„Wenn Du die Bullen rufst, wir wissen, wo Du wohnst.“ Dieser Satz hat sich ins Gedächtnis des heute 23-Jährigen eingebrannt.

Der Student aus Villingen-Schwennigen wollte von einem Privatmann ein gebrauchtes Handy kaufen. Er verabredete sich mit ihm im Mai 2024 an der Ecke Hölderlinstraße/Eschachstraße in Schwenningen. Doch statt zum Handel kam es zu einem brutalen Raubüberfall durch zwei Männer.

Plötzlich hatte das Opfer ein Springmesser am Bauch

Einer gab den Verkäufer. Der andere näherte sich dem Studenten von hinten. Dieser hielt ihm dann ein Springmesser mit etwa 14 Zentimeter langer Klinge an den Bauch.

Er zwang ihn, 515 Euro sowie sein altes Mobiltelefon herauszugeben. Er drohte ihm, sollte er die Polizei rufen. Der andere stand Schmiere. Zwei 26-Jährige stehen deshalb als mutmaßliche Täter vor dem Landgericht Konstanz. Beide räumen die Tat ein.

Ein Angeklagter kommt die Entziehungsanstalt, einer muss ins Gefängnis

Schwere räuberische Erpressung, so lautet nun das Urteil am zweiten Prozesstag, 5. Dezember, gegen die beiden Männer.

Derjenige, der Schmiere stand, bekommt drei Jahre und neun Monate. Weil bei ihm die Aussicht besteht, sich von der Sucht zu lösen, kommt er in einer Entziehungsanstalt unter. Obwohl der Mann selbst kein Messer in der Hand hatte, und er vom Einsatz überrascht gewesen sein will, sieht die Kammer eine klare Mittäterschaft.

Der Mann mit dem Messer bekommt vier Jahre. Er muss erst einmal ins Gefängnis. Bisherige Suchttherapien waren ohne Erfolg. Er hat aber in Haft die Chance auf Weiterbildung, Ausbildung und Therapie.

Der Student kämpft mit Schlafproblemen und Ängsten

Der Student schilderte zuvor im Prozessverlauf, wie er nach der Tat mit Schlafproblemen und Ängsten zu kämpfen hatte. Er musste sich vom Studium freistellen lassen und Medikamente nehmen.

Wenn sich ihm jemand von hinten nähere, habe er bis heute Angst. Der Student sagt, er habe inzwischen eine neue Wohngemeinschaft und eine andere Adresse.

Begonnen hatte das Drama mit einer Kleinanzeige auf einem Verkaufsforum im Internet. Der Vater des Studenten las sie. Er wusste, dass sein Sohn ein günstiges, neues Handy suchte. Er vermittelte den Kontakt, handelte den Preis herunter. Der Sohn glaubte an ein Schnäppchen, verabredete sich zur Übergabe.

Er wollte nicht wegen 500 Euro sterben

Der junge Mann sagt vor Gericht, er habe dem Mann mit dem Messer das Geld und das Handy gegeben. Er habe nicht wegen 500 Euro sterben wollen.

Als die Täter wegrannten, habe er eine Passantin gebeten, die Polizei zu rufen. Doch diese habe das nicht getan. Auch ein Mann habe ihm erst nicht helfen wollen. „Ich verstehe nicht, was mit den Leuten los ist.“ Erst als er fast schon panisch und hysterisch geworden sei, habe dieser die Polizei gerufen.

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Die Beamten hatten leichtes Spiel. Über die Anmeldedaten für das Forum Kleinanzeigen und die Nachrichten, die auf einem sozialen Medium ausgetauscht wurden, kamen sie schnell auf die beiden heute 26-Jährigen.

Der Vorsitzende Richter Joachim Dospil sagt: „Wenn man sich das als Außenstehender anschaut, dann war das nicht besonders clever“.

Viele Vorstrafen

Die beiden Angeklagten haben jeweils acht Vorstrafen. Sie haben schon einige Zeit im Gefängnis verbracht. Beide haben ein Problem mit Drogen.

Der Mann mit dem Messer sagt: „Wir kennen uns von der Therapie.“ Er berichtet, er sei verzweifelt gewesen und wollte schnell an Geld: „Mir ging es so dreckig.“ Er sei obdachlos, alkoholisiert und auf Koks gewesen, zudem habe er viele Schulden gehabt.

Er habe auch nicht mehr schlafen können: „Ich war vier bis fünf Tage wach, als es passiert ist. Ich war nicht mehr Herr meiner Sinne.“ Und weiter: „Ich wusste, dass es falsch ist.“

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Keine Entschuldigung

Das Opfer will keine Entschuldigung von den Angeklagten hören. Beide versichern, sie wollten ihm Schmerzensgeld zahlen, sobald sie wieder Geld verdienen könnten.

Der zweite Angeklagte hatte sich 1000 Euro vorgestellt, teilt dessen Verteidigerin mit. Der 26-Jährige trägt Tätowierungen. Er spricht reflektiert. Der junge Mann hat einen Sohn, den er derzeit nicht sieht. Er sagt selbst, es sei für den Jungen nicht gut, wenn der Vater immer wieder wegmuss, weil er in Haft sitzt.

Seit Jahren regelmäßig vor Gericht

Haft, Freiheit, Haft. Seit mehreren Jahren geht das so. Seit 2017 stand der 26-Jährige jedes Jahr vor Gericht. Dabei ist er ein kluger Kopf. Er war mit Spitzennoten auf dem Gymnasium, stürzte dann ab, wechselte in die Hauptschule und erreichte zuletzt die Mittlere Reife.

Wenn er nicht gerade Freiheitsstrafen absitzt, arbeitet er, war eine Zeit lang auch mit einer damaligen Freundin selbständig in der Schweiz. Er sagt selbst, irgendwann erreiche man ein Alter, in dem man für sein Handeln selbst verantwortlich sei. Das Leben des 26-Jährigen ist gekennzeichnet von Abbrüchen.

Er berichtet, wie seine Mutter vor Gewalt ins Frauenhaus floh. Er sei mit eineinhalb Jahren in eine Pflegefamilie gekommen, zusammen mit seine Schwester. Doch es habe Gewalt und Missbrauch gegeben. Deshalb sei er in eine zweite Pflegefamilie gekommen.

Mit 17 Jahren Vater geworden

Er kam in eine Wohngruppe, in ein Heim, in die Psychiatrie und wurde mit 17 Jahren Vater. Er sei extra umgezogen, um den Kind nahe zu sein, und habe viel gearbeitet.

Der Riss eines Kreuzbands und Komplikationen bei der Operation hätten sein Leben durcheinander gewirbelt. Der Mann, der Fußball und Boxen liebt, und seinen Boxtrainer wie einen Vater betrachtet, sagt über die Verletzung: „In der Zeit habe ich mich verloren.“

Er habe Marihuana konsumiert, war zwischendrin in einer Suchtklinik. Dann kamen das Kokain und der Druck, sich das leisten zu können. Er habe mit dem Drogenhandel begonnen, für den er auch schon verurteilt wurde.

Hier lesen Sie, wie Männer tonnenweise wertvolles Metall gestohlen haben und sich dafür vor Gericht verantworten müssen.