Eigentlich hat sich für Rabea Weglowski in Sachen Fußball in diesem Sommer gar nicht so viel verändert. Schließlich ist sie wie schon in der vergangenen Saison am Bodensee für den FC 09 Überlingen aktiv. Eigentlich. Denn die Kickerin steht nicht mehr nur für das Frauen-Team, sondern auch für die Herren auf dem Platz! Ein Novum in der Region.
Möglich ist das erst seit Kurzem – der Südbadische Fußballverband (SBFV) hat zur Saison 2024/25 ein Pilotprojekt verabschiedet, wodurch Frauen zusätzlich in Herrenmannschaften spielen dürfen, wenn einem Antrag zugestimmt wird. Und Rabea Weglowski sorgt für diese besondere Premiere, die es in anderen Bundesländern bereits gibt. „Es ist cool, ich habe ehrlich gesagt schon länger darauf gewartet“, sagt die 25-Jährige, die bereits in drei Testspielen für das Kreisliga-A-Team FC Überlingen II auf dem Platz stand. „Ich glaube, ich habe mich ganz gut geschlagen“, sagt sie mit einem Schmunzeln.
Schon als Kind mit Jungs gekickt
1,62 Meter groß ist die offensive Mittelfeldspielerin, die als Kind mal eine kurze Zeit Ballett tanzt. Doch das ist nichts für sie. Lieber Duelle statt artistischen Bewegungen. Der drei Jahre ältere Bruder spielt Fußball – und weil die Mama im Hotel arbeitet, muss Rabea Weglowski mit ihrem Papa zu den Turnieren des Bruders mit, erinnert sich die Medizin-Studentin beim Termin mit dem SÜDKURIER im Stadtwerk-am-See-Stadion, der Spielstätte ihres Clubs.
Wobei sie dabei schnell merkt, wie viel Spaß ihr Fußball macht. Mit fünf Jahren fängt sie an: „Ich musste gezwungenermaßen von Anfang an bei den Jungs spielen. Das hat mir aber nie was ausgemacht.“ Im Gegenteil. Rabea Weglowski lernt direkt, sich trotz körperlicher Unterlegenheit in Zweikämpfen durchzusetzen. Und sie hat Talent!
Bis zur C-Jugend spielt sie bei den Jungs, dann verlässt sie ihre Heimat, die Insel Rügen in Mecklenburg-Vorpommern, um sich auf der anderthalb Auto-Stunden entfernten Sportschule Neubrandenburg zu verbessern. Weglowski spielt B-Juniorinnen-Bundesliga, gegen Teams wie Werder Bremen oder Union Berlin. Später läuft sie noch für den Rostocker FC auf – in der Regionalliga, wo sie sogar DFB-Pokal-Partien bestreitet.
Turbulente Fußball-Jahre. Mit verschiedenen Teams, Gegenspielerinnen wie Eintracht Frankfurts Laura Freigang, Erfolgen, aber auch Rückschlägen und Verletzungen. All das ist nun Geschichte. Weil Weglowski seit Juni 2023 in Überlingen lebt. Die 25-Jährige steht kurz vor ihrem Abschluss, die angehende Ärztin wird ab Januar in Singen in der Klinik arbeiten, für die Zukunft liebäugelt sie mit einem Job als Hausärztin. Der Fußball ist nur noch eine Nebensache in ihrem Leben, soll aber auf keinen Fall ganz wegfallen. Zu viel Spaß hat sie nach wie vor an Trainingseinheiten und Duellen, an Torabschlüssen und Pässen.
Aufstieg mit dem Frauen-Team
Mit den Frauen des FC 09 Überlingen stieg Weglowski in der vergangenen Spielzeit in die Bezirksliga auf. 16 Partien bestritt die zierliche Kickerin, 47 Tore! Eine Quote, bei der über den Anteil der ehemaligen Regionalliga-Fußballerin am Aufstieg nicht diskutiert werden muss. Es ist offensichtlich: Rabea Weglowski kann mehr.
Ihr Potenzial hat sich in der Bodensee-Region schnell herumgesprochen – und weckt Begehrlichkeiten. Ein Wechsel zu einer höherklassigen Frauen-Mannschaft wie dem SV Deggenhausertal (Verbandsliga) oder dem Hegauer FV (Oberliga) passt aktuell aber nicht in ihre Lebenssituation. Perfekt also, dass der Verband nun diese neue Möglichkeit liefert: bei den Herren mitspielen. Wobei sie das schon macht, seit sie beim FC 09 Überlingen ist – zumindest im Training.
Ihr Freund ist ihr Mitspieler
Einer ihrer Mitspieler ist ihr Freund und Zahnarzt Florian Wiegner, den sie während ihres Studiums in Greifswald kennengelernt hat, das sie 2018 begann. Durch was? Freilich Fußball. Das Paar fühlt sich wohl im Süden in einer gemeinsamen Wohnung – und hat kein Problem damit, auf dem Platz auch mal als Gegenspieler um den Ball zu kämpfen.
„Wir mögen das. Es ist doch super, wenn man sein Hobby teilen kann“, sagt Weglowski, die schon im August 2023 die ganze Vorbereitung bei der Herren-Reserve absolviert hat. „Rabea hängt sich in jedes Training rein und ist einfach richtig gut ausgebildet. Das sieht man bei ihrem ersten Ballkontakt“, sagt Patrick Thum, Spielertrainer des Teams. „Sie ist eine Bereicherung. Die Mannschaft ist froh, dass sie dabei ist.“
Für Weglowski alles ganz normal
Und jetzt eben auch bei den Spielen, was nicht nur für Rabea Weglowski neu ist. Die sympathische Überlingerin hat aber nicht den Eindruck, dass sie als Frau unter Männern für Gesprächsstoff bei Gegnern sorgt: „Für mich fühlt sich das bisher alles ganz normal an, es schaut keiner blöd“, sagt sie.
Ihren Stil müsse sie kaum anpassen, eingesetzt wird sie derzeit von Thum im Herren-Team im zentralen Mittelfeld: „Gegen Männer gehe ich selten ins Dribbling, weil die einfach schneller sind. Aber ansonsten mache ich da keine Unterschiede und versuche, ganz normal mein Spiel zu spielen.“
Angst hat sie nicht
Angst hat die 25-Jährige sowieso nicht: „Ich halte ich mich da nicht zurück. Ich muss ja alles reinwerfen, wenn ich körperlich unterlegen bin“, sagt die Frau aus Mecklenburg-Vorpommern, die auch keine Sonderwünsche in der Kabine will. Umziehen vor dem Spiel? Ganz normal mit den männlichen Mitspielern! Und duschen? „Da findet sich immer eine Lösung. Ab in die Schiedsrichter-Kabine oder warten“, sagt Weglowski.
Doch worauf liegt eigentlich nun in dieser Saison ihr Fokus? Auf der Frauen- oder Herrenmannschaft? Es passt zur lässigen Art von Rabea Weglowski, dass sie sich darüber nicht wirklich Gedanken macht. Das werde sich entwickeln, ist sie sich sicher. „Dass es diese Möglichkeit mit dem Männerfußball jetzt gibt, ist einfach eine tolle Ergänzung.“ Wobei sie Herausforderungen aus ihrer Laufbahn ja gewohnt ist. In Sachen Fußball hat sich in diesem Sommer für Rabea Weglowski also doch gar nicht so viel verändert.