Fußball-Bezirksliga: – Mit einer klaren Ansage startete der SV Herten im Sommer 2010 in die neue Saison. Drei Jahre nach dem Aufstieg strebte das Team von Thorsten Szesniak neuen Zielen entgegen: „Was soll ich erzählen, dass wir vorn mitspielen wollen? Nein, wir wollen in die Landesliga“, diktierte der Coach dem SÜDKURIER damals in den Notizblock.
Und Szesniak hatte den Mund nicht zu voll genommen. Verstärkt durch torhungrige und überregional erfahrene Spieler wie Frank Tufaro (FC Wallbach), Michael Amrein (SV Dogern) und Sascha Rueb (FV Lörrach), gab der SV Herten sofort den Ton in der Liga an. Dem 4:0 zum Auftakt gegen den SV BW Murg folgte eine Serie von sieben weiteren Spielen ohne Niederlage.
Einzig im Duell mit seinem Freund und Trauzeugen Urs Keser vom SV Schwörstadt musste Szesniak mit einem 0:0 zufrieden sein. Nach dem fünften Spiel, einem 2:1 bei Landesliga-Absteiger Eintracht Stetten, übernahm der SV Herten die Tabellenspitze und gab sie bis zum Schluss nicht mehr ab.

Die erste von drei Niederlagen kassierte der spätere Meister ausgerechnet beim FC Wallbach, bei der Rückkehr von Frank Tufaro. Die Gastgeber hatten sich zwei Wochen zuvor von Trainer Alexander Heim getrennt, Co-Trainer André Steiner übernahm bis Saisonende und startete mit vier Siegen in Folge. Steiners dritter Streich war das 3:2 gegen den Tabellenführer – und das in einem kuriosen Spiel.

Beim Stand von 3:1 schickte Schiedsrichter Francesco Natale erst Christoph Mutter mit Rot vom Platz, vier Minuten musste auch der erst 24 Minuten zuvor eingewechselte Daniel Schneider mit Gelb-Rot in die Kabine. Mit zwei Spielern mehr gelang dem SV Herten aber nur noch das 2:3 in der Nachspielzeit durch einen Foulelfmeter von Musah Musliu.
Szesniak feiert ausgerechnet in Murg den Titel
Der SV Herten ließ sich durch diese Niederlage von seinem Kurs nicht abbringen, dominierte die Liga und hatte nach 25 Spielen, am Samstag, 14. Mai, die Chance, durch einen Sieg beim SV 08 Laufenburg den Titel vorzeitig perfekt zu machen. Das Unterfangen ging schief, Maximilian Stockkamp erzielte schon nach 14 Minuten das Tor des Tages für die Gastgeber.

Die Niederlage ließ sich verschmerzen, denn schon vier Tage später bot sich – im Nachholspiel beim SV BW Murg – erneut die Chance. In der Breitematt setzten sich die Hertener dann tatsächlich mit 3:0 durch und Thorsten Szesniak durfte ausgerechnet bei seinem Heimatverein den größten Triumph seiner Trainerkarriere feiern.

Die restlichen drei Spiele waren ein Schaulaufen, der SV Herten befand sich quasi drei Wochen lang im Feiermodus, schaffte es aber noch, dass Michael Amrein sich im letzten Saisonspiel den Titel des Torschützenkönigs sichern konnte.
Peter Flum und das „Wunder vom Nägeleberg“
Während beim SV Herten also ein „Titel mit Ansage“ bejubelt wurde, etablierte sich im Windschatten der Grün-Gelben eine Mannschaft, die sich in der Vorsaison erst am letzten Spieltag durch ein 6:2 gegen den FC 08 Bad Säckingen den Verbleib in der Liga gesichert hatte. Trainer Peter Flum startete mit einem durch Jugendspieler erweiterten Kader in seine letzte Saison, peilte „einen einstelligen Tabellenplatz“ an.

In der Tat hatte die Elf vom Nägeleberg niemand auf der Rechnung, so stürmte sie unbeschwert und letztlich auch unspektakulär durch die Saison. Mit vier Siegen gelang ein Traumstart, als Tabellenführer wurde der TuS Efringen-Kirchen zum fünften Spieltag erwartet. Nach 72 Minuten stand es 0:3, die junge Elf drohte unterzugehen. Doch Tobias Knab, Matthias Prothmann und Patrick Steffen, der am Ende mit 19 Treffern drittbester Torschütze der Liga wurde, sicherten noch den Punkt.

