Ob es das Skifahren war, der Turnierreitsport oder heute der Judosport: Ohne Bewegung und ohne die Atmosphäre bei Wettkämpfen würde der ehrgeizigen Villingerin Christine Fehlinger etwas fehlen.
Das ist schon seit ihrer Kindheit so. „Meine Eltern haben mich immer unterstützt und gefördert sowie manche Türe geöffnet“, blickt Fehlinger zurück. Aber durchstarten musste sie selber.
Neun Monate Vorbereitung
Judo sei ein toller Sport, den man auch im fortgeschrittenen Alter ausüben könne, sagt die 62-Jährige. Und tatsächlich ist Fehlinger jetzt Deutsche Meisterin im Judo in ihrer Gewichts- und Altersklasse geworden. Allerdings auf kuriose Art und Weise und deshalb ist sie über diesen Titel nicht ganz glücklich.
Sie wollte sich bei den Deutschen Einzelmeisterschaften in ihrer Altersklasse (F7 – Frauen über 60 Jahre) und in ihrer Gewichtsklasse bis 48 Kilo mit anderen Kämpferinnen messen. Neun Monate mit intensiven mentalen Vorbereitungen, Krafttraining, Konditionstraining und Kampftraining lagen hinter ihr, als sie am 13. April zum Wettkampf beim Nürburgring antrat. Eine Wurftechnik, bei der sie kniet, hatte sie speziell mit Sohn Philipp trainiert.
Spezielle Wurftechnik mit dem Sohn trainiert
Über 400 Judokas kamen zum Nürburgring. „Leider konnte ich mich nicht mit anderen Judokas messen, weil niemand in meiner Gewichts- und Altersklasse am Start war“, bedauert Fehlinger. Auch in der nächst niedrigen und höheren Klasse hätte es keine Gegnerinnen für sie gegeben. Weibliche Gegnerinnen in ihrer Altersklasse gab es erst in der Gewichtsklasse bis 63 Kilo.
Ein Titel, der nicht glücklich macht
Offiziell ist Fehlinger jetzt amtierende Deutsche Judo-Meisterin, aber so richtig glücklich ist sie nicht darüber. „Ich war sehr gut vorbereitet und wäre gerne angetreten“, zeigt sich Fehlinger kämpferisch 2025 will sie es wieder versuchen.
Die Eltern hatten ein bekanntes Ski-Geschäft
Christine Fehlinger ist in einer sportlichen Familie aufgewachsen, ihre Eltern Walter und Erika Fehlinger hatten lange Jahre ein großes Sportgeschäft in der Villinger Innenstadt. Walter Fehlinger verbuchte nicht nur als Ski- und Radrennfahrer große Erfolge, sondern auch als Springreiter. So lag es nahe, dass Christine Fehlinger schon mit drei Jahren auf den Skiern stand und als Zwölfjährige beim Riesenslalom antrat.
Für ihr Pferd verzichtet sie aufs Schullandheim
Springreiter Walter Fehlinger erkannte, dass die Tochter eine innige Beziehung zu seinem Pferd Rocco aufbaute. „Mein Vater zog sich zurück, um mir Rocco zu überlassen und hat mich dabei sehr unterstützt“, erinnert sich Fehlinger.

Sie habe jeden Tag auf dem Pferd gesessen, die Verantwortung für die Pflege von Rocco übernommen und sogar einen Aufenthalt im Schullandheim dafür sausen lassen. Die Erfolge blieben nicht aus. Weit mehr als 100 Platzierungen und viele Siege sowie die Berufung in den badischen Leistungskader waren der Lohn für die Mühe. Allerdings blieben auch Rückschläge nicht aus.
Ein schwerer Schlag: Rocco wird eingeschläfert
Nach einem schweren Sturz vom Pferd durch einen eigenen Fehler verbrachte Fehlinger sechs Wochen im Krankenhaus. Danach saß sie gleich wieder fest im Sattel, bis Rocco aufgrund einer Blutvergiftung eingeschläfert werden musste. „Rocco wurde von einem Pferd getreten und danach nicht richtig behandelt“, erzählt Fehlinger. Damit endete mit 25 Jahren ihre Reiterkarriere.
Mit 45 entdeckt sie eine neue Sportart für sich
Zum Judo kam Christine Fehlinger dann später durch ihren Sohn Philipp, den sie als Sechsjährigen im Judoclub Villingen anmeldete. Angesteckt von der Leidenschaft ihres Sohnes, zog sich Fehlinger selbst mit 45 Jahren den Judoanzug an. Der Ehrgeiz hatte sie gepackt und sie legte sieben Jahre später die Prüfung zum schwarzen Gürtel ab. Die Prüfung zum C-Trainerschein im Deutschen Judo Bund folgte.

Sie trainiert die Jüngsten
Heute spielt der Judosport eine wichtige Rolle im Leben von Christine Fehlinger, die beim Judo-Club Marbach die Jüngsten trainiert und immer bei den anderen Gruppen einspringt, bevor eine Trainingseinheit ausfällt. Als Schriftführerin gehört sie dem geschäftsführenden Vorstand an. „Es ist mir wichtig, dass ich alles, was mir der Sport gegeben hat, an die Kinder zurückgeben kann“, betont die heute 62-jährige. Dazu zähle Wertschätzung, Anstand, Respekt, Mut, Ehrgeiz und Ehrlichkeit.