eSports: – Am Ende überwog dann doch die Freude: „Vierte Runde, damit hat keiner gerechnet“, blickt Nico Möller auf ein spannendes Wochenende zurück. Gemeinsam mit Marcel Hölterhoff aus Dortmund und Dominik Brockmann aus Grenzach-Wyhlen startete er für den FV Degerfelden an der Playstation im DFB-ePokal: „Uns fehlten zwei Siege, um die Hauptrunde zu erreichen. Das wäre mit etwas Glück sicher drin gewesen.“

Nico Möller, in der Szene der Fifa-Spieler besser als „Molli4189“ bekannt, hatte mit Marcinho1992 und Brocky95 nacheinander den SV Niedernhausen/Hessen (2:1), den SV Vötting-Weihenstephan/Bayern (2:0) und den SC Waldgirmes/Hessen (2:0) besiegt. Gegen den Münchner SV Nord-Lerchenau kassierte Marcel Hölterhoff ein glattes 0:5, dann gelang Nico Möller der Ausgleich durch ein 2:1 – per Golden Goal. Nun lag es an Dominik Brockmann. „Er hatte zwei Pfostentreffer, unterlag dann aber mit 0:4“, zuckt Möller mit den Schultern.
Der 31-jährige Lagerlogistik-Facharbeiter aus Warmbach kennt sich aus. Seit einigen Jahren zockt er regelmäßig an der Konsole. Mittlerweile „streamt“ er seine Spiele, hat allein auf Facebook rund 2800 Abonnenten: „Zwischen 30 und 50 Zuschauer habe ich regelmäßig.“ Auch auf dem Twitch-Kanal können seine Spiel verfolgt werden.
Das eSport-Team des FV Degerfelden
In der Szene lernte „Molli“ den eingefleischten BVB-Fan Marcel Hölterhoff kennen. Der 28-Jährige spielte selbst aktiv, bis rauf in die Landesliga: „Wegen einer beruflichen Veränderung bin ich nur noch im eSports aktiv.“ Dritter im Bunde ist Dominik Brockmann, den Möller noch aus gemeinsamen Zeiten bei der SG Grenzach-Wyhlen kennt. Der 25-Jährige stammt aus dem bayerisch-schwäbischen Friedberg, hat deshalb sein Herz an den FC Augsburg verloren. An der Konsole ist er schon seit zwölf Jahren aktiv.

Dass das Trio jetzt für den FV Degerfelden für Furore sorgt, ist in erster Linie Kai Weber zu verdanken. Dem Sportchef und Spielertrainer der „Zweiten“ fiel sofort Nico Möller ein, als ihm auffiel, dass der Deutsche Fußballbund verstärkt in der eSport-Szene aktiv wurde: „Wir kennen uns seit Jahren und ich weiß, dass er richtig gut ist“, so Weber.
Zum Einstand meldete Weber das neue FVD-Team bei der inoffiziellen „Südbadischen Meisterschaft„ an, die vom VfR Hausen ausgerichtet wurde. Die Premiere verlief perfekt. Punktgleich mit dem TuS Legelshurst, aber mit der deutlich besseren Tordifferenz holten sich Molli, Brocky und Marcinho den Titel. „Vor dem Turnier war ich nervös wie nie zuvor. Immerhin spielte ich jetzt nicht für mich, sondern offiziell für einen Verein“, gibt Nico Möller offen zu, dass diese Generalprobe nicht mit links absolviert wurde.
Die Vorbereitung des Trios aber passte, beim Spiel-Wochenende im DFB-ePokal waren die Jungs hellwach: „Wir sind stolz, dass sie es so weit gebracht haben“, freut sich Weber, der schon überlegt, das Trio mit einem blau-weißen Trikot auszurüsten. Schließlich sollen sie schon im Januar wieder für den FV Degerfelden ran an die Konsole: „Es wird noch ein weiterer Startplatz in einer Art Trostrunde ausgespielt – der Traum von Berlin ist also noch nicht ganz ausgeträumt.“ Die Konkurrenz ist indessen enorm. Allein beim Qualifikationsturnier im Süden mit Clubs aus Hessen, Bayern und Baden-Württemberg, waren über 200 Teilnehmer am Start.
Darunter waren auch die in Runde zwei ausgeschiedenen AGS Lauchringen (FC Sucukmitei) sowie der SV Dogern (SVD1949) und der FV Haltingen (TraxZazen), die jeweils in der ersten Runde passen mussten: „Vielleicht schaffen wir es ja, die regionalen Clubs in einer eigenen Spielrunde zu organisieren“, regt Nico Möller an.

