Schlägereien in der Färberstraße Villingen oder der Uhlandstraße in Schwenningen, Auseinandersetzungen und kriminelles Treiben im Neckarpark: derartige Vorkommnisse sorgten ganz aktuell in jüngster Vergangenheit für öffentliches Aufsehen. Aber auch Drogenkriminalität, Internetbetrug und Wohnungseinbrüche beunruhigen viele Bürger.
Wie also sieht es mit der Kriminalität in Villingen-Schwenningen aus? Und wie nimmt die Bevölkerung die Sicherheitslage in der Stadt wahr? Wo liegen Problembereiche, wie groß ist die Furcht der Bürger vor Kriminalität in VS?
Untersuchung auf wissenschaftlicher Basis
Diesen Fragen will nun der Gemeinderat auf den Grund gehen. Er will ein Sicherheitsaudit, also eine Überprüfung auf wissenschaftlicher Basis durchführen, wie es um die Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung in der Stadt bestellt ist.

Diese Überprüfung, die von der Universität Heidelberg entwickelt wurde, wird gekoppelt mit einer Sicherheitsbefragung der Bevölkerung. Sie soll bereits im zweiten Halbjahr 2022 stattfinden. Aus diesen Ergebnissen und Erkenntnissen will die Ortspolizeibehörde, die Polizei und der Gemeinderat bei Bedarf weitere Maßnahmen beschließen, um die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl vor Ort zu stärken.
In einem ersten Schritt für mehr öffentliche Sicherheit hat der Gemeinderat bereits im vergangenen Jahr beschlossen, den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) der Stadt um zusätzliche sechs Stellen aufzustocken.
Wissenschaftliche Untersuchung der Kriminalität
Im nächsten Schritt soll nun in Kooperation mit der Polizeihochschule in Schwenningen ein so genanntes Sicherheits-Audit unter der Rubrik „Urbane Sicherheit“ stattfinden. Dabei ist die Fakultät II der Hochschule, in der Kriminologie und Soziologie gelehrt wird, auf die Stadt zugekommen und hat Hilfe für eine wissenschaftliche Aufarbeitung angeboten. Eine Bevölkerungsbefragung soll dabei die Analysen aus der Kriminalitätsstatistik und weitere Fach-Expertisen ergänzen.

Das Bürgeramt hat dieses Angebot von Hochschulseite gerne aufgegriffen. Denn daraus erhofft sich die Stadt weiterführende Erkenntnisse sowohl zur objektiven Sicherheitslage als auch über das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger in VS. Zugleich ist damit die Erwartung verbunden, mögliche Sicherheitsdefizite zu identifizieren. Liegen die Ergebnisse auf dem Tisch, sollen daraus konkrete Maßnahmen für mehr Sicherheit und Ordnung abgeleitet werden.
Bevölkerung wird mehrmals befragt
Die Befragung der Bevölkerung wird online durchgeführt und nach gewisser Zeit wiederholt werden, um festzustellen, ob und wie sich das Sicherheitsgefühl der Menschen verändert hat. Dies berichteten die beiden Dozenten der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg, Gunther Dreher und Egon Wachter, die das Konzept im Verwaltungsausschuss des Gemeinderates präsentierten.

„Kann man mit diesem Audit die Kriminalität reduzieren?“, fragte Hochschuldozent Egon Wachter. Seine Aussage dazu: Im Rhein-Neckar-Kreis um Heidelberg habe das Sicherheitsaudit und die daraus abgeleiteten Maßnahmen langfristig zu einer deutlichen Reduzierung der Kriminalität geführt.
Zehn weitere Städte, die das Audit durchgeführt haben, hätten über 20 Jahre hinweg ebenfalls eine sinkende Kriminalitätsräte und -furcht verzeichnet. Mehrere Untersuchungen, so Wachter, hätten gezeigt, dass dieses Steuerungselement Erfolge bringe, erklärte der Kriminalist und Soziologe.
Kontrolle allein hilft nicht
In der Stellungnahme der Hochschule für Polizei heißt es aber auch: „Allein mit Kontrollmaßnahmen durch uniformierte Sicherheitskräfte die Ordnungsstörungen in einer Kommune beseitigen zu wollen, führt in eine Sackgasse.“ Vielmehr sei ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz unter Einbeziehung der Bevölkerung bei der Vorbeugung von Kriminalität zu schaffen.
Breite Zustimmung auf politischer Ebene
Die Stadträte im Verwaltungsausschuss äußerten durchweg ihre Zustimmung. Ulrike Merkle (Grüne) hob hervor, dass jeder Euro, der in Kriminalprävention angelegt werde, besser sei als in ständige Kontrollen zu investieren. „Wir haben Bedarf, dieses Thema anzugehen“, äußerte auch Stadträtin Ulrike Heggen (Freie Wähler). Es gebe nicht wenige Brennpunkt-Bezirke in der Stadt.
Nicola Schurr (SPD) mahnte, dass der Gemeinderat nach dem Ergebnis der Untersuchungen dann auch „am Ball bleiben müsse“, wenn es um die Umsetzung konkreter Maßnahmen gehe. Einstimmig, bei drei Enthaltungen, befürworteten die Ausschussmitglieder für die Durchführung des Audits.