Paul Kaletsch, die letzten Spiele Ihrer Karriere stehen an. Mit welchen Gefühlen gehen Sie in die Aufstiegsrunde?
Es herrscht überwiegend Vorfreude. Darauf, dass ich noch mal die Chance habe, vor vielen Leuten zu spielen und Spiele zu bestreiten, in denen es um was geht. Man kann eine Saison auch austrudeln lassen, das ist bei uns nicht der Fall. Stattdessen geht es um alles. Ich freue mich sehr. Aber auch auf die Pause und den wohlverdienten Urlaub. Es war eine kräftezehrende Zeit.
Wie groß sind die Chancen, sich gegen die SG Wädenswil/Horgen mit dem erstmaligen Kreuzlinger Aufstieg in die Nationalliga A zu verabschieden?
Ich würde sie schon als sehr hoch ein-schätzen. Wir haben in der Punkterunde zweimal gegen Wädenswil/Horgen gespielt und zweimal gegen sie souverän gewonnen. Ich würde auch selbstbewusst behaupten, dass wir die beste Mannschaft der Nationalliga B sind, was sich im Klassement mit sieben Punkten Vorsprung widerspiegelt. Es wird kein Spaziergang, aber wir sind der Favorit und können das schaffen.
Es ist ein seltsamer Modus, wenn am Saisonende die ersten beiden Teams der Tabelle den Aufstiegsplatz ausspielen.
Das sehe ich genauso. Ich würde verstehen, wenn der Erste aufsteigt und Letzte aus der Nationalliga A runtermuss und es eine Relegation zwischen dem Zweiten und dem Zweitletzten gibt, wie in der Bundesliga. Es hat aber auch seinen Reiz. Ohne den Modus wären wir passiv aufgestiegen, wir sind in der Kabine nach dem Training Meister geworden. Nun stehen wir noch mal auf einer einigermaßen großen Bühne. Es wäre ein kurzer und schmerzloser Abschied geworden, so freue ich mich darauf.
Sie starten am heutigen Freitag, 20 Uhr, mit einem Heimspiel in die Playoffs im Modus „Best of 5“. Wird die Kreuzlinger Egelseehalle voll werden?
Ich glaube schon. Unsere Fans haben sich in dieser Saison noch etwas zurückgehalten. In den engen Spielen war aber einiges los. Die HSG Konstanz spielt auch nicht, sodass vielleicht der eine oder andere Handballbegeisterte aus Deutschland zu uns kommt.
Die Krönung wäre ein erster Matchball zuhause am 26. Mai, zwei Tage nach Ihrem 30. Geburtstag und eine Woche nach dem Europa-League-Triumph der Fußballer von Eintracht Frankfurt, für die Ihr Herz schlägt. Es wäre die ideale Gelegenheit für eine tolle Party.
Absolut, wenn‘s was zu feiern gibt, dann richtig. Ein, zwei Mal gab es diese Konstellation schon mit der Eintracht im DFB-Pokal-Finale, da haben aber entweder wir verloren oder die Fußballer. In diesem Jahr sind die Zeichen und Omen sehr gut. Es am Donnerstag selber in der Hand zu haben, wäre ein sehr großer Traum, der wahr werden würde.
Sie sind nach einem Intermezzo in Zürich wieder am Bodensee heimisch. Verfolgen Sie die Saison Ihres Ex-Vereins HSG Konstanz?
Die Punkterunde habe ich nicht so eng verfolgt, auch wenn ich mich noch regelmäßig mit Fabi Schlaich (Co-Trainer und früherer Spieler, d. Red.) treffe. Jetzt, wo‘s um die Wurst geht, schaue ich natürlich schon, wie sie spielen. Vorausgesetzt, es klappt zeitlich, werde ich ziemlich sicher zum Final-Heimspiel in der Schänzlehalle vorbeikommen.
Was würde Ihnen ein doppelter Aufstieg bedeuten?
Die Mannschaft der HSG hat ein neues Gesicht, es sind andere Protagonisten, die ihre eigene Geschichte schreiben. Es würde mich für den Verein freuen, und es wäre für die Region super. Meine beiden Vereine wären dann in der für sie höchsten Liga. Ich glaube, die Vorzeichen stehen ganz gut.
Was bleibt Ihnen in Erinnerung von Ihrer langen Zeit als Handballer?
Am meisten der erste Aufstieg mit der HSG Konstanz in die 2. Bundesliga 2016. Das war was ganz Neues, die Euphorie, die Feier, der Empfang auf einem Schiff vor sicher 300 Leuten. Da kam eine total neue Bewegung auf in einem Verein, der bis dahin ein relativ stabiles Gerüst hatte und ein solider Drittligist war. Wir haben als neue Generation einfach drauflosgespielt, waren unbedarft. Es war eine tolle Zeit, auch der erste recht souveräne Klassenerhalt mit der, meiner Meinung nach, besten HSG-Mannschaft, die es je gab. Der Erfolg war sogar noch größer, auch wenn es sich nicht so angefühlt hat wie beim Aufstieg. Man hat uns häufig unterschätzt, wir waren so die Hobbytruppe in der Liga, haben aber als Aufsteiger die Topteams, wie den späteren Aufsteiger Hüttenberg, zum Teil zweimal geschlagen.
Wie sieht Ihr Leben künftig aus? Ganz ohne Handball geht es wahrscheinlich nicht, oder?
Erstmal schon. Mal schauen, wie lange das geht. Ich habe schon überlegt, ob ich beim HSC Kreuzlingen was mache, das passt aber im Moment nicht. Ich brauche etwas Abstand. Ich werde den Job in meiner Firma wechseln und noch mehr zu tun haben. Vorher haben wir aber eine zweieinhalbmonatige Auszeit geplant, in der wir mit dem VW-Bus den ganzen Balkan bis nach Griechenland runterfahren wollen, und dann mit der Fähre nach Bari und die italienische Ostküste wieder hoch. In Albanien und Griechenland war noch gar nicht, das wird auch eine spannende Zeit.