Eishockey: Jamie MacQueen ist zurück bei den Schwenninger Wild Wings. Nicht sehr viele Experten hätten nach seiner unrühmlichen Suspendierung in der vergangenen Saison mit seiner Rückkehr gerechnet. Der Stürmer selbst schon – und er hat das Thema ad acta gelegt.
„Gut.“ Die Antwort auf die Frage, wie es ihm mit seiner etwas überraschenden Rückkehr zu den Wild Wings geht, kommt prompt und unmissverständlich. Und sie wirkt glaubwürdig. MacQueen freut sich augenscheinlich, wieder in Schwenningen zu sein. Entspannt sitzt er in der nur mäßig wärmenden September-Sonne auf der Treppe zum Parkplatz hinter der Helios Arena. „Ich bin gerne wieder gekommen“, fügt er lächelnd an. Ja, der 32-Jährige ist schon seit neun Jahren Eishockey-Profi und hat einiges erlebt und gesehen. Doch der vergangene November dürfte auch ihm noch lange und lebhaft im Gedächtnis bleiben.
Nach einem miserablen Saisonstart trafen die Verantwortlichen der Wild Wings am Montag, 18. November 2019, eine denkwürdige Entscheidung. Am Tag nach der 1:4-Niederlage in Nürnberg vor 600 mit dem Sonderzug angereisten SERC-Fans rang man sich zu einer ebenso drastischen wie ungewöhnlichen Maßnahme durch: Man suspendierte seinen bisherigen Top-Torschützen Jamie MacQueen. Der Kanadier nahm bereits am nächsten Tag nicht mehr am Training teil. Es folgten heftige Diskussionen rund um diese Entscheidung. Die offizielle Begründung las sich nicht gerade freundlich, es ging unter anderem um mangelnde Identifikation mit dem Klub. Für viele Fans aber war der Stürmer eher ein Bauernopfer. Vier Wochen später wurde der Vertrag mit MacQueen für die laufende Saison aufgelöst. Der Kanadier schloss sich den Iserlohn Roosters an.
„Ich weiß bis heute nicht, weshalb ich gehen musste“, erklärt der Familienvater. „Ich weiß nur, dass die Vorwürfe, die teilweise kursierten, nicht wahr sind. Aber das ist Vergangenheit.“ Mit diesen Worten gibt er klar zu verstehen, dass dies alles sein wird, was er zu dem Thema sagen möchte. Natürlich war es eine schwere Zeit für ihn, so viel gibt er zu. Drei Wochen vor dem Eklat waren seine beiden Töchter Harlow und Hallie geboren worden. Die Zwillingsmädchen machten dem Papa diese schwierigen Wochen zumindest etwas leichter. „Ich hatte viel Zeit, auch für meinen Sohn Jax, und konnte meiner Frau helfen“, sagt Jamie MacQueen. „Aber klar, war es auch kompliziert. Ich hatte ja einen Zweijahresvertrag unterschrieben. Wir waren gerade so richtig angekommen und plötzlich wussten wir nicht, wie es weitergeht. Aber auch das ist abgehakt, wir schauen nach vorne.“
Die Saison in Iserlohn verlief für MacQueen leidlich gut. 15 Punkte (sechs Tore, neun Assists) standen am Ende zu Buche, eine Weiterverpflichtung wurde seitens der Sauerländer aber zeitnah ausgeschlossen. Dann kam die Corona-Pandemie. „Es gab in den letzten Monaten sicher viel Wichtigeres als die Frage nach meiner sportlichen Zukunft“, meint der Mann aus Ontario. „Wir hatten in Kanada einen kompletten Lockdown und ich habe mich vor allem um meine Familie gekümmert.“ Existenzängste hatte aber auch der Stürmer sehr wohl. „Ich bin schließlich keine 20 mehr und eine Eishockey-Karriere dauert in der Regel nicht so lange. Ich hatte schon Sorgen“, so MacQueen. Im frühen Sommer meldeten sich die Wild Wings. Man besprach, ob der Linksaußen seinen Vertrag erfüllen könnte und möchte. „Die Entscheidung war sehr einfach“, sagt er. Und fügt mit einem breiten Grinsen an: „Ich wollte ja auch nie weg.“
Ausschlaggebend waren dabei sicher auch die neuen sportlich Verantwortlichen am Neckarursprung. Neuer Manager, neuer Trainer, runderneuertes Team – und ein neuer Jamie MacQueen? „Als Spieler sicher nicht“, stellt dieser klar. „Ich werde wie immer hart arbeiten, hart spielen und versuchen, dem Team zu helfen. Aber als Mensch habe ich natürlich auch darüber nachgedacht, was ich im letzten Jahr gemacht oder vielleicht nicht getan habe. Ich würde es nicht unbedingt einen Lernprozess nennen, aber man macht sich seine Gedanken.“ Was im Übrigen auch für die Reaktion der Fans der Wild Wings gilt. Vor einem knappen Jahr hat er sich bewusst von allen Medienberichten und sonstigen Nachrichten ferngehalten. „Ich kann nur hoffen, dass sie mich gut empfangen. Aber ein bisschen unsicher bin ich natürlich schon.“
Bevor sich allerdings diese Unsicherheit beseitigen lässt, muss die Deutsche Eishockey Liga erst mal in die Saison starten. Auch „Queener“, so sein Spitzname, scharrt bereits mit den Kufen. „Wir sind absolut bereit und möchten endlich anfangen, auch wenn wir wissen, dass die Sicherheit der Zuschauer vorgeht“, sagt der Linksschütze. Und was erwartet er von den Schwenningern, so sie denn spielen dürfen? Die Antwort kommt prompt: „Was ich bis jetzt gesehen habe, ist es ein sehr gutes Team. Ich erwarte uns in den Playoffs.“