Dieser Mann wirkte nur selten beschwingt, meist schien es, als trage er eine unsichtbare Last. Kein Wunder: Andreas Dobmeier leitet nun fast zwei Jahrzehnte eine der VS-Behörden mit der größten Außenwirkung. Das Kulturamt. Dazu gehören auch städtischen Bühnen und alle Museen des Oberzentrums Villingen-Schwenningen.

  • Schwierige Historie: Wer die personelle Amts-Historie kennt, der weiß, hier war der Ort des Scheiterns über lange, zähe Jahre im Oberzentrum verortet. Teils exzentrische Vorgängerbesetzungen sorgten für Dauerschlagzeilen wegen überzogener Etats und Eskapaden im Amt, der Wellenschlag wurde auch in der Landeshauptstadt verfolgt.
Meisterkonzert im Franziskaner Konzerhaus om Oktober 2020. Kulturamtsleiter Andreas Dobmeier begrüßt die Gäste.
Meisterkonzert im Franziskaner Konzerhaus om Oktober 2020. Kulturamtsleiter Andreas Dobmeier begrüßt die Gäste. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Andreas Dobmeier hat diese überbordenden Wellen geglättet, das Amt stabilisiert. Dennoch saß der erfahrene Kulturmanager selbst auch immer wieder zwischen vielen Stühlen. Seine Aufgabe, die großen Häuser der Stadt zu bespielen, löste er Jahr für Jahr mit einem stattlichen Programm. Angesehene Reihen wie die Meisterkonzerte begleitete er fürsorglich in die Zeit eines älter werdenden Publikums speziell bei diesen Abenden im Konzerthaus.

  • Neue Herausforderungen: Dass die Kultur selbst als Freizeitfaktor insgesamt im Wandel begriffen ist, gilt als die große Herausforderung. Smartphone-Apps für die Kunstausstellung, für den Rundgang eines interessierten Touristen durch die Stadt, daran wird noch gearbeitet. Zuletzt zeigten die Corona-Monate, wie sehr doch der direkte Kontakt von Performern und Publikum fehlt, wenn Hygieneauflagen die Begegnung an sich erschweren. Kultur, auch das hat sich entwickelt, ist vielfach eben auch das Beisammensein in der Vorführungspause oder der Gang ins Bistro nach dem letzten Vorhang.
Oberbürgermeister Jürgen Roth (links) überreicht Andreas Dobmeier vom Kulturamt symbolisch den Schlüssel für die Neckarhalle.
Oberbürgermeister Jürgen Roth (links) überreicht Andreas Dobmeier vom Kulturamt symbolisch den Schlüssel für die Neckarhalle. | Bild: Sprich, Roland

Nicht nur die sogenannten hohen Künste wie Theater und klassische Konzerte werden in VS geschätzt. Das bunte Angebot kleiner Vereine in der Scheuer, im Innenhof, im Theater am Turm oder im Jazzkeller gilt vielen als besonderer Wohlfühl-Kosmos für einen entspannten Abend unter Gleichgesinnten. Dieses Vereinslebens hat sich im Oberzentrum oft ungleich behandelt gefühlt. Trotzdem schafften es diese ehrenamtlichen Anbieter, etabliert zu bleiben.

  • Vereint unter einem Hut? An der großen Aufgabe, diese Welten alle unter dem Hut der Kultur in VS zu begleiten, sind auf dem Chefsessel des Kulturamts schon viele gescheitert. Die Behörde gilt als hochkulturlastig, trotz aller Versuche, dieses Image mit Tanz-Performance und anderen Ideen aufzulösen. Bis zuletzt gibt es ein Murren, dass für die Kultur der Vereine am Ende des Tages zu wenig übrig bleibt an flüssigen Mitteln. Dieser Vorwurf geht an das Kulturamt und wer genauer hinschaut, der erkennt, dass die frei gestaltbaren Möglichkeiten oft sehr eingeschränkt waren. Etwa dann, wenn wie zuletzt der Gemeinderat nur 250.000 Euro für ein VS-Jubiläumsjahr freigibt, und für die Ausstellung eines großen Villinger Vereins wie der Katzenmusik kein Geld mehr übrig ist.
In der Neckarhalle Schwenningen im Januar 2019. Eine Führung mit Andreas Dobmeier und dem Bauamts-Mitarbeiter Dieter Kleinhans.
In der Neckarhalle Schwenningen im Januar 2019. Eine Führung mit Andreas Dobmeier und dem Bauamts-Mitarbeiter Dieter Kleinhans. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Im März endet die Ära von Andreas Dobmeier. Er gehe vorzeitig, so versicherte er jetzt auf Nachfrage, „aus rein gesundheitlichen Gründen“. Der heute 63-Jährige hätte theoretisch auch noch weitermachen können. Gerüchte, die Chemie mit dem Rathaus-Chef stimme nicht, weisen sowohl Dobmeier als auch Oberbürgermeister Jürgen Roth klar zurück. Aus dem Rathaus heißt es vielmehr, Dobmeier sei auch im Sommer 2021 „voller Tatendrang und für die Sache der Kultur im Einsatz“. Dass er für sein Metier mit einer Linie unterwegs war, das spürten die VS-Verantwortungsträger von Beginn an. Als 46-Jähriger setzte er sich in einem umfangreichen Bewerbungsprozdere 2004 gegen immerhin 138 Konkurrenten um die Amtsführung durch.

