Silvan Paganini wirkt voller Zuversicht, wenn er über die geplante Bergung des Dampfschiffes „Säntis“ spricht. Nach zwei gescheiterten Versuchen, das auf dem Grund des Bodensees liegende Wrack zu bergen, soll es nun endlich gelingen, sagt er mit einem Lächeln im Gesicht. Für den Ingenieur und seine Kollegen vom Schiffsbergeverein in Romanshorn ist das Ziel noch immer zum Greifen nah.

Paganini zeigt auf einige Holzkisten aus China, die vor der Werft stehen: „Da drin sind unsere Hebesäcke und das Material für die Bergung. Es steht eigentlich fast alles bereit. Würden wir wollen, könnten wir morgen mit der Bergung weitermachen.“ Der Verein habe sich nach dem Untergang der Hebeplattform zusammengerauft und entschieden, noch einmal zu versuchen, das Dampfschiffwrack zu bergen.

Der letzte Bergungsversuch im Mai scheiterte an einer technischen Panne: Beim Herablassen der Bergeplattform versagte die Bremse der Winde, sodass nicht schnell genug Luft in die Tanks der Plattform gepumpt werden konnte, um diese zu stabilisieren. Schließlich rauschte die Bergeplattform unkontrolliert ins Wasser. Ein herber Rückschlag. Viele dachten, das Projekt sei gescheitert.

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Doch die Crew um Paganini hat nicht aufgegeben. Ein neuer Tauchroboter, der mit Greifarmen auch komplizierte Manöver unter Wasser durchführen kann, wurde konstruiert und zusammengebaut. Ebenso wurde neue Technik für mehrere zehntausend Franken angeschafft.

Tüftler Paganini schwärmt: „Superman wäre neidisch auf uns: Denn wir können unter Wasser sehen, was das Auge nicht sieht. Wir haben dafür ein Multibeam-Sonar verbaut, doch der Gamechanger ist der Sidescan-Sensor, mit dem man Unterwasserkarten in Echtzeit erstellen kann. Damit können wir sehen, was sich um den Roboter befindet. Weiter haben wir ein hydroakustisches Positionsreferenzsystem, damit wir die Position des Tauchroboters immer bestimmen können, denn GPS funktioniert unter Wasser nicht.“

Eine Skizze des Schiffsbergevereins: Die Motorfähre „Euregia“ müsste für den Transport des „Säntis“-Wracks umgebaut werden.
Eine Skizze des Schiffsbergevereins: Die Motorfähre „Euregia“ müsste für den Transport des „Säntis“-Wracks umgebaut werden. | Bild: Schiffsbergeverein

Ein Haufen teurer Technik mit komplizierten Bezeichnungen, nur um das Chaos auf dem Seeboden aufzuräumen? Paganini relativiert: „Wir waren aufgrund der Herausforderung gezwungen, unsere Technik zu verbessern. Diese wird beim nächsten Bergungsversuch von unsagbarem Wert sein. Wir glauben daran, dass wir das können“, sagt Paganini. Darum sei das Credo des Vereins: Jetzt oder nie!

Auf Bergungsmission an den Comer See

Der große Medienrummel um die Bergung habe auch international für viel Aufsehen gesorgt. So auch in Italien. Im Sommer versank im Comer See der Jetski eines Österreichers an einer Stelle, die rund 100 Meter tief sein soll. Paganini bekam einen Anruf von ihm: „Der Besitzer fragte uns, ob wir seinen Jetski bergen können. Die Behörden hätten aufgegeben.“ Der Verein organisierte sich und fuhr mit einer kleinen Crew und einem Boot nach Italien.

„Wir kannten nur die ungefähren Koordinaten, wo der Jetski versunken ist. Es war komplett ungewiss, ob wir überhaupt etwas finden“, sagt Paganini. Mit der neuen Tauchdrohne und den Hightech-Sensoren habe man dann den rund anderthalb Meter langen Jetski am Grund des Comer Sees lokali­sieren und schließlich bergen können: „Wir haben eigentlich genau so gearbeitet wie am Dampfschiffwrack, einfach in einem viel kleineren Maßstab“, erklärt Paganini.

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Die Mission am Comer See war auch ein finanzieller Anreiz für den Verein. Bis Ende Januar soll abermals über ein Crowdfunding das Geld für die geplante Bergung des Dampfschiffes zusammenkommen. Ein ganz schöner Batzen: 1 Million Franken (entspricht derzeit 1,06 Millionen Euro) soll die Aktion kosten, das Schiff aus der Tiefe zu holen.

Paganini gibt sich zuversichtlich: „Wir haben schon viele Vorträge halten dürfen und sind in Kontakt mit möglichen Großinvestoren. Am Ende wird es wieder einen Spendenkrimi geben – wie beim ersten Anlauf.“ Für den ersten Bergungsversuch sammelte der Verein 250.000 Franken und startete so mit einem relativ niedrigen Budget. Paganini sagt, genau da sei ein Knackpunkt: „Wir budgetieren nur, was notwendig ist. Jeder Rappen wird dreimal umgedreht, wir müssen knapp kalkulieren.“

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Bisher wurden rund 15.000 Franken für die erneute Dampfschiffbergung gespendet. Doch täusche diese Zahl, sagt Paganini. Das Vereinsvermögen und die privaten Spenden seien darin noch nicht enthalten. Neben Geld seien auch mehrere Unternehmen mit Sachspenden in die Bergung des Dampfschiffs involviert.

Raphael Rohner ist Reporter unserer Partnerzeitung „Thurgauer Zeitung“, in der dieser Beitrag zuerst erschien.