So ging das „Wunder von Weilheim“ munter weiter, auf heimischem Rasen wurde danach nur gegen den SV Herten (2:2) und den FC Wittlingen (0:1) nicht gewonnen. Niederlagen in Todtnau, Stetten und bei der SG Schlüchttal kosteten am Ende jene Punkte, die fehlten, um den sechs Punkte enteilten SV Herten noch gefährden zu können.
1100 Zuschauer beim Aufstiegsspiel

Für die Rot-Weißen geht die Spielzeit 2010/11 als Beste der Vereinsgeschichte ein. Gekrönt wurde die Saison in den Aufstiegsspielen gegen die im Vorjahr am FC Wehr gescheiterte Spvgg. Untermünstertal.

Beim 1:1 im Hinspiel bevölkerten 1100 Zuschauer den Nägeleberg, bejubelten den Führungstreffer von Florian Boll, betrauerten Ortliebs Ausgleich.

Das Rückspiel im Münstertal gewannen die Gastgeber vor erneut 1100 Zuschauern zwar mit 2:0, feiern ließen sich aber auch die Weilheimer für eine „geile Saison“ und ließen Peter Flum nach seinem letzten Spiel als Trainer hoch leben.
Favoriten müssen abreißen lassen
Im Kreis der Verfolger tummelten sich zwei Ex-Landesligisten, die vor der Saison zum Favoritenkreis gezählt wurden. Doch in der Schlussabrechnung fehlten dem Tabellendritten FC Tiengen 08 immerhin 14 Punkte auf den Meister. Der SV 08 Laufenburg auf Rang vier hatte sogar 23 Punkte weniger auf dem Konto.
Hinter dem TuS Efringen-Kirchen, der sich dank seiner Tormaschinen Brunner, Silvestrini und Held, in der Rückrunde von Platz acht auf fünf katapultierte, ärgerte „Underdog“ SG Schlüchttal die Etablierten. Das aus dem SV Ühlingen und dem FSV Riedern gebildete Team brachte dem FC RW Weilheim am sechsten Spieltag die erste Niederlage bei, sammelte im Herbst mit minimalem Aufwand viele Punkte und beendete sie Vorrunde auf Rang vier mit 27 Punkten.

SG Schlüchttal braucht drei Torhüter
Die brüderliche Gallmann-Achse aus Abwehrchef Michael, Spielertrainer Benjamin und Stürmer Klaus garantierte für Qualität. Die Rückrunde verlief nicht mehr ganz so erfolgreich. Es reichte nur noch zu 19 Zählern, aber auf Platz sechs als bester Neuling durften Spieler und Fans stolz sein.

Für eine besondere Kuriosität sorgte die SG Schlüchttal bei 1:2-Niederlage in Laufenburg, als insgesamt drei „Torhüter“ eingesetzt wurden. Schlussmann und Vorsitzender Andreas Beck musste nach einer Notbremse mit „Rot“ vom Platz. Für ihn stand der bereits verwarnte Klaus Gallmann zwischen die Pfosten, kassierte aber kurz danach „Gelb-Rot“. Als dritter Spieler schlüpfte dann Benjamin Gallmann ins Trikot mit der Nummer 1.

Auf Platz neun folgte der zweite Neuling SV Schwörstadt, der nach 24 Jahren in der Kreisliga wieder aufgestiegen war. Die Elf von Spielertrainer Urs Keser blieb in den ersten fünf Spielen nicht nur unbesiegt, sondern hatte auch noch das Pech, den ersten Sieg nicht wirklich feiern zu können. Das Auftaktspiel in Tiengen endete 1:1, wurde dann aber vom Sportgericht mit 0:3 gewertet.

Dem FC Tiengen 08 lag der Spielerpass für den zuvor gesperrten Edmond Bektasi nicht vor. Der zuständige Sachbearbeiter des Bezirks Schwarzwald hatte das Dokument nicht rechtzeitig nach Tiengen versendet. Bektasi holte zwar nach Spielende seinen Personalausweis zu Hause, doch Schiedsrichter Dominik Leisinger (Kandern) dauerte das zu lang, er machte eine entsprechende Meldung. So blieb dem Sportgericht – zum Verdruss der Gastgeber – nichts anderes übrig, als die Partie mit 0:3 zu Gunsten des SV Schwörstadt zu werten.
Klaus Keser geht zu Fuß nach Tiengen
Schon über das Remis beim Favoriten war Klaus Keser, der damalige Vorsitzende des SV Schwörstadt, hochzufrieden. Er hatte zu diesem Spiel eine Wette eingelöst, die er Monate zuvor nach einem schlechten Auftritt seiner Elf in der Kreisliga A noch abgeschlossen hatte: „Wenn ihr nach dieser Leistung noch aufsteigt, dann komme ich zu Fuß ans erste Auswärtsspiel.“

