Lange hatten sich Anwohner über das Projekt beschwert und versucht es in der geplanten Version zu verhindern. Es würde den schon bestehenden Häusern die Sonne nehmen und der Grünstreifen würde künftig viel kleiner ausfallen. Mehrfach musste der Gemeinderat deswegen zustimmen. Nun kann er aber bald beginnen – der Bau der neuen Wohnungen des „Luisenquartiers“ in der Vöhrenbacher Straße in Villingen. Am Donnerstag wurden die endgütigen Pläne in der Zentrale der Baugenossenschaft Familienheim vorgestellt. Mit anwesend waren neben Vertretern der Genossenschaft auch Angelique Ahn, Amtsleiterin des Stadtplanungsamts, Ulrich Köngeter und Kai-Uwe Huonker von den Stadtwerken VS sowie Barbara Reichstein von der Stiftung Liebenau.

Sebastian Merkle, Geschäftsführer der Baugenossenschaft Familienheim, und Angelique Ahn von der Stadtplanung bei der Vorstellung des ...
Sebastian Merkle, Geschäftsführer der Baugenossenschaft Familienheim, und Angelique Ahn von der Stadtplanung bei der Vorstellung des Luisenquartiers. | Bild: Familienheim

„In das Projekt ist alles integriert, was man für eine ideale Stadtentwicklung braucht“, schwärmt Ahn vom Stadtplanungsamt. Es sei ein V orzeigeprojekt. Gebaut werden sollen 85 Wohneinheiten. 28 davon werden für die Stiftung Liebenau reserviert. Diese hat bereits seit 2018 Wohnungen in der Vom-Stein-Straße, die von der Baugenossenschaft Familienheim verwaltet werden. „Es gab dann die Idee eines gemeinsames Projekts im Luisenquartier, das wir zusammen realisieren konnten“, sagt Liebenau-Regionalleiterin Reichstein. Die Stiftung kümmert sich unter anderem um inklusiven Wohnraum. Im Luisenquartier wird es diesen geben. Dort sollen dann auch Eltern mit Behinderung die Möglichkeit bekommen, ihre Kinder, die häufig in Pflegefamilien abgegeben werden müssten, selbst groß zu ziehen.

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Laut Familienheim-Geschäftsführer Sebastian Merkle werden 89 Prozent der Wohnungen barrierefrei sein. Diese und die restlichen elf Prozent werden nicht verkauft, sondern sollen dauerhaft Mietwohnungen bleiben. 30 Prozent der Appartements werden, so Merkle weiter, außerdem gefördert, sind also sogenannte Sozialwohnungen. Für weitere 700 Quadratmeter sei eine private Förderung von monatlich 1,50 Euro pro Quadratmeter von der Erzdiözese Freiburg vorgesehen. Die restlichen Wohnungen würden nach den genossenschaftlichen Kriterien vermietet. Die Zielsetzung hierbei ist laut Merkle, dass die Miete fünf bis neun Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete sein wird.

Ein großer Teil des Grünstreifens soll erhalten bleiben, wie diese realistische Montage zeigt.
Ein großer Teil des Grünstreifens soll erhalten bleiben, wie diese realistische Montage zeigt. | Bild: Familienheim

Auf Wunsch der städtischen Verwaltungsspitze wird es im Luisenquartier keine Penthäuser geben. Stattdessen sollen die Anwohner Dachgärten erhalten, die sie verwenden können, wie sie möchten. Die Gärten sollen allen Bewohnern zur Verfügung stehen und als ein Gemeinschaftsraum genutzt werden – immer in Abstimmung mit den Familienzentrum vor Ort. Möglich wäre beispielsweise auch „Urban Gardening“, also das Anpflanzen verschiedenster Blumen, Kräuter, Früchte oder Gemüsesorten in der Stadt. Ob das klappt, müsse man sehen. Die Genossenschaft habe bei diesem Punkt noch keine Erfahrung sammeln können.

