Fußball: Die Nerven scheinen blank zu liegen beim FC Anadolu Radolfzell. Vor einer Woche, beim Spiel in Steißlingen, gab es zwei Rote Karten für Anadolu-Spieler nach Diskussionen mit dem Schiedsrichter, darunter auch für den Leitwolf, Kapitän Cenk Cesur.
Abbruch in der 83. Minute
Nun, am Ostersamstag, der Spielabbruch im eigenen Stadion, wo der 1. FC Rielasingen-Arlen II zu Gast war. Die eigentlich faire Partie, die Schiedsrichter Hans-Peter Imhof gut im Griff hatte, musste kurz vor dem Schlusspfiff abgebrochen werden, weil sich ein Anadolu-Spieler nicht im Griff hatte. Nach einem Foul im Strafraum und der Strafstoßentscheidung in der 83. Minute zugunsten der Gäste bedrängte der Radolfzeller den Unparteiischen, sodass dieser vorzeitig beim Stand von 2:2 abpfiff.
Der Versuch einer Kontaktaufnahme mit dem Anadolu-Trainer am Tag darauf scheitert kläglich. Vahit Pervane nimmt den Anruf am Ostersonntag zwar entgegen. Fragen beantworten will er aber nicht und legt auf – grußlos.
Auskunftsfreudiger zeigt sich Orhun Kale. „Bis zum Abbruch war es ein total faires Spiel“, sagt der Sportliche Leiter des Clubs und lobt auch den Unparteiischen für dessen Spielleitung. „Wir hatten lange nicht mehr so einen guten Schiedsrichter. Er hat perfekt gepfiffen.“
Bis zur 83. Minute: „Aus meiner Sicht war das keine Situation, die einen Abbruch rechtfertigt“, schildert Kale die Ereignisse, „es war ein Foul unseres Spielers, das sehen wir auch so. Und der Elfmeter war gerechtfertigt. Aber es war keine körperliche Gewalt im Spiel. Unser Mann hat ihn vielleicht bedrängt und zu viel diskutiert, aber nicht attackiert. Da hätte eine Hinausstellung für ihn gereicht. Ein Abbruch ist das allerletzte Mittel. Da hätte es zuvor noch andere Optionen gegeben“, meint Kale.


Dass sein Verein in Sachen Disziplin nicht den besten Ruf hat, weiß er. „Wir bekommen aber gar nicht die Chance, zu beweisen, dass wir es besser machen können. Ich bin überzeugt davon, dass bei einem anderen Verein das Spiel weitergelaufen wäre.“
Sein Funktionärskollege bei den Rielasingern, der Sportliche Leiter Roland Fiedler, teilt Kales Einschätzung eines „überaus fairen Spiels. Wir kennen uns alle noch aus Kreisliga-A-Zeiten und schätzen uns. Bis zum Abbruch war das alles im Rahmen.“
Bezirksvorsitzender hofft auf Umdenken
Dass der Unparteiische die Partie vorzeitig beendet hat, bedauert Fiedler aus sportlicher Sicht zwar, stellt aber klar: „Wenn er sich bedroht gefühlt hat, muss man das akzeptieren. Das ist seine Entscheidung. Wir müssen froh sein, dass wir überhaupt noch Schiedsrichter haben, die sich zur Verfügung stellen.“
Auch der oberste Chef der Fußballer am Bodensee, Bezirksvorsitzender Konrad Matheis, verteidigt die Entscheidung des Schiedsrichters und hofft, dass durch den Abbruch der Partie und die zu erwartende Kollektivstrafe mit einer Spielwertung gegen Anadolu ein Lerneffekt eintritt: „Diejenigen Spieler des Clubs, die einfach nur Fußball spielen wollen, müssen jetzt auf die Wenigen einwirken, die sich nicht im Griff haben“, stellt Matheis klar. „Nur so kann ein Umdenken einsetzen.“
Anadolu prüft Konsequenzen
Orhun Kale schließt nicht aus, dass es vereinsinterne Konsequenzen für den Spieler geben wird. „Wir diskutieren darüber. Aber ich finde es einfach schade, dass jetzt wohl alle anderen Spieler für das Fehlverhalten eines Einzelnen bestraft werden“. Ebenso aufs Gemüt schlagen ihm Äußerungen in sozialen Netzwerken wie „Dreckspack“, die gegen den ganzen Verein gerichtet sind. „Damit müssen wir leben, was die Situation für uns nicht einfacher macht.“