Villingen-Schwenningen will den Ausstoß an Treibhausgas massiv senken. Solartechnik, bessere Gebäudedämmung, attraktiver Nahverkehr, auch mehr Wasserkraft, und Wärmebereitstellung durch erneuerbare Energien bilden dabei die wichtigsten Säulen. Der Gemeinderat stimmte dem Vorgehen bei sieben Neinstimmen zu.
Indirekt akzeptiert sind dabei auch die Kostenschätzungen. Zwei Milliarden Euro werden genannt. Bis 2035 sei der Treibhausgas-Ausstoß in VS um 59 Prozent reduzierbar, wird in einer Expertise aufgezeigt. Das Ziele laute Klimaneutralität. Für diesen Weg soll nun ein Arbeitsprogramm aufgestellt werden.
Die Einsparpotenziale sehen laut einer Analyse der regionalen Energieagentur so aus: Der Strombedarf privater Haushalte könne um durchschnittlich 60 Prozent gesenkt werden. der Wärmebedarf in Privatadressen sei um 54 Prozent absenkbar, wird den Bürgern in dem Papier vorgerechnet.
Beim Individualverkehr sehen die Experten einen um 52 Prozent absenkbaren Verbrauch fossiler Energien. Auf Nachfrage betont Tobias Bacher, Chef-Autor der Expertise und Geschäftsführer der regionalen Energieagentur: „Mit diesen Prozentsätzen wird aufgezeigt, was durchschnittlich möglich wäre, nicht was jeder jetzt sofort einsparen muss.“
So stehen die Ratsmitglieder zu der Analyse
CDU und Grüne und SPD stellten sich ein dreiviertel Jahr vor den nächsten Gemeinderatswahlen vorbehaltlos hinter die Vorgaben. Einwände und Bedenken kamen von Feien Wählern, FDP und AfD.
Für die Freien Wähler wies Dirk Gläschig darauf hin, dass es der Rat ja andauernd selbst in der Hand habe, wie hoch der Energieverbrauch in VS sein werde.
Gläschig betreibt in VS einen Sanitär- und Heizungsfachbetrieb. Er nannte als Beispiel für seinen Hinweis die zwei Hallenbäder im Oberzentrum. Nicola Schurr wies für die SPD auf die generelle Problematik hin.
FDP zweifelt an den Zahlen
Frank Bonath auch ist der energiepolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Der Villinger Unternehmensberater sagte, er habe „noch nie eine Potenzialanalyse gelesen, in der von einer 60-prozentigen Absenkbarkeit des Strombedarfs bei Privatadressen die Rede“ sei. Er verwies darauf, dass es – „je nach politischem Lager – auch andere Zahlen gebe“.
Bonath zweifelte unübersehbar an den Darstellungen. Er kritisierte, dass Bürger mit smarten Gerätesteuerungen ihren Strombedarf senken sollen. Seine Frage an die Stadtverwaltung lautete: „Wie wollen Sie mit solchen Maßnahmen so viel Strom einsparen lassen?“ Die Frage blieb im Sitzungsverlauf unbeantwortet.
Der Fraktionssprecher der Liberalen sprach angesichts des Expertenpapiers „von einem Traum, den man hier vorgesetzt bekommt“. Er machte aus seiner Sicht klar, dass vor allem die Bürger finanziell betroffen wären. Was er damit meinte: Heizungsumrüstung, Solarnachrüstung, energetische Gebäudesanierung.
Grüne mahnt Windkraft-Papier an
Zuvor hatte Ulrike Salat für die Grünen gefordert, dass die Stadtverwaltung als Vorbild vorangehen müsse. Ob die Stadt ausreichend Geld etwa für energetische Gebäudesanierungen im großen Stil locker machen könne, ließ sie offen.
Die Grünen-Sprecherin mahnte an, dass noch immer kein Papier zum Ausbau der Windkraft vorliege. Die Stadt plant aber bei Herzogenweiler eine große Anlage in einem Waldgebiet.
Sie erfragte außerdem den Stand der Solar-Bestückungen der städtischen Dächer. Stadtwerke-Chef Gregor Gülpen sagte, der Jahres-Plan sei zunächst erfüllt, unter anderem mit der Solarbestückung der Technischen Dienste auf der Steig.
Weitere fünf Dächer seien in Vorbereitung, ließ er wissen. 300 Kilowattpeak pro Jahr hat sich VS vorgenommen. Zum Vergleich: Das entspricht 30 privaten Solaranlagen in der Größenordnung von zehn Kilowattpeak.
AFD-Stadtrat Barth kritisierte, dass in Deutschland „die Atomkraftwerke abgeschaltet seien und stattdessen schmutziges Frackinggas aus den USA importiert“ werde.
Das hält die Energieagentur von den Plänen
Der Geschäftsführer der Energieagentur, Tobias Bacher, hatte eingangs das Papier vorgestellt. Einer seiner Kernsätze lautete: „Die Stadtverwaltung allein kann das nicht schaffen, die Unternehmen, die Bürger müssen mitgehen. Das ist eine Gemeinschaftsaufgabe aller Emittenten.“ Er räumte ein, dass die Ziele „vielleicht nicht gänzlich erreichbar“ seien.
Zum Gesamtkonzept gehören Aufforstungen und Moorvernässungen zur Bindung von Kohlendioxid. Moorvernässung betreibt der Forst seit Jahren. Bacher lobte: „Die Stadt sei insgesamt gut unterwegs, dies zeige der Zertifizierungsprozess. Hier sei das Oberzentrum vorerst rasch vorangekommen.