Es gibt Prozesse, die werden komplizierter und undurchschaubarer mit jedem Detail, das ans Licht kommt. Und mit jeder Aussage, die den anderen widerspricht. Der Prozess, der jetzt am Landgericht in Konstanz begonnen hat, ist so einer.
Vier Männer im Alter von 19 bis 29 Jahren sind wegen einer gefährlichen Körperverletzung, Sachbeschädigung und besonders schwerem Raub in Tateinheit mit Bedrohung angeklagt. Am 19. Oktober 2021 seien sie abends und nachts in drei Wohnungen in Villingen-Schwenningen eingedrungen, um dort zu randalieren und an Wertgegenstände zu kommen.
„Die Stimmung war aufgeheizt“
Die Bewohner seien dabei bedroht, geschlagen und einer auch schwer verletzt worden. Er erlitt nach Angaben der Staatsanwaltschaft ein Schädel-Hirn-Trauma und musste über Nacht ins Krankenhaus.
Das Komplizierte an dem Prozess: Alle vier gestehen die Taten. Eigentlich. Doch: Die Schuld schieben sie am ersten Prozesstag, den jeweils anderen in die Schuhe. Sie alle hätte unter Drogen- und Alkoholeinfluss gestanden.
„Wir waren voll“, sagt einer der Vier, der 21-Jährige. „Die Stimmung war aufgeheizt“ an jenem 19. Oktober, sagt sein 25-jähriger Kumpel. „Erinnern kann sich mein Mandant deshalb kaum“, sagt die Verteidigerin des dritten Angeklagten, des 29-Jährigen.
Doch eins wollen die vier noch genau wissen. Ihre Idee sei es jeweils nicht gewesen, die Wohnungen aufzusuchen. Sie hätten nicht auf die Anwesenden eingeschlagen. Oder zumindest nicht zuerst. Das waren die anderen.
Auch die Bedrohten und Zusammengeschlagenen hätten bei der Polizei gar nicht aussagen wollen, sagt eine Polizistin, die in dem Fall ermittelt hatte. Selbst vor Gericht erscheint einer der Betroffenen nicht.
Welche Rolle spielt der Jüngste in der Gruppe?
„Ich hatte den Eindruck, sie wollten in den Fall gar nicht verwickelt werden“, sagt die Polizistin. „Um sich vor einem der Männer, dem 19-Jährigen, zu schützen.“ Der 19-Jährige ist es auch, der vor Gericht kaum etwas sagt. Doch sein Name fällt bei fast jeder Zeugenaussage ein paar dutzend Mal.
Inwiefern er an diesem Abend der Anführer der Truppe war und die anderen dazu animierte in die Wohnungen einzudringen, ließ sich an diesem Tag vor Gericht nicht klären.
Auch nicht, inwiefern er alte Rechnungen begleichen wollte. Denn: Einen der Betroffenen, so sagt es die damals ermittelnde Polizistin, habe der 19-Jährige gut gekannt. Er habe wegen dem Betroffenen eine Strafe aufgebrummt bekommen. Wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Quarantäne-Verordnung.
Eine Strafe, die den 19-Jährigen 2000 Euro kostete – und dieses Geld habe er zurückstehlen wollen. So sagt es sein 25-Jähriger Kumpel aus. Und so schildert es die Polizistin.
Der Prozess wird am Dienstag, 28. Juni, fortgesetzt.