Die beiden Angeklagten Christoph Hess und Peter Ziegler stimmten am Mittwoch der gerichtlichen Verständigung ebenso zu wie die Staatsanwaltschaft Mannheim. Anschließend hörte das Gericht den ersten Zeugen, der aus Sicht der Angeklagten Entlastendes äußerte.
Der „Deal“ steht
Der juristische „Deal“, dem die beiden Angeklagten am Mittwoch formell zugestimmt haben, beinhaltet ein Teilgeständnis von Hess und Ziegler. Sie erklären sich im minderschweren Anklagepunkt der „unrichtigen bilanziellen Darstellung“ für schuldig, im Gegenzug lässt das Gericht sämtliche schweren Vorwürfe, insbesondere des systematischen Betrugs, der Untreue und der Marktmanipulation im Zusammenhang mit dem Börsengang der Hess AG im Jahre 2012 fallen. Wie berichtet, muss Christoph Hess damit nur noch mit einer Bewährungsstrafe im Rahmen zwischen drei und acht Monaten, Peter Ziegler zwischen elf und 15 Monate zur Bewährung rechnen. Das konkrete Strafmaß wird erst mit der Urteilsverkündung vom Gericht festgelegt.
Chef-Controller im Zeugenstand
Trotz dieser Verständigung stieg die Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mannheim gestern, so wie es das Gesetzt verlangt, in die Beweisaufnahme ein. Rund zweieinhalb Stunden lang beantwortete der ehemalige Leiter der Controlling-Abteilung der Hess AG die Fragen des Gerichts. Im Zentrum standen Fragen zur Verbuchung von Entwicklungskosten der ehemaligen Hess AG, die von Seiten der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift ursprünglich als betrügerische Manipulation beurteilt worden war.
Wie der Villinger Rechtsanwalt Mark Stöhr, einer der beiden Strafverteidiger von Christoph Hess, berichtete, hat der ehemalige Chef-Controller ganz klar verneint, dass er jemals den Eindruck von betrügerischen Manipulationen und Scheinrechnungen im Vorfeld des Börsengangs gehabt habe. Der Mann, der schon seit den 90er-Jahren beim Villinger Leuchtenhersteller beschäftigt war, habe sehr anschaulich den Aufstieg und Fall des Unternehmens dargestellt, berichtete Stöhr.
Bei seiner Aussage beschrieb der 61-jährige Zeuge ein Unternehmen, das zeitweise von Überforderung und gleichzeitiger Überschätzung eigener Möglichkeiten geprägt war: „Das Ganze war eine Nummer zu groß.“ Mit der Zeit seien immer mehr Projekte, etwa die Gründung verschiedener Gesellschaften und Umstrukturierungen, zu bewältigen gewesen. “Es wurde einfach immer komplizierter„, sagte der Zeuge. Irgendwann habe man den Überblick verloren. Aus Verzweiflung habe man Probleme auf eine Weise bewältigt, wie man dies heute nicht mehr in Erwägung ziehen würde.
Kritik am Whistle-Blower
Kein gutes Haar, so Anwalt Stöhr, habe der Zeuge aber am ehemaligen kaufmännischen Leiter des Unternehmens gelassen, der später als „Whistle-Blower“ die Vorwürfe gegen Unternehmensvorstand Christoph Hess und Finanzvorstand Peter Ziegler und damit den Niedergang des Unternehmens ins Rollen gebracht hatte. Nach Ansicht des Zeugen sei der „Whisle-Blower“ kein Team-Spieler gewesen, sondern ein ehrgeiziger Einzelkämpfer, der es auf den Job von Finanzvorstand Ziegler abgesehen habe. Explizit habe der Chef-Controller seine Einschätzung geäußert, dass es sich bei den Vorwürfen „um ein Komplott“ gegen die Geschäftsführung gehandelt habe, in die der kaufmännische Leiter mit eingebunden gewesen sei. Der Controlling-Chef habe auch betont, dass es durchaus hohe Entwicklungskosten für neue Produkte und Leuchten bei der Hess AG gegeben habe, die er nach bestem Wissen und Gewissen verbucht habe.
So geht es weiter
Nächster Gerichtstermin in diesem Wirtschaftsstrafverfahren ist nun am 21. April. Dort werden die beiden Angeklagten eine Erklärung abgeben, in der das Teilgeständnis formuliert wird. Eventuell werden dann noch weitere Zeugen gehört. Der Vorsitzende Richter Oliver Ratzel ließ aber anklingen, dass eventuell auch nur relevante Zeugenaussagen verlesen werden. Der Richter erklärte außerdem, dass er das Verfahren im Laufe des Monats Mai abschließen werde. „Das wären dann noch maximal fünf Verhandlungstage“, erläutert Anwalt Mark Stöhr. Vielleicht gehe es auch schneller. „An der Verteidigung scheitert das bestimmt nicht“, unterstrich der Strafverteidiger.