Skurrile Löcher, in denen Steuergelder verschwinden, hat der Bund der Steuerzahler in der Vergangenheit schon zahllose entdeckt. Etwa die 6000 Euro für einen Lärmaktionsplan in einer Gemeinde in Nordrhein-Westfalen, in der keiner vom Lärm betroffen ist. Oder die 3000 Euro teure Entfernung eines Zebrastreifens im Rhein-Neckar-Kreis. Jetzt könnte auch ein Straßenbau-Projekt im VS-Teilort Obereschach zu dem illustren Kreis hinzukommen, findet der ehemalige Ortschaftsrat Alfred Grieshaber.

Die Neuhauser Straße in Obereschach, kurz vor der Ortsausfahrt. Wer hier nach rechts in die Höfenstraße abbiegen möchte, stutzt kurz und wundert sich wahrscheinlich ein wenig. Oder auch ein wenig mehr. Die Abbiegespur ist seit kurzem mit rot-weißen Hütchen abgesperrt, kein Durchkommen mehr. Statt also rechts in die Einfahrt zu gleiten, muss man scharf bremsen und nach einer kleinen Verkehrsinsel nahezu rechtwinklig abbiegen.

Testphase läuft für ein Jahr

Was ist denn hier denn passiert? Die Einfahrt der Höfenstraße wurde auf Wunsch der Obereschacher Ortsverwaltung Ende Juli zunächst provisorisch zurückgebaut. Ziel der Maßnahme ist es nach Angaben der Stadtverwaltung, die Verkehrssicherheit in dem Bereich zu erhöhen und eine Verkehrsberuhigung zu erreichen.

Die Testphase, die zunächst für ein Jahr laufen soll, kostet die Stadtkasse stolze 25.000 Euro. Der Ortschaftsrat hat sich zuletzt im Februar mit zehn zu null Stimmen einmütig für das Projekt ausgesprochen.

Alfred Grießhaber kann nur den Kopf schütteln, wenn er vor der Einfahrt steht, die er seit 36 Jahren manchmal mehrmals täglich nutzt. Ihm ist schleierhaft, wie durch die Neuerung Temposünder auf der Neuhauser Straße gestoppt werden sollen. Ortseinwärts hat der Rückbau keine Auswirkungen. Ortsauswärts drohen nun höchstens Auffahrunfälle, wenn Abbieger stark abbremsen müssen.

Wird alles irgendwann noch enger und teurer?

Und es könnte sogar noch schlimmer kommen: Wird die Änderung dauerhaft eingerichtet, soll die Ein- und Ausfahrt offenbar auf eine Breite von insgesamt nur noch 5,5 Metern verengt werden. Alfred Grieshaber rechnet dann mit Kosten von um die 150.000 Euro.

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„Die Einfahrt war bislang absolut übersichtlich, übersichtlicher geht es nicht“, sagt er. Seit dem Bau in den 1980er-Jahren habe der Bereich keinerlei Probleme bereitet.

„Mir ist keine Gefährdungssituation und kein Unfall hier bekannt“, betont der Mann, der 15 Jahre lang stellvertretender Ortsvorsteher in dem Teilort war. Zudem würden Autofahrer nur wenige Meter weiter direkt nach der Ortseinfahrt durch einen Verkehrsteiler ausgebremst.

Gefahr wegen der Nähe zur Schule

Die Ortsverwaltung, insbesondere der frühere Ortsvorsteher Klaus Martin, hatte argumentiert, dass auf der Neuhauser Straße bis zu 96 Prozent der Autofahrer zu schnell unterwegs seien.

In Anbetracht zur Nähe der Schule stelle dies eine Gefahr vor allem für Kinder dar, so die weitere Begründung, es gebe deswegen oft Beschwerden. Alfred Grießhaber stellt indessen die Belastbarkeit dieser Zahlen in Frage.

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Eine Geschwindigkeitsmessung im März habe ergeben, dass nur 15 Prozent der Fahrzeuge zu schnell unterwegs sind, die Zahlen wurden im Mai im Ortschaftsrat vorgestellt.

Wieviel zu schnell, habe er jedoch auch bei einem Besuch im Rathaus gemeinsam mit dem neuen Orts-Chef Jürgen Golz nicht aus den Daten herauslesen können. „Spätestens zu dem Zeitpunkt hätte man die Maßnahme stoppen müssen. Es fehlt an belastbaren Zahlen, Daten, Fakten“, so Grieshaber.

Geld ist an vielen anderen Stellen knapp

Der Rückbau werde auch von einem Großteil der Bevölkerung abgelehnt und als Geldverschwendung kritisiert, so der Eindruck des 67-Jährigen. „Die Stadt hat doch wirklich andere Sorgen und wichtigere Baustellen. Die 25.000 Euro hätten sinnvoller verwendet werden können“, kritisiert er.

Grießhaber nennt hier etwa die Sanierung der Turn- und Festhalle, die unter Schimmelbefall leidet. In Anbetracht der sehr angespannten Haushaltlage der Stadt sei es „unverantwortlich, wie mit den von den Bürgern schwer verdienten Haushaltsgeldern umgegangen wird“.