßig Kontrollen durchzuführen. (cho)