Herr Früh, sechs infizierte Schüler an drei VS-Schulen – ist das die zweite Welle?
Der Beginn und die Ausdehnung einer zweiten Welle kann erst im Nachhinein beurteilt werden. Bislang gibt es keine eindeutige Stellungnahme des Robert-Koch Institutes.
Im Frühjahr 2020 wären noch alle betroffenen Schulen geschlossen worden, Haben Sie als Leiter des Gesundheitsamtes ein gutes Gefühl mit der begrenzten Stilllegung der betroffenen Bereiche? Dieses Mal werden ja nur betroffene Klassen und beteiligte Lehrer in Quarantäne geschickt.
Das Vorgehen wird durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport und das Ministerium für Soziales und Integration abgestimmt und vorgegeben. Die Aufrechterhaltung der Beschulung ist eine vorrangige gesellschaftliche Aufgabe.

Vier Schüler und kurz darauf zwei weitere werden jetzt fast gleichzeitig infiziert. Zufall oder gibt es bei den Betroffenen oder ihren Familien ein Muster? Können wir alle vielleicht sogar etwas aus diesen Fällen lernen?
Es handelt sich um Schüler aus unterschiedlichen Schulen. Im Einzelfall waren gleich zwei Kinder aus einer Familie betroffen.
Wir sehen, dass die Handlungsempfehlung des Landesgesundheitsamtes greifen. Bisher haben wir größere Ausbrüche durch rechtzeitige Testung und Quarantänestellung verhindern können.
Wie geht es den Kindern?
Die Kinder sind asymptomatisch und werden durch das Gesundheitsamt regelmäßig im Laufe der Quarantänezeit kontaktiert.
Wie schnell haben die Eltern und Schulen reagieren können? Oder gibt es größere Infektionsketten?
Die Maßnahmen zur Quarantäne werden sofort unmittelbar nach Bekanntwerden eingeleitet. Die Abstriche erfolgen dagegen am fünften Tag nach der Exposition. Die Zusammenarbeit mit den Schulen läuft gut. Es wird eine Vernetzung über eine Handykette seitens der Schulen aufgebaut. Dabei informiert der Schulleiter der betroffenen Schule die Eltern, welche die Info dann weitergeben oder der Schulleiter informiert alle Eltern selbst. Mit etwas Zeitverzug, der aufgrund der Ermittlung der Kontaktadressen gegeben ist, informieren zudem die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes die Eltern telefonisch und schriftlich.
Wenn Sie in einer Mittagspause durch Villingen-Schwenningen schlendern können: Beobachten Sie zu viel Sorglosigkeit bei den Menschen? Die Außengastronomie ist teils eng bestuhlt, Menschen stehen ohne Masken eng beisammen, umarmen sich oft auch. Menschlich oder zu riskant?
Wenn sich auch die Mehrzahl an die AHA-Regel (Abstand halten – Hygiene beachten – Alltagsmaske tragen) hält, so ist momentan schon auch festzustellen, dass einige damit lockerer umgehen, als dies angezeigt ist. Wir verweisen auf die Empfehlungen und die FAQ´s des Ministeriums für Soziales und Integration. Natürlich ist es menschlich und nachvollziehbar, wenn nach einer langen Zeit des Lock-Downs, in der stark auf das Einhalten der Regeln geachtet wurde, eine etwas lockerere Haltung in den Sommermonaten folgte. Nur müssen wir dabei bedenken, dass das Coronavirus einen großzügigeren Umgang mit den AHA-Regeln an der frischen Luft eher verzeiht, als in geschlossenen Räumen. Die Herbstmonate mit kälteren Temperaturen werden deshalb herausfordernd werden und ich kann nur an alle appellieren, die AHA-Regeln ernst zu nehmen.
Wie sind wir im Landkreis für die kommenden Monate gerüstet? Im Klinikum sind Notfallbetten reduziert, es gibt neue Strukturen bei der Corona-Testung. Alles gut?
