Für manche Fußballer ist schon nach dem ersten Kreuzbandriss Schluss. Tabea Griß, lange Jahre beim Hegauer FV am Ball, hat sich auch nach ihrer zweiten schweren Knieverletzung zurückgekämpft. Aufgeben? Für die 24-Jährige war das nie eine Option.

Gerade einmal 16 Jahre alt war Tabea Griß beim ersten Mal. „Ich habe sofort gespürt, dass etwas nicht stimmt. Das war damals ein Weltuntergang für mich“, erinnert sich die heute 24-Jährige an das Spiel mit den B-Juniorinnen des Hegauer FV im Juni 2012, in dem ihr vorderes Kreuzband im rechten Knie riss.

Ein Schlag ins Gesicht

Eigentlich wäre sie wenige Wochen nach dieser Partie beim Länderpokal in Duisburg dabei gewesen. Verletzungsbedingt musste sie passen, was sie damals „hart getroffen“ habe.

Tabea Griß beim Training in den USA.
Tabea Griß beim Training in den USA. | Bild: privat

Für Griß, die in sämtlichen Auswahlmannschaften spielte, wäre dies eine ideale Plattform gewesen. Sie hatte sich viel vorgenommen: „Ich wollte mich zeigen und mutig aufspielen“, erzählt sie.

Guter Heilungsprozess

Immerhin sei die Heilung der Linksfüßerin, die erst kurz vor der Verletzung von den Jungs des FC Öhningen-Gaienhofen zu den B-Juniorinnen des HFV gewechselt war, gut verlaufen. „Direkt nach der Operation war ich positiv gestimmt. Der Ehrgeiz war wieder voll da“, sagt Griß. Nach sechs Monaten, also noch im selben Jahr, kehrte sie ins Mannschaftstraining zurück.

Tabea Griß hat sich, wie sie selbst erzählt, schnell wieder zurechtgefunden. Die erste Einheit sei zwar komisch gewesen: „Ich hatte schon Respekt“, sagt sie. Doch das Vertrauen in das rechte Knie sei relativ schnell wieder da gewesen. „Vielleicht war es ein Vorteil, dass ich so jung war und dann schnell nicht mehr nachgedacht habe.“

Griß etablierte sich im Anschluss bei den Frauen des Hegauer FV in der Regionalliga, entwickelte sich in jungen Jahren im zentralen defensiven Mittelfeld zu einer Leistungsträgerin im Team des langjährigen HFV-Trainers Gino Radice. „Es lief alles nach Plan und hat riesig Spaß gemacht.“

2015 der nächste Schreck

Doch dann, gegen Ende des Jahres 2015, der nächste Schock. „Ich hatte sofort ein schlechtes Gefühl. Der Schmerz war deutlich schlimmer als beim ersten Mal“, erzählt Griß. Wieder das vordere Kreuzband – nun aber im linken Knie. Erneut musste Griß unters Messer.

Sportstudium in Gefahr?

Besonders bitter: Die damals 19-Jährige hatte erst wenige Wochen zuvor an der Universität Konstanz ihr Studium der Sportwissenschaften begonnen. Im ersten Semester musste sie wegen der Verletzung aus allen Praxis-Kursen austreten. „Ein Abbruch kam für mich trotzdem nie infrage“, stellt sie klar.

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Unter dem Strich sei der erste Riss 2012 für sie persönlich schlimmer gewesen. „Beim zweiten Mal wusste ich, was auf mich zukommt und war einfach älter“, sagt sie. Wobei das teilweise auch ein Nachteil gewesen sei.

Vor- und Nachteil zugleich

Denn sie sei sich bewusst gewesen, wie sich das Knie nach der Operation anfühlt und, dass „viele Stunden Reha, Muskelaufbau und Physio“ auf sie zukommen würden. Zumindest hatte Griß Glück im Unglück, der Heilungsprozess verlief wieder optimal. Und seitdem läuft es. Die Praxis-Kurse ihres Studiums schloss sie in der regulären Zeit ab, und auch beim Hegauer FV fand sie sich schnell wieder zurecht.

„Es war eine spannende Phase“, erzählt Griß. Ein unglücklicher Abstieg von der Regional- in die Oberliga war dabei, aber auch der direkte Wiederaufstieg in der Saison 2017/18, bei dem Griß als defensive Mittelfeldspielerin die zweitmeisten Tore der Liga erzielte.

Zusage fürs Stipendium

Es sollte im vergangenen Jahr aber noch besser kommen. Anfang 2019 erhielt sie die Zusage für ein Fußball-Stipendium in den USA. „Das war für mich natürlich mega. In den USA wird der Frauenfußball einfach brutal gefördert“, sagt sie.

Seit August 2019 ist Griß – mit einer coronabedingten Unterbrechung – nun an der University of South Alabama. Im November 2020 fliegt sie zurück nach Deutschland. Wenn alles nach Plan läuft, mit dem Master in der Tasche. Und der Fußball soll dann weiterhin eine große Rolle in ihrem Leben einnehmen – trotz zwei schweren Verletzungen.