Eishockey: Ein merkwürdig wichtiges Wochenende steht den Wild Wings bevor. In den Spielen gegen die Nürnberg Ice Tigers am Freitagabend in Franken (19.30 Uhr) und zuhause in der Helios-Arena am Sonntag gegen die Bietigheim Steelers (14 Uhr) sind die Schwenninger ein bisschen zum Siegen verdammt.
Bis vor etwa zweieinhalb Wochen hätte man die beiden anstehenden Spiele der Wild Wings wohl noch mit anderen Augen gesehen. Gegen den Tabellenneunten aus Nürnberg und das Schlusslicht Bietigheim wären die Schwenninger keinesfalls als Favoriten in die Partie gegangen. Gegen die Ice Tigers dürfte das auch am Freitag nicht der Fall sein. Zu überzeugend haben die Franken in den vergangenen Wochen immer wieder agiert. „Sie sind vor allem offensiv wirklich stark. Und da geht zunächst mal der Glückwunsch an Patrick Reimer als neuer DEL-Topscorer, obwohl er diesen ‚Titel‘ ja meinem Bruder einfach so weggenommen hat, ohne zu fragen“, hat Schwenningens Headcoach Christof Kreutzer zunächst einmal ein humoriges Lob parat.
Für die zuletzt drei Mal in Folge siegreichen Schwäne gilt es aber wie immer zunächst, auf sich selbst zu schauen. Und da sehen Team und Trainer eine etwas dezimierte Aufstellung. Mit Niclas Burström, der am Donnerstagmorgen an der Hand operiert wurde, und Peter Spornberger fallen zwei Verteidiger aus, Stürmer Tyson Spink wird ebenfalls fehlen. Bei Abwehrspieler John Ramage wird man erst kurzfristig entscheiden, ob er in Nürnberg auflaufen kann. „Die Ausfälle schmerzen natürlich allesamt, zumal ja auch alle Leistungsträger sind. Aber die Mannschaft wird das kompensieren, das hat sie ja auch schon gegen Straubing gezeigt“, ist der Cheftrainer dennoch zuversichtlich.
Nicht ganz so glücklich ist Kreutzer natürlich damit, seine zuletzt gut funktionierenden Reihen nun wieder auseinanderreißen zu müssen. „Es hilft ja nichts. Wir werden die Kräfte etwas verteilen, versuchen aber zumindest Pärchen beieinander zu lassen. Drei Sturmreihen müssen wir aber wohl umstellen und angesichts von möglicherweise drei fehlenden Verteidigern wird es auch hier Änderungen geben“, so der Übungsleiter. Sollte Ramage spielen können, wird vermutlich der junge Förderlizenzspieler Philip Feist als 13. Stürmer mitreisen. Muss Ramage weiter passen, erhält wohl Eigengewächs Kai Zernikel eine Chance in der Verteidigung. Beide wurden vom Kooperationspartner Freiburg aus der DEL2 zurückgeholt. Keine Änderung wird es wahrscheinlich auf der Torhüterposition geben. Da Marvin Cüpper derzeit die beste Fangquote der Liga aufweist, besteht in dieser Hinsicht auch keine Not. Der sich in Corona-Quarantäne befindende Joacim Eriksson fühlt sich nach wie vor gut. Somit besteht die Hoffnung, dass bei der schwedischen Nummer eins der Schwenninger die Tests in der kommenden Woche negativ sein werden und der 31-Jährige wieder ins Training einsteigen kann.
Derweil werden seine Kollegen ordentlich arbeiten müssen. Für beide Gegner ruft der Trainer weiter das Motto „stabile Defensive zuerst“ aus. „Verletzungen sind immer doof“, meint auch der zum Verteidiger umfunktionierte Marius Möchel, der zu den „Betroffenen“ zählt, die nun Mehrarbeit verrichten müssen. Der gelernte Stürmer wechselte in den letzten Wochen häufig zwischen Offensive und Defensive. Aber auch der gebürtige Nürnberger lässt Ausfälle nicht als mögliche Entschuldigung zu. „Dann müssen eben andere in die Bresche springen und Verantwortung übernehmen. So haben wir es ja im letzten Spiel schon gelöst und so müssen wir auch in die nächsten Spiele gehen“, erklärte Möchel.
Zumindest am Sonntag gegen Bietigheim dürfte dann auch noch eine gehörige Portion Druck dazukommen. Schließlich erwarten die eigenen Fans einen Sieg gegen den schwäbischen Rivalen und Tabellenletzten. „Wir müssen uns diesem Druck stellen und werden das auch. Es gilt dann von Anfang an quasi noch bereiter zu sein, als sonst“, blickt Kreutzer auf das Baden-Württemberg-Duell voraus. Zu diesem werden im Übrigen rund 400 Bietigheimer Fans erwartet. Die Helios-Arena darf auf Grund der neuen Bestimmungen zu 50 Prozent ausgelastet werden. Für alle Besucher gilt die 2G+-Regel.
Die Gegner der Wild Wings
Nürnberg Ice Tigers: Erst einmal gilt es, sich zu verneigen: Patrick Reimer, Stürmer in Nürnberg, ist seit vergangenem Mittwoch alleiniger Topscorer der DEL-Historie. 798 Punkte hat der 38-Jährige in 18 Jahren in dieser Liga erzielt. Der gebürtige Mindelheimer überholte damit Daniel Kreutzer, Bruder des Wild-Wings-Trainers Christof Kreutzer. „Sicherlich eine Wahnsinnszahl. Ich bin froh, dass es jetzt geschafft ist, jetzt können wir uns wieder auf andere Themen konzentrieren“, meinte Reimer. Nun denn. Seine „Eistiger“ stehen derzeit gar nicht so schlecht da. Als einer der Abstiegskandidaten gehandelt, stehen sie nun in den Top Ten. Nicht ganz so sattelfest ist die Defensive mit bereits 70 Gegentoren. Auch nicht rund läuft es im Powerplay mit nur acht Toren bei 60 Gelegenheiten. Zudem fällt der Backup und Ex-Schwenninger Ilya Sharipov verletzungsbedingt länger aus. Die Franken holten mit Alex Dubeau einen Ersatz bis Mitte Januar.
Bietigheim Steelers: Manchmal ist es nicht ganz so schön, wenn man Expertenprognosen bestätigt. Tatsächlich stehen die Schwaben aber mittlerweile genau auf dem Tabellenplatz, die eben diese vor der Saison ziemlich einhellig vorhergesagt hatten. Nach einem wirklich tollen Beginn des Aufsteigers wurde das Team von Trainer Danny Naud deutlich eingebremst. Ein erwartbarer „Rückschritt“ angesichts der doch sehr eingeschränkten finanziellen Mittel und damit einer verbesserten DEL2-Mannschaft. Zudem fiel Torhüter Sami Aittokallio die letzten vier Wochen aus, der Ex-Schwenninger Daniel Weiß ist ebenfalls verletzt. Eine große Schwäche der „Stahlarbeiter“ ist die Defensive. Mit bislang 87 Gegentoren in 22 Spielen kassiert man pro Spiel beinahe vier „Kisten“. Richtig gut eingeschlagen haben beim Neuling die Stürmer Brendan Ranford (20 Scorerpunkte) und Riley Sheen (19).