  • Was wurde daraus: Dass er viele eigene Pläne für die VS-Kultur nicht verwirklichen konnte, dass er viel zu oft auch den Mangel verwalten musste, das war immer auch zu großen Teilen den Umständen geschuldet. Bis heute hadert das Oberzentrum mit den eigenen, herausgehobenen Ansprüchen. Geschielt wird auf Rottweils Ferienzauber, auf Tuttlingens Burgfestival und die Klage heißt, in der Doppelstadt sei viel zu wenig los.
Mit dem Dirigenten Marius Mack (Mitte) freuen sich Kulturamtsleiter Andreas Dobmeier (links) und der frühere OB Rupert Kubon über das ...
Mit dem Dirigenten Marius Mack (Mitte) freuen sich Kulturamtsleiter Andreas Dobmeier (links) und der frühere OB Rupert Kubon über das gelungene Galakonzert zu den 1200-Jahr-Festlichkeiten. | Bild: Gunter Faigle

Der Bühnenstart der neu gebauten Neckarhalle gelang mit etlichen Angeboten bislang weniger. Es reihen sich schlecht besuchte Abende auf, veranstaltet vom Kulturamt – was sich zu Teilen auch mit den räumlich eingeschränkten Möglichkeiten erklären lässt.

  • Die Spuren der Stadt-Gestalter: Dass VS nicht nur in Schwenningen auf halbem Wege stecken bleibt, zeigt das Beispiel der Eis-Arena. Wie bei der Neckarhalle in den Dimensionen finanziell und baulich eingeschränkt, gab es auch bei der Platzierung einer Bühnenmöglichkeit in der Heliosarena eine mittlere Lösung vom Gemeinderat. der ganz große Wurf blieb wie so oft aus. Mit Ausbauten wurde hier bis zuletzt nachgebessert, 4000 Sitzplätze sind nun mit Bühne möglich. Die begrenzen Möglichkeiten sind hausgemacht, es gibt zu viel doppelt in der Doppelstadt, und zu wenig Einzigartiges. Bis heute vermissen viele Einheimische und Veranstalter ein Kongresszentrum mit Hotel, das sich nach Meinung vieler zwischen Bodensee, Freiburg und Stuttgart hier trefflich hätte platzieren lassen.
Andreas Dobmeier.
Andreas Dobmeier. | Bild: Göbel, Nathalie

Eine der weitreichendsten Entscheidungen im Kulturangebot der Stadt war die Einstellung des Festivals VS swingt. das einzige mindestens deutschlandweit ausstrahlende VS-Ereignis wurde nach zahlreichen Jahren des Schlingerns keinesfalls vorschnell beerdigt. Die Histörchen der großen Swing-Jahre vor allem im Theater am Ring in den Sechzigern und Siebzigern werden bis heute erzählt, auch diese Begegnungsmöglichkeit fehlt den Kulturfreunden der Stadt.

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  • Gelungen und misslungen: Kulturarbeit in VS trifft zwangsläufig rasch auf das Thema Fastnacht. Die großen Schauen vor allem der Narrozunft im Franziskaner-Museum haben das Potenzial von Heimatstolz gezeigt. Kultur aus der Mitte des Lebensgefühls, das kommt an. Vielfach sorgte hier aber auch Misstrauen in Verwaltungsprozesse für prägnante Verluste. Dass der große Schemenschnitzer der Nachkriegszeit, Manfred Merz, wenige Jahre vor seinem Tod die eigene, über Jahrzehnte aufgebaute, großartige Maskensammlung der Schwäbisch-Alemannischen Narrenzunft vermachte, unterstrich, wo Kommunikation funktioniert – und wo nicht.
Für einmal gelöst: Andreas Dobmeier nach einer gelungen Aufführung.
Für einmal gelöst: Andreas Dobmeier nach einer gelungen Aufführung. | Bild: Naiemi, Sabine

Die Suche nach Dobmeier Nachfolge zum 1. April läuft. mit Tempo. Bewerbungen sind bis Ende Juli erbeten. Wörtlich gesucht wird ein „Voranbringer“, der strategisch entwickelt und dies auch gekonnt umgesetzt. Bewahren des Traditionellen und Ermöglichen von Neuem wird in der Aufgabenbeschreibung betont. Ob alle Aufgabenbeschreibungen letztendlich beim Amt verbleiben, gibt noch als offen. Immer wieder wird debattiert, ob die Anbindung der städtischen Bühnen an das Kulturamt der Weisheit letzter Schluss ist.

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  • Worauf es nun ankommt: Gesucht wird eine Person, unter anderem mit „fundierten Kennnissen des nationalen und internationalen Theater- und Konzertgeschehens und mit guten Kontakten zu Künstlern, Theatern, Orchestern, Kulturagenturen und Produzenten“, heißt es im Ausschreibungstext. Ob der ebenfalls eingeforderte „starke Gestaltungswille“ in die aktuelle Hierarchielandschaft der Verwaltung passt, ist eine der vielen spannenden Fragen rund um das Kulturamt Villingen-Schwenningen. Wenn VS es schafft, keinen Verwalter sondern vielmehr einen Kulturgestalter mit Verständnis für alle Gesellschaftsebnen zu finden, dann wäre viel gewonnen.
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