Michael Rösch ist ein ganzer Kerl. Mit einem markanten Vollbart, der jedem Seemann zur Ehre gereichen würde, mit einer kräftigen Statur, mit Händen, die ordentlich zupacken können. Und doch ist der gebürtige Binninger einer, der vor allem mit dem Kopf arbeitet. Einer, der Visionen hat, sie akribisch plant und dann verwirklicht. Als selbstständiger Unternehmens- und Projektentwickler ebenso wie in seiner Freizeit als Fußball-Funktionär.

Vorzeitiges Karriereende und neues Terrain

Ein Projekt, das lange Zeit sein Leben geprägt hat, war allerdings keine Kopf-, sondern anfangs reine Herzenssache. 1995 lernte Michael Rösch Sonja Fauter kennen. Und wie das eben so ist in der Schnupperphase einer frischen Beziehung, waren auch bei dem Frischverliebten die Hobbys der Partnerin plötzlich im eigenen Fokus. Aber ausgerechnet Frauenfußball? „Ganz ehrlich: Zu der Zeit konnte ich rein gar nichts damit anfangen. Das war überhaupt nicht präsent für mich“, gesteht Rösch, der selbst beim SV Binningen gekickt hatte und in der A-Jugend zum FC 03 Radolfzell hatte wechseln sollen, ehe leider das Knie zickte und seine Karriere allzu früh beendete.

Das könnte Sie auch interessieren

Dann also Frauenfußball. Wenn die Sonja für den VfR Engen auflief, war der Michael dabei. Beziehungspflege halt. Erstmals beim großen Frauenfußballturnier im Stockacher Osterholz. „Zum Glück hat es da geregnet“, erinnert sich Rösch mit einem Schmunzeln, „da konnte ich mich beim Zuschauen ein bisschen unter dem Regenschirm verstecken“, gesteht der heute 52-Jährige. Echte Kerle und Frauenfußball – damals noch zwei Dinge, die so gut zusammenpassten wie Chilischoten und Sahne-Baisers.

Das könnte Sie auch interessieren

Je öfter Rösch aber bei den Engener Kickerinnen zuschaute, desto mehr wuchs bei ihm die Erkenntnis, „dass da wirklich tolle, talentierte Fußballerinnen dabei waren“. In einer Zeit, in der bundesweit der Frauenfußball noch in den Kinder-Kickschuhen steckte, wuchs in Engen auch dank des inzwischen verstorbenen Harald Presser etwas heran, das sein Interesse weckte.

Das könnte Sie auch interessieren

Vielleicht war es bei Michael Rösch damals noch keine große Vision. Aber auf alle Fälle der feste Wille, den Fußballerinnen aus dem Schattendasein herauszuhelfen. Anfangs noch in ganz kleinen Schritten. Über eigene Kontakte besorgte er für die Engener Mädels Trikots und Trainingsanzüge der renommierten Marke mit den drei Streifen, während die kickenden Männer des Clubs mit einem No-Name-Dress vorlieb nehmen mussten.

Erst Betreuer, dann Verantwortlicher

„Ein bisschen neidisch waren die Jungs da schon“, erinnert sich Rösch mit einem breiten Grinsen an die Reaktionen. Und da der Wahl-Radolfzeller einer ist, der es „wenn schon, dann richtig macht“, wurde seine Unterstützung für die Engener Frauen bald offiziell: 1998 noch als Betreuer, ein Jahr später als Verantwortlicher für den Frauenfußball beim VfR Engen.

Das könnte Sie auch interessieren

Visionen haben, akribisch planen, verwirklichen. Röschs Credo kam auch bei den Fußballerinnen des VfR Engen zum Einsatz. Neue Strukturen mussten her, ein Unterbau für die erste Mannschaft, bessere Nachwuchsförderung, ein durchdachtes Finanzkonzept. „Die Begeisterung war damals nicht allzu groß“, erinnert sich Michael Rösch, „anfangs gab es bei dem einen oder anderen im Verein auch Widerstand.“

Feste Größe in Südbaden

Inzwischen ist die Skepsis gewichen, ist man beim Hegauer FV, wie der Zusammenschluss zwischen dem VfR Engen und dem FC Welschingen-Binningen seit 2007 heißt, stolz auf die Fußballerinnen, die sich zu einer festen Größe in Südbaden entwickelt haben und auch schon zahlreiche Einsätze im DFB-Pokal bestreiten durften.

Das könnte Sie auch interessieren

Seit 2012 kümmert sich Rösch als Sportlicher Leiter auch um die kickenden Männer im Club – eine in Fußball-Deutschland eher außergewöhnliche Konstellation. Vor einem Jahr dann, nach 23 Jahren unermüdlichem Einsatz für den Frauenfußball, sah er die Zeit gekommen, „einen Schritt in die Zukunft zu machen“ und frischen Kräften die Verantwortung zu übergeben. „Mit Michaela Ruff, Christian Nagel und Daniel Jedlicka haben wir ein tolles Team, das sich nun um den Frauenfußball beim Hegauer FV kümmert. Der ist in guten Händen.“

Große Pläne für die Zukunft

Doch der Macher Rösch, dessen Lebensgefährtin Sonja Fauter ebenfalls als Junioren-Trainerin für den Verein aktiv ist, hat noch lange nicht genug. Die nächste Vision ist gemeinsam mit dem HFV-Vorstand längst geplant. Eine gemeinsame sportliche Heimat für den Verein, der noch an den drei Standorten in Engen, Welschingen und Binningen trainiert und spielt.

In Welschingen entsteht ein modernes Sportzentrum, ein Millionenprojekt für einen „modernen Verein, der mit ganz flachen Hierarchien geführt wird, der solide wirtschaftet, fünf aktive Mannschaften, Junioren-Teams in allen Altersklassen und drei Juniorinnen-Teams hat sowie auf Eigengewächse setzt“.

Im April ist Spatenstich für das ehrgeizige Vorhaben, das wohl nicht das letzte sein wird für Michael Rösch. Für einen Kopfmenschen, der auch auf Herz und Bauch hört.