In öffentlichen Clinch geht der Villinger Anwalt Markus Heimburger mit dem Automobilzulieferer IMS Gear. Der erfahrene Arbeitsrechtler wirft dem Unternehmen mit Hauptsitz Donaueschingen mangelnde Transparenz beim geplanten Arbeitsplatzabbau von 144 Mitarbeitern vor. Das Unternehmen weist Heimburgers Kritik als unzutreffend zurück und sieht sich darin von Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen bestätigt.
Um was geht es inhaltlich? Heimburger erklärt in einer Pressemitteilung, das Unternehmen weigere sich, den betroffenen Mitarbeitern den im Zuge des Personalabbaus ausgehandelten Interessenausgleich und Sozialplan in Textform zur Verfügung zu stellen. Damit könne die Rechtmäßigkeit von Kündigungen und der Sozialauswahl durch Anwälte nicht überprüft werden.
Allen Arbeitnehmer, denen die Kündigung droht, „wurden Aufhebungsverträge oder eine Vereinbarung zum Übergang in eine befristete Transfergesellschaft angeboten“, erläutert Heimburger. Für ihre Entscheidung habe IMS den Mitarbeitern eine Frist von wenigen Tagen gesetzt und gleichzeitig gedroht, diesen im Falle der Weigerung, geringere Abfindungsbeträge zu bezahlen. Einige Arbeitnehmer hätten deshalb arbeitsrechtliche Beratung gesucht, darunter auch in seiner Kanzlei.
Um in einem solchen Fall beraten zu können, so führt Heimburger weiter aus, müsse der Anwalt den Interessenausgleich und den Sozialplan kennen. IMS Gear weigere sich aber, den betroffenen Mitarbeitern diese Unterlagen in Textform zur Verfügung zu stellen. Sie sollten lediglich allein, ohne Rechtsbeistand, Einsicht erhalten, ohne jedoch den Text abfotografieren oder kopieren zu dürfen, beklagt Heimburger. Es sei aber in Fällen wie diesen „gängige Praxis, offen und transparent mit den betroffenen Mitarbeitern umzugehen und ihnen den Interessenausgleich/Sozialplan auszuhändigen“. Eine Weigerung wie von IMS Gear habe er in seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Fachanwalt für Arbeitsrecht noch nicht erlebt.
Dies habe für die Betroffenen erhebliche Nachteile: „Durch die enge Fristsetzung, verbunden mit der Unmöglichkeit für die involvierten Rechtsanwälte den Sozialplan einzusehen, wurde den Mitarbeitern die Möglichkeit genommen, sich fundiert arbeitsrechtlich beraten zu lassen.“
Das Arbeitsgericht VS habe inzwischen entschieden, dass ein Anspruch auf Übersendung des Interessenausgleichs und Sozialplans nicht bestehe, räumt Heimburger ein. Das Arbeitsgericht habe aber ebenfalls geurteilt, dass den betroffenen Arbeitnehmern neben dem Einsichtsrecht die Möglichkeit gegeben werden müsse, den Interessenausgleich und Sozialplan abzufotografieren oder zu kopieren, um die Regelung arbeitsrechtlich überprüfen lassen zu können. „Eigentlich eine Selbstverständlichkeit“, so Heimburger.
IMS Gear betont gegenüber dem SÜDKURIER wiederum, dass es nur ein „Einsichtsrecht“ für die Betroffenen selbst gebe, nicht für Anwälte oder sonstige Dritte. „Richtig ist, dass der mehrere Mitarbeiter vertretende Anwalt die unmittelbare Herausgabe interner Vereinbarungen an ihn gefordert hat. Mit dieser Rechtsauffassung ist er vor Gericht jedoch unterlegen“, betonte Personalleiterin Kristin Schäkel. Damit sei IMS Gear vom Arbeitsgericht in seiner Auffassung bestätigt worden, „dass betriebsinterne Vereinbarungen nicht an Dritte oder Mitarbeiter in Form einer Abschrift herauszugeben sind.
Heimburger betont indes, dass es ihm gar nicht darum gehe, dass das Unternehmen ihm als Anwalt die Unterlagen überstelle. Es gehe vielmehr darum, dass den Betroffenen alle Unterlagen voll umfänglich zur Verfügung gestellt oder die Möglichkeiten zum Kopieren ermöglich werden. Genau dies habe das Arbeitsgericht festgestellt. Und genau dagegen verstoße das Unternehmen. IMS Gear habe einem betroffenen Arbeitnehmer trotz der Verurteilung durch das Arbeitsgericht VS „nur Teile des Sozialplans„ zur Verfügung gestellt. Ihm sei insbesondere die vorhandene Namensliste der vom Personalabbau betroffenen Mitarbeiter vorenthalten worden. „Nur durch die Vorlage der Namensliste ist überprüfbar, ob IMS Gear eine ordnungsgemäße Sozialauswahl unter Beachtung eines Mindestmaßes an sozialer Rechtfertigung eingehalten hat“, so Heimburger. Da IMS Gear trotz des arbeitsgerichtlichen Urteils die Namensliste nicht vollständig zur Verfügung gestellt habe, werde er nun „Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung des arbeitsgerichtlichen Urteils“ gegen das Unternehmen einleiten.
Hintergrund der Auseinandersetzung sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Automobilzulieferers, der seine Personalkosten um 25 Millionen Euro reduzieren will. Zunächst sollten bis zu 350 Arbeitsplätze gestrichen werden, die Zahl wurde dann auf 144 Stellen reduziert.