Sobald Walter Erne anfängt, über Kai Brünker zu sprechen, strahlt er über das ganze Gesicht. Wobei der 83-Jährige beim Gespräch mit dem SÜDKURIER auch manchmal etwas unglaubwürdig mit dem Kopf schüttelt.
Na klar, auch für den Schwenninger ist es freilich kaum zu fassen, was Brünker in dieser DFB-Pokal-Saison leistet.
Immer wieder betont Erne, wie „wahnsinnig stolz“ er auf den 29 Jahre alten Stürmer ist, der am Dienstag, 2. April (20.45 Uhr/ARD) mit dem Drittligisten 1. FC Saarbrücken im Halbfinale des DFB-Pokals den Zweitliga-Club 1. FC Kaiserslautern empfängt.
Stolz auf den Mann, der mit seinem Team den Karlsruher SC, FC Bayern München, Eintracht Frankfurt und Borussia Mönchengladbach besiegte und dabei dreimal zum Matchwinner avancierte.
Der Beginn einer außergewöhnlichen Karriere
Aber eben auch stolz auf den Mann, der seine Fußballer-Karriere einst als kleiner Steppke beim FC Kappel, einem Dorfverein in der Nähe von Villingen-Schwenningen, begann.
Auf seinem ersten Spielerpass lächelt der junge Kai seine Zahnlücke weg: Geboren am 10. Juni 1994, spielberechtigt für Kappel ab dem 7. September 2001.
„Kai war extrem talentiert, konnte auf allen Positionen spielen, war schnell, dribbelstark und torgefährlich“, erinnert sich Erne, der damals die Jugend-Mannschaft um Kai Brünker gemeinsam mit dessen Vater Dirk trainierte.
Doch Erne, der beim FC Kappel zudem 20 Jahre als Jugendleiter und 17 Jahre als Vorsitzender fungierte, schätzte nicht nur die fußballerischen Fähigkeiten seines damaligen Schützlings. „Kai war ein super Kerl.
Bodenständig, offen, er hob nie ab. Und auch wenn er ein bisschen ballverliebt war, hat er schnell gelernt, auch seine Mitspieler einzubinden. Es hat viel Spaß gemacht, ihn zu trainieren.“
Schwerer Schicksalsschlag
Wenn Erne über Kai Brünker spricht, strahlt er, auch wenn er nur noch gelegentlich mit ihm Kontakt habe. „Es ist verrückt. Damals war er so ein kleiner Bub und heute ist er so ein Brecher im Sturm.
Deswegen nennen ihn ja auch alle Panzer. Es ist klasse, wie sich Kai entwickelt hat.“ Wobei Brünker unabhängig von seiner Statur schon immer ein Kämpfer gewesen sei, erzählt Erne. „Das hat er von seinem Vater Dirk.“
Für einen Moment wird es still im Wohnzimmer des Schwenningers. Das Strahlen bei Erne entflieht, die Mundwinkel sinken. Aus gutem Grund: Der 83-Jährige war mit Dirk Brünker, der vor knapp anderthalb Jahren 77 Tage lang vermisst wurde, ehe sein Leichnam gefunden wurde, befreundet.
„Dirk war nicht nur ein guter Fußballer, sondern ein ganz feiner Mensch. Ich kenne seine Familie gut. Es ist schlimm und traurig, was passiert ist.“

Umso bemerkenswerter ist es für Erne aber, wie Kai Brünker diesen schweren Schicksalsschlag von Beginn an angenommen habe. Ein Kämpfer eben. „Ich ziehe meinen Hut vor Kai, wie er diese Situation meistert.
Er wollte nie Mitleid, das ist nicht seine Art. Kai ist ein Typ, der positiv nach vorne schaut. Der Fußball hat ihm enorm geholfen, da bin ich mir sicher.“
Ehrgeizig schon als Junge
Und das, obwohl es beim Angreifer in Sachen Fußball nicht immer steil bergauf ging. Vor einigen Jahren habe er bei seinem Jugendtrainer Walter Erne mal angerufen und gefragt, ob er sich ein zweites Standbein aufbauen solle.
„Ich meinte dann zu ihm, dass das immer sinnvoll ist.“ Gesagt, getan. Denn Brünker ist ja nicht nur Fußballer, sondern auch gelernter Elektriker.
Auf letzteres muss er sich aktuell aber ja nicht konzentrieren. Schließlich hat sich Kai Brünker durchgebissen. Nach Stationen im Aktivenbereich beim FC 08 Villingen, SC Freiburg II, Bradford City (England), Sonnenhof Großaspach und dem 1. FC Magdeburg hat er sich nun beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken, für den er seit dem seit Sommer des vergangenen Jahres aufläuft, eine wichtige Rolle im Sturmzentrum erarbeitet.
„Ich habe die vergangenen Jahre immer verfolgt, wie es bei ihm läuft. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass er es noch in eine höhere Liga schafft“, sagt Erne.
Auch wenn man nur schwer abschätzen könne, ob einem jungen Spieler der Sprung in den Profibereich gelingt, habe Erne bei dem Villinger schon früh ein gutes Gefühl gehabt. „Kai wollte immer.
Er hatte diesen Ehrgeiz schon als Junge.“ Und diesen zeige er nach wie vor – in jedem Spiel. Zuletzt eben auch im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Borussia Mönchengladbach, dem Lieblingsverein von Walter Erne.
Erne drückt von zuhause die Daumen
„Er war überall, ist jedem Ball nachgelaufen. Aber das gilt auch für seine Mannschaftskollegen. Es ist eine Freude, die Spiele von Saarbrücken anzuschauen.“
Daher wird Walter Erne natürlich auch seinen Fernseher einschalten, wenn der 1. FC Saarbrücken durch einen Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern das Wunder perfekt machen und ins Pokal-Finale am 25. Mai im Olympiastadion in Berlin einziehen könnte.
„Natürlich ist Kaiserslautern als Zweitligist der Favorit, aber wenn Saarbrücken wieder so eine Mannschaftsleistung zeigt wie in den vergangenen Runden, muss sich Kaiserslautern warm anziehen“, sagt Erne, der Brünker & Co. die Daumen drückt.
Freuen würde er sich für den 29-Jährigen, aber auch für alle Mitglieder und Fans in seiner sportlichen Heimat. „Der FC Kappel kann stolz sein, dass Kai Brünker hier Fußball gespielt hat. Bei uns hat alles angefangen.“
Ein Trikot mit der Nummer neun von ihm hängt im Vereinsheim. Walter Erne zeigt das Foto und strahlt. So wie er das eben tut, wenn er anfängt, über Kai Brünker zu sprechen.