Äußerst kontrovers verlief die Diskussion über die Einführung einer Verpackungssteuer im Verwaltungsausschuss. Während sich CDU, AfD und FDP gegen diese Abgabe aussprachen und damit der Einschätzung der Verwaltung folgten, setzten sich Vertreter der Grünen, der SPD und eine Mehrheit der Freien Wähler vehement für diese Steuer auf Einweggeschirr ein – oder sahen zumindest weiteren Informationsbedarf.

Nach längerer Debatte votierten zehn Ausschussmitglieder gegen die Einführung der Steuer, sechs waren dafür. Der Gemeinderat wird am Mittwoch, 7. Mai, über diese Frage abstimmen.

Ruf nach einem Experten

Grünen-Gemeinderat Oskar Hahn sieht die Gemeinderäte unzureichend informiert. Die Informationen der Verwaltung seien veraltet, sagte Hahn mit Blick auf die Vorlage, in der die Finanzverwaltung dringend von der Einführung einer solchen Steuer abrät. Daher, so der Vorschlag Hahns, solle zusätzliche Expertise Licht ins Dunkel bringen. Ein Vertreter der Stadt Tübingen könne im Gemeinderat doch über die Erfahrungen der Universitätsstadt mit der neuen Steuer berichten.

Vor diesem Hintergrund appellierte Hahn an die Ausschussmitglieder, diesen Tagesordnungspunkt zu vertagen. „Dazu sehe ich keinen Grund“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Sautter. Die Verpackungssteuer sei zu kompliziert und habe kaum Auswirkungen auf die Sauberkeit in der Stadt, so seine Einschätzung. „Wir kriegen damit das Müllproblem nicht gelöst“, ist sich Sautter sicher.

Verwaltung gegen Steuer

Im Gegensatz zu anderen Mitgliedern des Gremiums vertraut er auf die Einschätzung der Verwaltung, die in ihrer Vorlage ebenfalls zu einem klaren Urteil gekommen war: zu viel Bürokratie, keine Lenkungsfunktion, keine gesicherten Daten über die Wirksamkeit einer solchen Steuer, so deren Ergebnis nach Betrachtung der Tübinger Verhältnisse.

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Unterstützung erhielt Sautter mit seiner Sicht der Dinge aus den Reihen der AfD und der FDP. „So abwegig wie die Zollpolitik von Donald Trump“, urteilte AfD-Stadtrat Olaf Barth. Auch bei der FDP sieht man sich ausreichend informiert: Bei den Liberalen zieht das von der Verwaltung vorgebrachte Argument ebenfalls, hier werde ein Bürokratiemonster geschaffen.

Zweifel an den Informationen der Verwaltung

Doch an der Beschlussempfehlung der Kämmerei hegen nicht nur die Grünen erhebliche Zweifel. Veronika Bastian (Freie Wähler) wunderte sich darüber, wie die Stadt auf Grundlage der erhobenen Fakten zu einem derart klaren Urteil kommen könne. „Es gibt gute Gründe für die Einführung einer Verpackungssteuer – und immer mehr Städte interessieren sich dafür“, so die Stadträtin der Freien Wähler. Sie appellierte dafür, längeren Atem zu zeigen und schloss sich der Sicht der Grünen an, dass es in dieser Frage weitere Informationen brauche.

Oskar Hahn keilte in Richtung CDU, dass sie sich mit der Ablehnung der Verpackungssteuer sehr einfach mache und keine Vorschläge für eine Verbesserung des Müllproblems unterbreite. „Ich habe keine Idee von der CDU gehört, wie sie das Problem angehen will“, sagte Hahn. Ein Vorwurf, den Sautter mit dem Verweis darauf von sich wies, dass die Sauberkeit in den Innenstädten sehr wohl ein Thema seiner Fraktion sei und es schon diverse Vorstöße zu diesem Thema gegeben habe.

SPD und Grüne sehen verpasste Chance

„Wir lassen eine Chance nach der anderen verstreichen“, warnte Ulrike Merkle (Grüne/Bündnis 90). Auch Birgitta Schäfer (SPD) sprach von verpassten Möglichkeiten. Eine Verpackungssteuer, so ihr Argument, sei sehr zielgenau, weil jene besteuert würden, die den Müll verursachten. Zudem verschaffe sich die finanziell klamme Stadt durch eine solche Steuer eine neue Einnahmequelle. Tübingen kassiert jährlich etwa eine Million Euro mit dieser Steuer.

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Im Vorfeld der Abstimmung hatten viele Wirte vor der Einführung einer solchen Steuer gewarnt. Der Aufwand sei groß, der Nutzen womöglich gering. Zudem wehren sich Gastronomen dagegen, mit der Einführung einer solchen Steuer gegängelt zu werden, wo doch die Situation in der Branche ohnehin angespannt sei.