Kritik an der Forstwirtschaft, sie würde noch immer auf Monokulturen setzen, ärgert Roland Brauner. Er ist stellvertretender Forstamtsleiter in Villingen-Schwenningen und seit vielen Jahren für den VS-Wald im Einsatz. „Monokulturen gibt es in unserem Wald nicht mehr“, wehrt er sich vehement gegen solche Vorwürfe. Ihm sei kein VS-Waldstück mehr bekannt, in welchem nur eine Baumart vorkomme. „Es sind immer mindestens vier bis sechs Baumarten vertreten“, so Brauner weiter. In vielen Gebieten bestehe der Wald sogar aus bis zu 15 Baumarten. Das hänge auch immer vom Boden und dem Standort ab. Was häufig nicht bedacht werde, sei, dass auch Nadelwälder Mischwälder sein können. Von ungeübten Beobachtern würde das beim Blick in die Wälder aber häufig nicht so wahrgenommen, weil Nadelbäume sich ähneln. Diese Mischung sei ein Grund dafür, weshalb der VS-Wald das vergangene Jahr mit drei Stürmen und vielen Borkenkäfern relativ gut überstanden habe.
Borkenkäfer und Sturm
„Die Schäden durch Borkenkäfer waren im Vergleich zu anderen Regionen relativ gering“, so Brauner. Aber warum ist das so? Brauner erklärt es mit dem raschen Einschreiten des Forstamtes. Sturmholz und befallene Bäume wurden schnellstmöglich aus dem Wald geschafft, gehäckselt oder in Nasslagern gestapelt. Auch Pestizide kamen in manchen Bereichen im Kampf gegen die Käfer zum Einsatz. „Die Taktik ist aufgegangen“, bilanziert er die Aktivitäten heute. Die Schäden durch Borkenkäfer hielten sich in Grenzen. Zur Verdeutlichung: Rund 100.000 Festmeter Holz wurden 2020 dem Wald entnommen. Nur 4000 Festmeter davon entfielen auf die Schäden durch Käfer. „10.000 Festmeter kommen vom geplanten Holzeinschlag„, so Brauner. Die restliche Menge, also der Großteil, war Sturmholz. „Einzelne solche Jahre können wieder ausgeglichen werden. Das kommt immer wieder mal vor.“ Häufen sich die Schäden, wird es problematischer.
Kampf geht weiter
Der Winter habe dem Wald gutgetan, blickt Brauner auf den Winter zurück. Ob Temperaturen und Feuchtigkeit ausgereicht haben, die Borkenkäfer in ihren Winterquartieren zu dezimieren, bleibe abzuwarten. „Normalerweise schwärmen Buchdrucker ab Ende April“, weiß er. Aufgrund der zu warmen Temperaturen der vergangenen Wochen sei eine frühere Schwärmzeit aber durchaus denkbar. „Wir sind daher wachsam und bereiten uns jetzt schon vor.“ Gemeint sind die Bestellungen für Lockmittel, um die Fallen bestücken zu können. Damit versucht das Forstamt, die Käfer-Populationen zu überwachen, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Es sei nämlich häufig der Fall, dass Borkenkäfer erst im Folgejahr der Sturmschäden zum Problem werden. „Wie viele Käfer derzeit in der Natur lauern, ist unklar.“

Waldumbau
Neben dem Kampf gegen die Käfer, muss das Forstamt jetzt im Frühjahr auch die durch die Stürme verursachten Wunden verarzten. Das funktioniere zum einen durch natürliche Verjüngung. Überall dort, wo wegen fehlenden Baumriesen nun mehr Licht bis zum Boden vordringt, würden ganz von selbst junge Bäume nachwachsen. Allerdings: Ohne menschliche Hilfestellung würden zum Beispiel in Fichtenwäldern vor allem Fichten nachwachsen. Es sei ein Irrglaube, dass sich dort dann automatisch Buchen ansiedeln, so Brauner. Diese Meinung vertritt zum Beispiel