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Gebaut werde außerdem eine Tiefgarage. Ursprünglich war laut Merkle eine Hochgarage geplant. Nach Protesten von Anwohnern wurde dies aber umgeplant. Die Tiefgarage sei teurer, erzeuge aber weniger Geräusche und Abgase. Ebenso war laut dem Geschäftsführer ein Teil der Kompromisslösung, dass ein Gebäude, das eigentlich gebaut werden sollte, nun doch nicht entstehen wird. Außerdem wird das Müllhaus nun kleiner ausfallen, als ursprünglich geplant und der nördliche Grünstreifen werde durch den Erhalt fast aller Bäume und Büsche weitestgehend erhalten bleiben. „Den Bebauungsplan hätten wir, so wie er eigentlich geplant war, umsetzen können“, sagt Merkle. Dennoch sei man Kompromisse eingegangen.

Auf dem ehemaligen Krankenhausparkplatz (links) sollen 85 Wohneinheiten entstehen. Rechts ist der Friedrichspark zu sehen.
Auf dem ehemaligen Krankenhausparkplatz (links) sollen 85 Wohneinheiten entstehen. Rechts ist der Friedrichspark zu sehen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Besonders am Luisenquartier sei auch, dass die Häuser eigentlich zusammenhängend sind. Heißt, nur die Fassade sieht von außen unterschiedlich aus. „Der Wunsch nach Individualität beim Bauen wird immer größer“, sagt Ahn vom Stadtplanungsamt. Man habe versucht dem „Einheitsbrei“ mit sieben verschiedenen Fassadenkonzepten entgegenzuwirken. Erstmals werde auf diese Art und Weise von der Baugenossenschaft Familienheim gebaut. „Wenn das funktioniert, haben wir hier ein echtes Leuchtturmprojekt“, so Geschäftsführer Merkle.

Das liege auch an der Energieversorgung, wie Ulrich Köngeter Geschäftsführer der Stadtwerke Villingen-Schwenningen (SVS) sagt. Es werde versucht, den Strom möglich selbst zu erzeugen und so autark zu sein. „Die SVS liefern den Reststrom“, sagt Köngeter weiter. Mindestens 50 Prozent der Kilowattstunde seien öffentliche Abgaben. Das könne man sich damit sparen. Genutzt werde laut Huonker, ebenfalls von den SVS, ein Blockheizkraftwerk mit Holz vom gegenüberliegenden Friedrichsbau. Dies in Kombination mit einer Photovoltaikanlage sei „ganz neu für die Stadtwerke VS“. Ebenfalls gebaut werden soll ein Mobilitäts-Hub. An dem sollen E-Fahrzeuge – oder -Räder aufgeladen werden können.

Gebaut werden sollen die Wohneinheiten mit dem KFW-Haus-40-Standard, wie Mark Fischer, Abteilungsleiter Technik und Prokurist bei der Baugenossenschaft Familienheim sagt. Im hinteren Teil sollen die Häuser aus 100 Prozent Holz bestehen. Dieses soll aus der Umgebung kommen. Es werden auch Recylingbeton verwendet. „Außerdem soll das Pflaster des alten Krankenhaus-Parkplatzes geschreddert und wieder verwendet werden“, ergänzt Fischer. Ingesamt werden laut ihm 50.000 Meter Kabel verlegt, 1600 Steckdosen eingebaut und 10.000 Tonnen Erdmasse, 2000 Tonnen Beton und 550 Tonnen Stahl verarbeitet.

Mit dem Bau begonnen werden soll Mitte Oktober. Bezugsfähig sind die Wohnungen laut Plan ab Sommer 2022 bis Sommer 2023. Die Bewerbung für Mieter werde dann rein online vonstattengehen. „Wir bitten aber noch mit Anfragen zu warten“, sagt Geschäftsführer Merkle. Derzeit habe die Genossenschaft 1500 Bewerber, 759 davon würden auf das neue Projekt passen.