Silvan Paganini hat einen großen Traum, der zu platzen droht. Der technische Betriebsleiter Nautik und Werft der Schweizerischen Bodensee-Schifffahrt AG (SBS) hat sich in den Kopf gesetzt, das 1892 gebaute Dampfschiff „Säntis“ vom Grund des Bodensees heraufzuholen und der Öffentlichkeit als Zeuge einer längst vergangenen Zeit auf der Bunkerwiese in Romanshorn zugänglich zu machen.

Die SBS hatte zuvor eine Machbarkeitsstudie finanziert, die Paganini mit Experten, darunter Sedimentologen, Geologen und Schiffsbauer, erstellt hat. Das Ergebnis: Die einzigartige Bergungsmission ist technisch möglich.

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Der von Paganini für das Projekt gegründete Schiffsbergeverein braucht mindestens 196.000 Franken, damit die Pläne Wirklichkeit werden können. Die Geldsammlung über die Crowdfunding-Plattform „Lokalhelden“ läuft aber nicht wie gewünscht. Im Moment liegt der Kontostand bei rund 141.000. Es fehlen also noch fast 60.000 Franken.

Kulturamt erteilt Absage

Paganini machte sich deswegen bis vor wenigen Tagen keine Sorgen. Er ging davon aus, dass der Kanton für den Restbetrag aufkommen wird. Der Schiffsbergeverein war Ende Mai mit einem entsprechenden Gesuch ans Kulturamt gelangt. In den Gesprächen mit den zuständigen Personen dort bekam er den Eindruck, dass alles auf gutem Weg sei. Doch dann musste Paganini erfahren, dass er sich geirrt hatte. Das Kulturamt teilte ihm mit, dass es keine Gelder aus dem Lotteriefonds gebe.

„Aus einer touristischen Perspektive können wir Ihr Anliegen und Ihr Vorhaben durchaus nachvollziehen. Aus kultureller Perspektive und gestützt auf unsere Fachexpertinnen und Fachexperten erachten wir die Bergung des Dampfschiffs ‚Säntis‘ jedoch für den Kanton Thurgau als wenig zielführend“, heißt es im Schreiben des Kulturamtes an die Adresse von Paganini. Denn das Wrack sei im See konservatorisch am besten aufgehoben. Darüber hinaus könne aus kulturhistorischer Sicht nicht davon ausgegangen werden, dass die Bergung einen erheblichen Erkenntnisgewinn bringe, zumal das Dampfschiff bereits gut dokumentiert sei.

Paganini kann den abschlägigen Entscheid aus Frauenfeld nicht nachvollziehen. Seiner Meinung nach erfüllt das Projekt alle Bedingungen, die das Kulturamt in seinen Richtlinien an eine Unterstützung knüpft. Es finde überregionale Beachtung und sei von überregionaler Bedeutung. Es stoße auf Resonanz beim Publikum, in Fachkreisen und in den Medien. Und es stärke das kulturelle Leben und damit die Standort- und Lebensqualität im Kanton.

Es gibt noch viele offene Fragen

In Zweifel zieht Paganini die Einschätzung, wonach das Dampfschiff auf dem Grund des Bodensees am besten konserviert sei. „Unsere eigenen Fachleute kommen zu einer anderen Einschätzung der Situation.“ Gut dokumentiert sei die „Säntis“ hauptsächlich dank der Arbeit des Schiffsbergevereins. Dass diesem die umfassenden Recherchen jetzt zum Verhängnis werden sollen, findet Paganini befremdlich. Vor allem sei die Geschichte längst nicht fertig geschrieben. „Es gibt noch viele offene Fragen zu klären.“

Richtig weh tut Paganini, dass das Kulturamt die kulturhistorische Bedeutung des Unterfangens und damit das ganze Projekt grundsätzlich infrage stellt. „Das ist wie ein Messerstich in den Rücken.“ Es könne doch nicht sein, dass Primarschulen Geld vom Kanton erhalten, wenn sie mit Schülerinnen und Schülern ins Kino gehen, wo ein Dokumentarfilm laufe. Und für die Bergung der „Säntis“ gebe es keinen Rappen, obwohl die Kasse des Lotteriefonds gut gefüllt sei. „Das verstehe ich nicht.“

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Zumal der Kanton, der sich bei kulturellen Projekten normalerweise mit bis zu einem Drittel an den Kosten beteilige, im konkreten Fall günstig wegkommen würde, sagt Paganini. Das Budget für die Bergung betrage rund 1 Million Franken. Dank Gratis-Leistungen Dritter, wie der SBS, bräuchten sie nur 200.000 Franken Spendengelder – also maximal rund 60.000 Franken aus dem Lotteriefonds.

Der Schiffsbergeverein hat die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, dass beim Kanton doch noch eine Tür aufgeht. Sie seien im Gespräch mit den zuständigen Stellen, sagt Paganini. Die Zeit wird allerdings knapp. In einer Woche läuft die Frist fürs Crowdfunding ab. Erreicht der Verein bis dahin die Finanzierungsschwelle von 196.000 Franken nicht, fließt kein Geld. Auf die Schnelle neue Geldgeberinnen und Geldgeber zu finden, ist schwierig. „Wir sind nochmals auf die großen Spenderinnen und Spender zugegangen. Leider war niemand bereit, mehr zu geben.“

Markus Schoch ist Reporter unserer Partnerzeitung „Thurgauer Zeitung“.