Ein seltenes Schauspiel in der Villinger Brigach. Zwei Bagger graben im Bachbett und niemand weiß genau, um was es geht. Wird hier den Brigachfischen das Wasser abgegraben?
Nein: Das Land baut hier den Brigachpegel um. Es gehe darum, so heißt es auf Anfrage des SÜDKURIER, genauer messen zu können, wie viel Wasser die Brigach transportiert.
Die Messstation solle, so heißt es weiter, kunftig die verstarkt auftretenden Niedrigwasserabflusse infolge langer Trockenzeiten besser erfassen. Die Kosten liegen bei rund 500.000 Euro. Die Bauarbeiten sollen Anfang Oktober abgeschlossen sein.
Aber was genau steckt hinter der Maßnahme? „Im Hinblick auf den Klimawandel gewinnt neben der Erfassung des Hochwasserabflusses auch die Dokumentation der Niedrigwasserabflusse zunehmend an Bedeutung. Die Messdaten des Pegels sind eine wichtige Endscheidungshilfe fur die Umweltverwaltung und die Gewassernutzer, um in anhaltenden Trockenzeiten zum Beispiel Wasserentnahmen steuern zu konnen“, erklart Projektleiter Benno Schulz vom Regierungspräsidium.

Und das ist die Lösung zum Geheimnis der Rohre, die aktuell im Bachbett verlegt werden.: Zweimal 105 Meter lang auf der Bahnhofseite des Bachs und das alles nur vorübergehend, wie es auf Nachfrage heißt. Der Bach wird durch die Leitungen geführt, um besser arbeiten zu können, danach werden die Rohre wieder ausgebaut, wird von einer Sprecherin des Regierungspräsidiums versichert.
Im Rahmen der nun anstehenden Baumaßnahme wird das Gewasserprofil der Brigach im Bereich der Messstation durch ein sogenanntes Einschnurungsbauwerk so verschmalert, dass kunftig die Niedrigwasserstande durch entsprechende Fließtiefen genau erfasst werden konnen und auch bei anderen Abflusszustanden eine bessere Erfassung der Abflusse moglich ist. Um die Vorgaben der europaischen Wasserrahmenrichtlinie zu erfullen, wird zudem die Durchgangigkeit fur Fische und andere Wasserlebewesen durch den Bau einer sogenannten Rauen Rampe wesentlich verbessert. Erganzend werden oberhalb der Paradiesgassenbrucke Gewasser-Strukturelemente (Buhnen, Storsteine, Fischunterstande) in die Brigach eingebracht, um eine großere Stromungsvielfalt zu erzeugen und im Niedrigwasserfall einen hoheren Wasserstand fur durchwandernde Fische zu erhalten.

Die bisher vorhandene Messstation wird in einem neuen Pegelhaus direkt an der Brigach untergebracht und mit neuer Messtechnik ausgestattet. Ebenfalls im Zeichen des Klimawandels sollen hier in einem Pilotversuch zudem weitere Parameter zur Gewassergute und die Temperatur im Gewasser erfasst werden. Wahrend der Bauzeit wird der Wasserstand uber einen kleinen Hilfspegel ca. 300 Meter unterhalb im Bereich der Bertholdstraße erfasst, um auch fur den Zeitraum der Baumaßnahmen eine Abschatzung der Abflusssituation vornehmen zu konnen. Die Planung erfolgte in enger Abstimmung mit der Landesanstalt fur Umwelt in Karlsruhe und der Stadt Villingen-Schwenningen, die unter anderem die Flachen fur die Baumaßnahme zur Verfugung gestellt hat. „Durch einen zugigen Bauablauf wollen wir die Beeintrachtigungen fur die Anwohner und Behinderungen entlang des uferbegleitenden Weges moglichst gering halten“, betont Benno Schulz.

Der Brigach-Pegel in Villingen wurde 1958 errichtet. Es besteht somit eine lange Datenreihe an Wasserstands- und Abflussdaten. Der Pegel ist eine von rund 80 Abflussmessstationen im Regierungsbezirk Freiburg und damit ein wichtiger Bestandteil des Oberflachengewasser-Messnetzes in Baden-Wurttemberg. Hier werden kontinuierlich die Wasserstande gemessen und Abflussdaten zur Verfugung gestellt.
Diese konnen uber die Hochwasservorhersagezentrale der Landesanstalt fur Umwelt in Karlsruhe jederzeit im Internet abgerufen werden: http://www.hvz.baden-wuerttemberg.de. Der Pegel Villingen ist zudem ein regionaler Hochwasseralarmpegel. Bei einem Wasserstand von 120 Zentimetern wird automatisch an die Integrierte Leitstelle Schwarzwald-Baar-Kreis eine Alarmmeldung ubermittelt, um Schutzmaßnahmen einleiten zu konnen. Der hochste bisher gemessene Abfluss wurde beim Jahrhunderthochwasser am 15. Februar 1990 erfasst.