Dieser Sport ist seine große Leidenschaft. Wolfgang Stolpa würde wohl niemandem widersprechen, der den 54-Jährigen als „fußballverrückt“ bezeichnet.
Der gebürtige Hesse, der seine Fußballlaufbahn nach dem Umzug seiner Familie von Kassel auf die Mettnau beim FC Radolfzell begann, trainiert aktuell den Bezirksligisten SC Markdorf, ist aber auch Torhütertrainer beim Oberligisten 1. FC Rielasingen-Arlen und betreibt die „Torwartschule Bodensee“. Dreigleisig als Trainer – für Stolpa nicht ungewöhnlich.
Kurios war der Start seiner Laufbahn. Bei seinem ersten Spiel in der E-Jugend wurde er, da er der Längste im Kader war, ins Tor gestellt. Und gegen den Nachwuchs des FC Singen 04 gab es gleich einen Crashkurs in Sachen „Ball aus dem Netz holen“. Denn das Spiel endete 0:17, doch statt andere Hobbys zu erwägen, stand für Stolpa fest: „Ich will Torhüter werden!“
Bereits in der D-Jugend lief es besser, die Radolfzeller wurden mit ihm im Tor südbadischer Meister, über die südbadische Auswahl wurde er für die U15-Auswahl des DFB nominiert, wo er sich mit dem späteren SC Freiburg-Kultkeeper Richard Golz um den Platz zwischen den Pfosten streiten musste und seinem Idol Toni Schumacher nacheiferte.
Beim Schritt zu den Aktiven gab es jedoch einen Einschnitt. „Ich hatte zwar ein Angebot der Stuttgarter Kickers, damals 2. Bundesliga, aber zuhause hieß es: „Mach erstmal eine Lehre, dann sehen wir weiter!“ Also Bäcker statt Profi, Stolpa kehrte sich zwischenzeitlich vom Fußball ab, nach der Ausbildung dem Reisen zu.
Sieht er das rückblickend als vertane Chance? „Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe, und mit dem, was ich nicht habe!“, sagt er, zumal es dann ja später doch noch in den Profibereich gereicht hat.
Beruflich und sportlich ging es weiter nach Randegg, danach als Jugendtrainer zum FC Steißlingen. Zeitgleich nahm er Kontakt zum FC Schaffhausen auf, wo er zunächst in der Jugend, später auch bei den Profis die Torhüter trainierte – unter anderem den heutigen Dortmunder Bundesligakeeper Roman Bürki.
Beim FC Steißlingen stieg er zum Trainer der ersten Mannschaft auf, als Ende der Saison 2003/04 der FC Radolfzell anfragte, ob er nicht die letzten fünf Saisonspiele beim damaligen Bezirksliga-Tabellenführer machen könne. Samstags beim FC Steißlingen, sonntags beim FC Radolfzell auf der Trainerbank, unter der Woche noch das Torhütertraining in Schaffhausen. „Ich bin nie zu spät gekommen!“, betont Stolpa, dass es – in Absprache mit den Clubs – stets gut geklappt habe.
Der „88. Minuten-Moment“
Die folgende Saison allerdings strapazierte die Nerven: Mit dem FC Radolfzell dank eines Treffer in der 88. Minute im letzten Saisonspiel den Abstieg verhindert, am Tag darauf an der Seite des Konstanzers Jürgen Seeberger mit dem FC Schaffhausen in die höchste Schweizer Spielklasse aufgestiegen.
Nach dem Aufstieg hieß es aber professionelle Strukturen schaffen, den Trainerstab aufzustocken. Stolpa und Seeberger grübelten über Kandidaten für den Co-Trainerposten, als der Chef-Trainer Stolpa vorschlug: „Dann mach es halt Du!“ Ausgerüstet mit einem Jahresvertrag startete Stolpa in das Projekt Profifußball.
Am Ende der Runde – das Team vom Rheinfall wurde als sicherer Absteiger gehandelt – wieder so ein „88. Minute-Effekt“. Zwei Wochen vor dem Auslaufen seines Vertrags gelang durch ein Tor in der Schlussphase des letzten Saisonspiels der Klassenerhalt und damit die Vertragsverlängerung!
Vier Jahre beim FC Schaffhausen, parallel zeitweise wieder beim FC Radolfzell, aber auch Torwarttrainer beim damaligen Oberligisten FC Singen. Dann die große Chance: Der Vertrag beim SV Darmstadt, bei dem in der Zwischenzeit Jürgen Seeberger Trainer war, lag bereit, doch als Stolpa zur Unterzeichnung ins Hessische fuhr, war Seeberger wenige Stunden zuvor entlassen worden, der Vertrag nichtig.
Parallel im Einsatz in der Schweiz
Unter Trainer Dirk Schuster starteten die „Lilien“ bis in die Bundesliga durch. „Da hätte ich eventuell auf den Zug in Richtung Bundesliga aufspringen können!“, sagt Stolpa.
Doch auch so wurde es ihm nicht langweilig. Parallel zu seinen Tätigkeiten im Schweizer Profibereich beim FC Winterthur und beim FC Luzern coachte er den FC Radolfzell in der Verbandsliga, ehe er im Jahr 2018 den Verbandsligisten FC Singen 04 übernahm, den Abstieg aber nicht verhindern konnte.
Mit nur vier Spielern musste er mit dem Traditionsclub einen Neuanfang starten, doch ohne Happyend – vorzeitige Entlassung. „Manchmal reicht es eben nicht!“, fasst er zusammen.
Nun, beim SC Markdorf, stand Stolpa wieder vor einem Neuanfang. Aus der zweiten und dritten Mannschaft rekrutierte er das Team, wohl wissend, dass es in der Bezirksliga schwer würde. Den „Rückschritt“ in die Bezirksliga sieht er gelassen: „Für mich ist es egal, wo ich im Amateurbereich tätig bin – es muss einfach Freude machen.“
Prominente Trainerkollegen
„Mach das, was Du machst, mit Leidenschaft!“, fasst er seine unruhige, aber facettenreiche bisherige Fußball-Laufbahn zusammen. Er durfte dabei mit Trainern wie Rolf Fringer, Axel Thoma, Jürgen Seeberger, Ciriaco Sforza oder Murat Yakin zusammenarbeiten, reichlich Erfolge feiern und emotionale „88. Minute-Momente“ durchleben, teilweise aber auch nicht wissend, ob sein Vertrag im Folgemonat noch gilt.
Und noch hofft der vierfache Vater, wieder mal ins Profigeschäft einsteigen zu können. Fußballverrückt eben!