Schlägereien in der Färberstraße Villingen oder der Uhlandstraße in Schwenningen, Auseinandersetzungen und kriminelles Treiben im Neckarpark: derartige Vorkommnisse sorgten ganz aktuell in jüngster Vergangenheit für öffentliches Aufsehen. Aber auch Drogenkriminalität, Internetbetrug und Wohnungseinbrüche beunruhigen viele Bürger.

Wie also sieht es mit der Kriminalität in Villingen-Schwenningen aus? Und wie nimmt die Bevölkerung die Sicherheitslage in der Stadt wahr? Wo liegen Problembereiche, wie groß ist die Furcht der Bürger vor Kriminalität in VS?

Untersuchung auf wissenschaftlicher Basis

Diesen Fragen will nun der Gemeinderat auf den Grund gehen. Er will ein Sicherheitsaudit, also eine Überprüfung auf wissenschaftlicher Basis durchführen, wie es um die Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung in der Stadt bestellt ist.

Ein Beamter vom Polizeirevier Villingen in der Waldstraße steigt im Januar 2022 in ein Polizeiwagen ein und rück für einen Einsatz aus. ...
Ein Beamter vom Polizeirevier Villingen in der Waldstraße steigt im Januar 2022 in ein Polizeiwagen ein und rück für einen Einsatz aus. Mit einer Bevölkerungsumfrage soll nun geklärt werden, ob es Sicherheitsdefizite bei der Kriminalität in VS gibt. | Bild: Fröhlich, Jens

Diese Überprüfung, die von der Universität Heidelberg entwickelt wurde, wird gekoppelt mit einer Sicherheitsbefragung der Bevölkerung. Sie soll bereits im zweiten Halbjahr 2022 stattfinden. Aus diesen Ergebnissen und Erkenntnissen will die Ortspolizeibehörde, die Polizei und der Gemeinderat bei Bedarf weitere Maßnahmen beschließen, um die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl vor Ort zu stärken.

In einem ersten Schritt für mehr öffentliche Sicherheit hat der Gemeinderat bereits im vergangenen Jahr beschlossen, den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) der Stadt um zusätzliche sechs Stellen aufzustocken.

Wissenschaftliche Untersuchung der Kriminalität

Im nächsten Schritt soll nun in Kooperation mit der Polizeihochschule in Schwenningen ein so genanntes Sicherheits-Audit unter der Rubrik „Urbane Sicherheit“ stattfinden. Dabei ist die Fakultät II der Hochschule, in der Kriminologie und Soziologie gelehrt wird, auf die Stadt zugekommen und hat Hilfe für eine wissenschaftliche Aufarbeitung angeboten. Eine Bevölkerungsbefragung soll dabei die Analysen aus der Kriminalitätsstatistik und weitere Fach-Expertisen ergänzen.

Blick auf die Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in Schwenningen im Juli 2020. Die Hochschule unterstützt das geplante ...
Blick auf die Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in Schwenningen im Juli 2020. Die Hochschule unterstützt das geplante Sicherheits-Audit für Villingen-Schwenningen.

Das Bürgeramt hat dieses Angebot von Hochschulseite gerne aufgegriffen. Denn daraus erhofft sich die Stadt weiterführende Erkenntnisse sowohl zur objektiven Sicherheitslage als auch über das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger in VS. Zugleich ist damit die Erwartung verbunden, mögliche Sicherheitsdefizite zu identifizieren. Liegen die Ergebnisse auf dem Tisch, sollen daraus konkrete Maßnahmen für mehr Sicherheit und Ordnung abgeleitet werden.

Bevölkerung wird mehrmals befragt

Die Befragung der Bevölkerung wird online durchgeführt und nach gewisser Zeit wiederholt werden, um festzustellen, ob und wie sich das Sicherheitsgefühl der Menschen verändert hat. Dies berichteten die beiden Dozenten der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg, Gunther Dreher und Egon Wachter, die das Konzept im Verwaltungsausschuss des Gemeinderates präsentierten.

Kriminaldirektor Gunther Dreher von der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in Schwenningen wirkt an dem geplanten ...
Kriminaldirektor Gunther Dreher von der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in Schwenningen wirkt an dem geplanten Sicherheits-Audit mit. | Bild: privat

„Kann man mit diesem Audit die Kriminalität reduzieren?“, fragte Hochschuldozent Egon Wachter. Seine Aussage dazu: Im Rhein-Neckar-Kreis um Heidelberg habe das Sicherheitsaudit und die daraus abgeleiteten Maßnahmen langfristig zu einer deutlichen Reduzierung der Kriminalität geführt.

Zehn weitere Städte, die das Audit durchgeführt haben, hätten über 20 Jahre hinweg ebenfalls eine sinkende Kriminalitätsräte und -furcht verzeichnet. Mehrere Untersuchungen, so Wachter, hätten gezeigt, dass dieses Steuerungselement Erfolge bringe, erklärte der Kriminalist und Soziologe.

Kontrolle allein hilft nicht

In der Stellungnahme der Hochschule für Polizei heißt es aber auch: „Allein mit Kontrollmaßnahmen durch uniformierte Sicherheitskräfte die Ordnungsstörungen in einer Kommune beseitigen zu wollen, führt in eine Sackgasse.“ Vielmehr sei ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz unter Einbeziehung der Bevölkerung bei der Vorbeugung von Kriminalität zu schaffen.

Breite Zustimmung auf politischer Ebene

Die Stadträte im Verwaltungsausschuss äußerten durchweg ihre Zustimmung. Ulrike Merkle (Grüne) hob hervor, dass jeder Euro, der in Kriminalprävention angelegt werde, besser sei als in ständige Kontrollen zu investieren. „Wir haben Bedarf, dieses Thema anzugehen“, äußerte auch Stadträtin Ulrike Heggen (Freie Wähler). Es gebe nicht wenige Brennpunkt-Bezirke in der Stadt.

„Wir haben Bedarf, dieses Thema anzugehen“, sagt Stadträtin Ulrike Heggen.
„Wir haben Bedarf, dieses Thema anzugehen“, sagt Stadträtin Ulrike Heggen. | Bild: privat

Nicola Schurr (SPD) mahnte, dass der Gemeinderat nach dem Ergebnis der Untersuchungen dann auch „am Ball bleiben müsse“, wenn es um die Umsetzung konkreter Maßnahmen gehe. Einstimmig, bei drei Enthaltungen, befürworteten die Ausschussmitglieder für die Durchführung des Audits.