Das Krematorium des Oberzentrums steht in Schwenningen am alten Friedhof. Fast 3500 Einäscherungen werden hier pro Jahr vollzogen. Jetzt soll ein zweiter Ofen her. Die Nachfrage nach Verbrennungen steigt, und: Das Kremieren ist auch ein ebenso stilles wie lukratives Geschäft.

Offiziell geht es bei der Stadtverwaltung Villingen Schwenningen darum, die immer größere werdende Nachfrage nach Einäscherungen bewältigen zu können. Deshalb wurde 2016 mit dem Bau eines neuen Krematorium begonnen – auch um die Einrichtung ökologisch korrekt auszurichten.

2018 wurde das neue Haus in Betrieb genommen. Keine vier Jahre später beschloss jetzt der Gemeinderat die Verdoppelung der Kapazität. Eine zweite Brennstelle – offiziell Linie genannt – soll her. 1,5 Millionen Euro kostet die Nachrüstung.

Das Monopol auf einem stillen Markt

Seit Jahren schwebt ein Ansiedlungsversuch eines privaten Anbieters über der Region. Konkret: Eine Firma, die ein Krematorium betreiben will. Zuletzt ist es ruhig geworden um solche Absichten, VS hat sich offenbar breit genug gemacht – störende Konkurrenz und damit einhergehende Preiskämpfe sind vom Tisch.

Wer Preise vergleich, der stellt fest, dass es gravierende Unterschiede gibt. Der Markt der Krematorien kennt auch Anbieter mit Kampfpreisen, inklusive Abholdienst. Wer akut einen Sterbefall zu verkraften hat, verschafft sich diesen Überblick meist nicht. Die Trauer lähmt.

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Das würdevolle Verbrennen von Verstorbenen ist eben ein großes Geschäft. Nicht umsonst hat die Stadtverwaltung stattlich investiert und ein neues Krematorium gebaut, das die erforderliche Würde auch in der Formensprache der Architektur ausdrückt.

2022 sollte die zweite Linie im VS-Krematorium eigentlich laufen. Wie oft bei Bauprojekten, hinken die Ämter hinterher. Der Beschluss im Rat kam nun einstimmig. Über diffizile Themen wie Marktgebiete und Monopolpreise wurde nicht im Ansatz gesprochen.

Ein Blick in eine Brennkammer, die zum Zeitpunkt der Aufnahme im März 2018 noch gebaut wird.
Ein Blick in eine Brennkammer, die zum Zeitpunkt der Aufnahme im März 2018 noch gebaut wird. | Bild: Greiner, Anja

Für 1,5 Millionen Euro wird nun der zweite Brennofen installiert, mit dazugehörenden Anlagen fürs elektrohydraulische Sargheben und einer Druckstoßabreinigung. Die günstigeren Beisetzungskosten auf dem Friedhof bewegen viele zur meist testamentarisch verfügten Verbrennung. Die Hinterbliebenen sollen nicht ganz so viel bezahlen müssen.

Thema Gas wird nicht debattiert

Worüber gleichsam nicht mit einer Silbe jetzt im Juli 2022 gesprochen wurde: Das Krematorium läuft mit Gas. Und zeitgleich werden Gas-Notfallpläne überall in Deutschland geschrieben. Wann es für die finale Verbrennung kein Gas mehr gibt, weil es im Land nur noch fürs Heizen der Wohnungen reicht, wird geheim gehalten. Im Gemeinderat wollte dazu auch niemand etwas wissen.

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Dafür ging es dem geschwungene Gebäude anderweitig ans Dach. Die Grünen hatten moniert, dass an dem Gebäude keine Solaranlage montiert sei. Eingeräumt wurde im Zuge einer früheren Debatte in diesem Jahr von der Verwaltung, dass der „Stromverbrauch hoch“ sei.

Die Solaranlage soll nun ebenfalls montiert werden. Wo das Projekt aktuell steht, ist unklar. Für solche Vorrichtungen gibt es aktuell Lieferschwierigkeiten, etwa für Wechselrichter.

Wie weit die Krematoriums-Preise für Kunden wegen der Lage am Strom- und Gasmarkt angehoben werden müssen, das ist derzeit ebenfalls völlig offen. Fest steht wohl: Günstiger wird es nicht.

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