Förster und Buchautor Peter Wohlleben, dessen Buch „Das geheime Leben der Bäume“ zu einem Bestseller wurde. Was von Natur aus nachwachse, hänge immer vom Standort ab. Und ja, es gebe auch hier Bereich, auf denen sich Buchen ansiedeln, gibt Brauner zu. Um den natürlichen Waldumbau zu unterstützen und den Wald schneller widerstandsfähiger gegen Käfer und Wetterereignisse zu machen, aber auch um den Wald als Naturraum zu stärken, geht das VS-Forstamt der Natur bei diesem Prozess zur Hand. Über 100 Jahre würde ein grundlegender Waldumbau in Anspruch nehmen, erklärt Brauner. In VS sei dieser Umbau seit nunmehr 30 Jahren im Gange. „Schon damals fand ein Umdenken statt“, erinnert er sich. Das Forstamt unterstützt den Prozess seither aktiv, so auch in diesem Frühjahr. Tausende junge Bäume stehen auf der Bestellliste des Forstamtes, um die Sturmlücken wieder aufzuforsten. Darunter sind keinesfalls nur Fichten und Tannen, sondern insgesamt 18 Baumarten in ausgewogenem Verhältnis. Zusätzlich sind sechs Baumarten zweiter Ordnung sowie zehn Arten von Büschen vorgesehen.

Trockenheit
Und wie ist der Wald gegen Trockenheit gewappnet, nachdem nur der Januar viel Niederschlag und für die Jahreszeit typische Temperaturen mit sich brachte? Der Dezember und der Februar waren erneut zu warm und zu trocken. „Durch den vielen Schnee konnte der Boden einiges an Feuchtigkeit aufnehmen“, erzählt Brauner. Die Bäche seien voll gewesen. Und er hat beobachtet, dass die Schüttungen einiger Quellen zugenommen haben. Der Wetterwechsel sei jedoch etwas zu schnell abgelaufen, mit 40 Grad Temperaturunterschied in nur wenigen Tagen. „Gibt es erneut einen trockenen Frühling und Sommer, dann haben wir auch wieder die selben Probleme. Da hilft auch das Wasser der vergangenen Tage nichts“, äußert Brauner seine Befürchtung.
Versuchsfeld
Wie die Zukunft des VS-Waldes aussehen könnte, das untersucht das Forstamt seit etwa zwei Jahren auf einem Versuchsfeld nahe des Villinger Wohngebiets Schilterhäusle. Dort wurden beispielsweise französische Zedern, amerikanische Douglasien oder türkische Tannen gepflanzt. „Die Douglasien sind erfroren. Auch die Buchen hatten es schwer“, nennt Brauner erste Erkenntnisse der Feldforschung. Zuversichtlich stimmt ihn, dass sich die türkische Tannen und die Zedern gut entwickelt haben. Trotz Rückschlag bleibt auch die Douglasie weiter ein Hoffnungsträger. „Wir werden demnächst Versuche mit einem Hydrogel machen“, kündigt Brauner an. Dieses Gel dient den Jungpflanzen in der Erde als Wasserspeicher und kann so dabei helfen, die kritischen Anfangsjahre besser zu überstehen.
Fakten zum VS-Wald
6000 Hektar Wald besitzt die Stadt Villingen-Schwenningen. Pro Jahr und Hektar wachsen hier 13,7 Festmeter Holz. Insgesamt 495 Festmeter Holz stehen auf einem Hektar Stadtwald. In Baden-Württemberg sind rund 40 Prozent der Waldfläche in Privatbesitz, 40 Prozent gehören den Kommunen und 20 Prozent dem Staat. „In Villingen-Schwenningen ist die Verteilung etwas anders. Der Staatswald-Anteil ist etwas geringer“, so Brauner. Zur Aufgabe des Forstamtes zählt auch die Beratung von privaten Waldbesitzern hinsichtlich Aufforstung und Fördermitteln. Was die Besitzer letztendlich anpflanzen, darauf hat das Forstamt aber keinen Einfluss.