In Berlin treffen sich im Frühjahr die besten acht Teams der Hauptrunde zum Finale, spielen dann den mit 25.000 Euro dotierten Pokal aus: „Na, ob wir das schaffen...“, schmunzelt Nico Möller. Realistisch sei der Gedanke nicht, denn es gebe mittlerweile bei den Bundesligisten hochkarätige eSportler, mit denen er noch lange nicht mithalte.
Aber der Warmbacher gibt zu Bedenken gibt, dass auch an der Konsole der Pokal seine „eigenen Gesetze“ hat. Schließlich wird dieser Pokal im 90er Modus gespielt – was bedeutet, dass sämtliche eingesetzten Fifa-Spieler die gleiche Wertigkeit haben: „Die sehr guten Spieler werden gedrosselt, die weniger guten Akteure gepusht“, erklärt Möller: „So ist gewährleistet, dass alle Teilnehmer die gleiche Chance haben. Es kommt dann auf das Können des Zockers an.“

Und Nico Möller kann einiges am roten Spielgerät. Dieses Wissen gibt er gern weiter. Allein deshalb kann er sich mit der die Idee von Kai Weber anfreunden, dem FVD-Nachwuchs zusätzlich zum regulären Rasen-Training ein regelmäßiges Playstation-Training mit Molli anzubieten, findet Möllers Gefallen: „Ich bin täglich zwischen zwei und drei Stunden an der Konsole aktiv. Wenn es zeitlich passt – wieso nicht? Vielleicht ist das während Corona eine willkommene Abwechslung für die Kinder.“
Schließlich sei Zocken bei Jugendlichen total angesagt, weiß Nico Möller, betont aber auch, dass bei aller Liebe zur Konsole „nichts über ein echtes Fußballspiel auf echtem Rasen geht.“ Und so nimmt er sich auch gern Zeit, mit seiner Freundin Sonja zu Spielen der SG Grenzach-Wyhlen zu gehen. Seine Partnerin hat übrigens auch ein Händchen für die Playstation: „Allerdings zockt sie nicht Fifa„, grinst er verschmitzt und versichert: „Nein, ich habe sie nicht beim Zocken kennengelernt.“
Auf dem Straßenfest in Stetten war es, als sich Nico und Sonja erstmals begegneten. Und wer nun glaubt, dass sich das Paar abseits der Arbeit nur noch in getrennten Zimmern aufhält, sich den Internetzugang teilt und sich notfalls per Chat zum Abendessen verabredet, sieht sich schnell getäuscht.
Den Beiden liegt nicht nur die Konsole am Herzen, sondern auch der auslauffreudige Vierbeiner, der seine täglichen Runden einfordert. „Außerdem haben wir einen Garten, in dem wir uns im Sommer gern aufhalten“, betont Nico Möller, dass er durchaus mit beiden Beinen im realen Leben steht: „Und an der Fasnacht – sofern sie nicht wegen Corona ausfällt – bin ich mit den Rätsche Waggis unterwegs.“ Nico Möller ist nicht nur Gründungsmitglied der 2013 ins Leben gerufenen Clique, sondern steht seit einiger Zeit auch an der Spitze.