Froh war Keser, der morgens um sechs mit Ehefrau Elke sowie mit Mario Probst und Martina Abella losmarschiert war, dass Staffelleiter Wolfgang Spitz das erste Auswärtsspiel nicht bei der SG Schlüchttal oder bei Eintracht Stetten angesetzt hatte.
Bezirksliga-Saison 2010/2011
Francesco Melina erzielt historisches Tor
Diese Eintracht aus Stetten hatte sich nach einem mäßigen Landesliga-Jahr wieder in der Bezirksliga zurück gemeldet, zählte auch ohne die Routiniers Jan Tschentscher und Patrick Steiger zum erweiterten Favoritenkreis. Allerdings kam der Club aus dem Bohnenviertel im letzten Jahr seines Bestehens nicht richtig in Schwung, blieb bis zuletzt unter seinen Möglichkeiten.

Im drittletzten Spiel reaktivierten die Trainer Georg Meier und Aykut Kaya das Duo Jan und Niklas Tschentscher. Nach Treffern von Andreas Bachmann und Patrick Bergdorf stand es am Ende 2:2 gegen den SV 08 Laufenburg. Der Ligaverbleib war greifbar nah. Doch eine Woche später patzten ausgerechnet die Null-Achter mit 1:3 gegen den FC Huttingen und Eintracht Stetten unterlag mit 2:4 beim FC Wittlingen.

Erst im letzten Punktspiel der Vereinsgeschichte wurde der Abstieg verhindert. Im Fernduell mit dem punktgleichen FC Huttingen, der zu Hause den FC Wittlingen mit 2:0 besiegte, musste ausgerechnet gegen den scheinbar übermächtigen TuS Efringen-Kirchen ein Sieg her. Es war ausgerechnet der einst vom SC Hohentengen nach Stetten gekommene Francesco Melina, der nach 34 Minuten einen Patzer von Fabio Hallasch zum 1:0-Siegtreffer nutzte.
SC Hohentengen stiftet ein Fass Bier
56 bange Minuten galt es vor 250 Zuschauern in Stetten zu überstehen, bis das vom ehemaligen Lokalrivalen SC Hohentengen gestiftete Fass Bier fließen konnte. Der neu gegründete FC Hochrhein Hohentengen-Stetten hatte seinen Platz in der Bezirksliga sicher – und Francesco Melina spielt auch heute noch für den vor neun Jahren gegründeten Verein.

So endete das zweite Bezirksliga-Gastspiel des FC Huttingen, der von 1998 bis 2000 bereits in der Liga spielte, schon nach einem Jahr wieder. Auch der SV Todtnau trat nach einer Spielzeit wieder den Gang nach unten an. Begleitet wurden die beiden Neulinge vom FC Hauingen und dem SV Schopfheim. Dem Quartett gelang die Rückkehr bis heute nicht mehr.
Vier Trainerwechsel während der Saison
Im Verlauf der Saison setzten vier Vereine auf neue Trainer. Bereits nach sechs Spielen erwischte es Alexander Heim beim FC Wallbach. Nach fast genau einem Jahr übergab er an seinen Co-Trainer André Steiner, der das Team bis Saisonende betreute und dann von Roland Mutter beerbt wurde. Beim SV Schopfheim verabschiedete sich Michael Gentner am 12. Spieltag. Fußballchef Thomas Schulz übernahm gemeinsam mit Uwe Krähling und Jürgen Hauser. Zur Rückrunde kam Josef Hehli. Nach dem Abstieg wurde Frank Ullmann neuer Trainer.

Beim TuS Efringen-Kirchen trennten sich Joachim „Tschox“ Trautwein in der Winterpause. Nachfolger Germano Fanciulli, der bis Sommer beim SV Schopfheim tätig war, führte das Team von Platz acht auf fünf. Schon im Herbst trennte sich Mit-Absteiger FC Hauingen von Michael Gessner. Für ihn sprangen Patrick Maier-Blanc und Matthias Grether in die Bresche.