Ruhig und konzentriert sitzt er da, auf dem dick gepolsterten Sitz im Steuerhaus. Vor ihm reihen sich Bildschirm an Bildschirm nebeneinander auf. Sein Blick wechselt zwischen den Monitoren und der klaren Sicht durch die große Glasscheibe hin und her.
Eine Stimme aus dem Funkgerät bricht plötzlich laut rauschend die Ruhe. „Wild Maa, bitte kommen. Kann ich passieren?“ Es ist der Kapitän einer kleinen unmotorisierten Fähre, die in Basel Passanten von einem Ufer auf das andere übersetzt.
David Engasser antwortet mit seinem französischen Akzent kurz und bündig: „Ja, kein Problem.“ Eine alltägliche Situation für den 43-jährigen Schiffslotsen. Normalerweise transportiert er mit dem Schubboot „Wild Maa“ tonnenschwere Leichter sicher durch den Rheinabschnitt zwischen Muttenz Au und Basel-Kleinhüningen.
Das Tor zum internationalen Handel
Leichter, das sind oft antriebslose, schwimmende Ladungsbehälter mit geringem Tiefgang. Gemeinsam mit einem motorisierten Schiff ergeben sie einen sogenannten Schubverband. Auf diese Weise transportieren viele Logistikunternehmen ihre Waren über den Rhein – bis nach Rotterdam.
Heute aber ist es ruhig und der Schiffslotse fährt ohne angehängte Last. „Wir wissen vor Schichtbeginn häufig nicht, wie viele Berg- und Talfahrten auf uns warten. Das ist immer anders“, beschreibt Engasser.
In den drei Hafenteilen Basel-Kleinhüningen, Birsfelden und Muttenz Au schlagen Unternehmen und ihre Mitarbeiter jährlich sechs Millionen Tonnen Güter und über 100.000 Container um. Das entspricht rund zehn Prozent aller Schweizer Importe.
Jeder dritte Liter Mineralöl und jeder vierte Container werden über die Terminals in den Rheinhäfen abgewickelt. Kein Wunder, denn der Handel über den Rhein ist schnell und staufrei.
Spezielles Patent für die Schweiz
Doch neben den Schubfahrten mit dem „Wild Maa“ übernimmt Engasser auch fremde Schiffe mit eigenem Antrieb tagtäglich. Warum? Die meisten Kapitäne dürfen im Gebiet der Schweizerischen Rheinhäfen nicht selbst fahren. Mit dem europäischen Patent kommen sie hier nicht weit. Dafür stellen die Schweizerischen Rheinhäfen Schiffslotsen wie David Engasser.
Abwechselnd mit sechs weiteren Kollegen navigiert er täglich tonnenschwere Schiffe sicher durch das Hafengebiet, während die eigentlichen Kapitäne in Ruhe einen Kaffee genießen können – jeden Tag zwischen 5 und 21 Uhr.
„Wir haben das Schweizer Patent. Was aber ganz und gar nicht bedeutet, dass wir besser sind als die anderen“, erklärt David Engasser. Kompliziert ist hingegen: „Jeden Tag setzte ich mich mehrmals in ein fremdes Schiff. Und jedes ist anders.“
Auch Schwimmer und Hobbyfahrer auf dem Rhein sind eine wachsende Herausforderung. „Oftmals muss ich mehrere hundert Meter vorausschauend fahren, wenn ich ein langes beladenes Schiff vor mir durch die Stadt navigiere.“
Die Schifffahrt im Blut
Aber auch an Land legt David Engasser durch seinen Beruf viele Kilometer zurück. „Wenn wir auf ein Schiff steigen, fahren wir eigentlich immer mit dem Fahrrad an Bord.“ Am Ziel angekommen fahren die Schiffslotsen dann ganz einfach zum nächsten Einsatz weiter. „Es kommt schon vor, dass wir so bis zu 5000 Kilometer im Jahr machen.“
Seit über fünf Jahren ist der 43-Jährige bereits Schiffslotse bei den Schweizerischen Rheinhäfen in Basel. Doch seine Geschichte auf dem Wasser reicht noch viel weiter: „Davor war ich 17 Jahre selbstständig auf vielen Flüssen unterwegs. Darunter Rhein, Mosel, Main und Donau.“

Schon sein Vater war Kapitän – Die Schifffahrt liegt ihm im Blut. Weil sein Vater wegen langer Reisen nicht jedes Wochenende zu Hause sein konnte, besuchte David Engasser das Schifffahrtsinternat in Straßburg. „Ich habe dort eine normale Schulausbildung in Elektrotechnik gemacht, hatte später aber keine Lust auf diesen Beruf.“ Also ging er selbst an Deck und machte die Ausbildung direkt an Bord.
Und dort fühlt er sich zu Hause, ist zufrieden – bis heute.