Am Lämmlisgrund zwischen Villingen und Schwenningen soll das nächste große Baugebiet der Doppelstadt entstehen. Ein ökologisches und soziales Vorzeigequartier ist im Anschluss an das bestehende Wohngebiet Schilterhäusle in den nächsten Jahren geplant.

Doch die Stadt kommt beim Erwerb der Grundstücke nicht voran. Jetzt überlegt die Verwaltung, die ersten Schritte für ein Enteignungsverfahren einzuleiten. Allerdings stieß diese Marschroute im Gemeinderat auch auf Widerspruch.

Das geplante Wohngebiet Lämmlisgrund schließt westlich an die Europa-Allee beim Wohngebiet Schilterhäusle an.
Das geplante Wohngebiet Lämmlisgrund schließt westlich an die Europa-Allee beim Wohngebiet Schilterhäusle an. | Bild: Ellen Knopp

Baubürgermeister Detlev Bührer sah sich jetzt veranlasst, mit dem Thema in den Gemeinderat zu gehen, um sich für das weitere Vorhaben „Rückendeckung“ einzuholen. Denn hier geht es um ein zentrales Wohngebietsvorhaben mit großer Bedeutung für die Stadt. Hier sollen einmal 3000 Menschen wohnen. 

Bührers Vorschlag daher: Für den Fall, dass es bei den Grunderwerbsverhandlungen bis zum 31. Oktober noch keine Einigung gibt und eine Einigung bis dahin auch nicht in Sicht ist, soll der Gemeinderat in der Novembersitzung 2023 für das Plangebiet „Lämmlisgrund“ den Einleitungsbeschluss für eine „städtebauliche Entwicklungsmaßnahme“ einleiten. Bührer beantragte einen entsprechenden Vorratsbeschluss des Gemeinderates für diese Vorgehensweise.

So läuft die Enteignung

Dieses Verfahren eröffnet der Stadt die Möglichkeit, die verkaufsunwilligen Eigentümer unter gewissen Voraussetzungen zu enteignen. Dabei bezeichnet der juristische Begriff der Enteignung einen Vorgang, bei dem die Stadt dem Grundstückseigentümer den gutachterlich ermittelten Preis für sein Grundstück bezahlt, auch wenn dieser nicht verkaufswillig ist.

Ein Großteil der Flächen ist bereits im Besitz der Stadt. Aber es gibt dort nach wie vor vier Grundstücke in privater Hand, die als landwirtschaftliche Flächen genutzt werden.

Weitere Informationen, ob es den Eigentümern nur um den Verkaufspreis geht oder ob sie prinzipiell nicht verkaufen wollen, wurden in der öffentlichen Sitzung zum Schutz der Privatpersonen nicht erörtert.

Während die CDU-Fraktion der Verwaltung volle Rückdeckung bei diesem Vorgehen signalisierte, gab es es Widerstand seitens der FDP. Stadtrat Marcel Klinge lehnte einen Vorratsbeschluss zum jetzigen Zeitpunk ab.

Stadtrat Marcel Klinge (FDP) lehnt ein Enteignungsverfahren aus grundsätzlichen Gründen ab.
Stadtrat Marcel Klinge (FDP) lehnt ein Enteignungsverfahren aus grundsätzlichen Gründen ab. | Bild: FDP BW

Klinge machte grundsätzliche Bedenken der Liberalen gegen Enteignungen geltend. Außerdem sei die FDP-Fraktion skeptisch, ob dies zielführend sei. Vielmehr sei zu befürchten, dass ein solcher Beschluss zu einer weiteren Eskalation und damit zu einem langwierigen juristischen Tauziehen führen drüfte.

Der OB soll es richten

Klinge appellierte an den Oberbürgermeister, sich in den nächsten Wochen persönlich in die Verhandlungen einzuschalten, um doch noch eine Einigung zu erzielen. OB Jürgen Roth erklärte sich dafür durchaus bereit.

Olaf Barth (AfD) erklärte, seine Fraktion sei in dieser Frage gespalten. Er persönlich lehne die Bebauung „des schönen Flecks“ ab und wundere sich, warum die Grünen dies nicht tun.

Planung schon vor 30 Jahren

Joachim von Mirbach (Grüne) erwiderte, das Wohngebiet Lämmlisgrund sei bereits seit der Zeit von Alt-Oberbürgermeister Gerhard Gebauer aus Wohngebiet geplant. Es gehe dabei um die Einhaltung einer Wohnbauentwicklung, „die 30 Jahre alt ist“.

Am Ende bekam Bührer vom Gemeinderat seinen Vorratsbeschluss mit „breiter Rückendeckung“ des Gremiums. 32 Stadträte stimmten dafür, nur vier waren dagegen.

Damit kann die Stadtverwaltung den Einleitungsbeschluss für die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme bei Bedarf auf den Weg bringen.

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