Wir stehen vor einer großen Herausforderung. Alle Beteiligten ziehen an einem Strang und stehen im regelmäßigem Austausch. Der Krisenstab des Landratsamtes, der bereits Mitte März einberufen wurde tagt weiterhin, wenn auch die Abstände der Besprechungen derzeit größer sind, als in der Hochphase der Anfangszeit der Pandemie. Dennoch besteht weiterhin ein regelmäßiger Austausch mit allen Akteuren, also der Ärzteschaft, dem Klinikum sowie den Kollegen im Landratsamt.
Wer sich im Schwenninger Abstrichzentrum testen lässt, erfährt, dass es es mit drei Institutionen zu tun hat: Der Kassenärztlichen Vereinigung, dem Gesundheitsamt und dem Ordnungsamt am Wohnsitz des Bürgers. Ist das sinnvoll? Man hat als Kunde nicht den Eindruck, dass hier flüssig Hand in Hand gearbeitet wird. Das Testergebnis kommt digital auf die Corona-App am Handy, muss aber zusätzlich vom Bürger in schriftlicher Form händisch angefordert werden und dann, zur Aufhebung der Quarantäne, dem Ordnungsamt vorgelegt werden. Wieso geht das nicht digitaler und schneller und damit auch Ressourcen sparender? Das Ordnungsamt VS klagt beispielsweise über eine hohe Inanspruchnahme mit Corona-Fällen.
Die Aufgaben der drei genannten Institutionen sind gesetzlich festgelegt. Gesetzliche Rahmenbedingungen wie der Datenschutz müssen eingehalten werden.
Wie ist die Lage in den Pflegeheimen?
Derzeitig ruhig. Mehrere Reiserückkehrer, die im Pflegedienst arbeiten, wurden zuvor rechtzeitig in Quarantäne gestellt, sodass Einschleppungen vermieden werden konnten.
In den letzten Tagen verstarben zwei Erkrankte. Handelte es sich dabei um Langzeitfälle oder weshalb haben sie es nicht geschafft?
Beide Todesfälle waren hochbetagt und Risikofälle.
Ist eigentlich genug Geld für Ihre Arbeit vorhanden oder müssen auch bei Ihnen Wünsche offen bleiben.
Die Mittel im Schwarzwald-Baar-Kreis sind ausreichend.
Was geschieht eigentlich bei uns, wenn es einen Impfstoff gibt? Wer zuerst, wo und heißt es dann Masken weg?
Wir verweisen dazu auf die Verlautbarkeiten des RKI und Paul Ehrlich Institutes. Wie bei der Schweingrippe wird es Handreichungen und Empfehlungen des Ministeriums für Soziales und Integration geben, die den Öffentlichen Gesundheitsdienst miteinbeziehen.
Thema Impfen: Beobachten Sie diesen Herbst eine verstärkte Inanspruchnahme von Grippeimpfungen bei den Menschen nach den ersten Corona-Monaten?
Das Gesundheitsamt empfiehlt dieses Jahr die Grippeschutzimpfung uneingeschränkt unter Beachtung der Kontraindikation.
Immer wieder in Frage gestellt wird die Schwere der Auswirkungen der Pandemie. Lassen Sie uns auf unseren Landkreis blicken. 35 Tote bislang, wie ist das im Vergleich zu sehen, beispielsweise zu Folgen von Grippe- und Hitzewellen.
Durch die gemeinsamen Bestrebungen und dem Lock-Down konnte in der ersten Welle eine exponentielle Steigerung einschließlich der Todesfälle vermieden werden. Der Vergleich zur Hitzewelle hinkt daher.
Was droht unserem Landkreis von den Grenzen – zur Schweiz, zu Frankreich und mit Einreisen aus fernen Ländern?
Der Landkreis hat eine dünn besiedelte Grenze zum Kanton Schaffhausen. Wir haben bislang lediglich fünf Fälle aus der benachbarten Schweiz eingetragen bekommen.
Deutschland ruft die Bürger auf, nicht ins Ausland zu verreisen. Andererseits gibt es Länder, die aktuell niedrigere Infektionszahlen als Deutschland und vor allem als Baden-Württemberg oder Bayern haben.
Die Benennung der Risikogebiete erfolgt durch das RKI. Unserer Erfahrung nach stehen die meisten Fälle im Zusammenhang mit der Rückreise und dem Transit. Daher raten wir grundsätzlich in der sich zuspitzenden Situation in den Nachbarländern von Reisen ab.