Der Wechselkurs vom Euro zum Schweizer Franken ist auf den höchsten Stand seit Juli 2022 geklettert: Erstmals kostete ein Euro in der vergangenen Woche wieder mehr als einen Franken. Am 13. Januar stand der Euro bei 1,01 Franken, aktuell liegt das Tauschverhältnis bei eins zu eins (Stand: 16. Januar).

Der Euro profitiert von positiven Entwicklungen

Die Gründe für diese Entwicklung seien weniger in der Schweiz, sondern hauptsächlich in Europa verortet, erklärt der Schweizer Wirtschaftswissenschaftler Jan-Egbert Sturm. „Insgesamt hat sich die Situation im EU-Raum besser entwickelt, als es noch vor einigen Wochen erwartet wurde.“

Gute Nachrichten in Bezug auf die Energiekrise, sinkende Gaspreise, abnehmende Rezessionsangst – all das gebe dem Euro Auftrieb. An den Märkten werde außerdem erwartet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) weitere Zinsschritte im Kampf gegen die Inflation gehen werde, so Sturm. Auch das stärkt den Euro.

Der Ökonom Jan Egbert Sturm ist Direktor der Schweizer Konjunkturforschungsstelle KOF an der ETH Zürich.
Der Ökonom Jan Egbert Sturm ist Direktor der Schweizer Konjunkturforschungsstelle KOF an der ETH Zürich. | Bild: ETH Zürich / Giulia Marthaler

Grundsätzlich gilt: Je stärker der Euro im Vergleich zum Franken, desto günstiger können Deutsche in der Schweiz Geld ausgeben – und desto teurer wird es umgerechnet wiederum für Schweizer, in Deutschland einzukaufen. Für Grenzgänger ist ein starker Franken gut: Je höher er steht, umso mehr ist ihr Gehalt in Euro umgerechnet wert. Die Schweizer Exportwirtschaft profitiert wiederum von einem starken Euro, weil die Schweizer Waren in Euro umgerechnet günstiger werden.

Aber: Die Kursentwicklung wird dem Experten zufolge den Alltag nicht stärker beeinflussen. „Die Schwankungen liegen im Bereich von einem, vielleicht zwei Prozent“, so Sturm. „Das ist für die meisten Menschen und auch für die Wirtschaft gut zu verkraften.“ Denkbar sei allenfalls ein psychologischer Effekt: „Ich kann mir vorstellen, dass es manchen leichter fällt, in der Schweiz Geld auszugeben.“

Experten erwarten keine deutliche Abschwächung des Franken

Kurzfristig werde sich der Euro-Franken-Wechselkurs wahrscheinlich weiter auf Paritätsniveau bewegen werde, sagt Sturm. Ähnlich sehen es auch andere Fachleute. So wie Maximilian Kunkel, Chefanlagestratege für UBS in Deutschland: „Es ist unwahrscheinlich, dass der Franken sich gegenüber dem Euro deutlich mehr abschwächen wird. Eine glaubwürdige Zentralbank, die einen weiterhin starken Franken unterstützt, hohe Reserven, ein Leistungsbilanzüberschuss und eine niedrige Staatsverschuldung sprechen weiter für den Franken.“

Die Währungsstrategieexperten der Credit Suisse sehen den Euro-Franken-Wechselkurs im Verlauf der kommenden Monate wieder unter Parität. Die aktuelle Entwicklung sei nicht nachhaltig.

Das könnte Sie auch interessieren

Mittel- bis langfristig rechnet auch Jan-Egbert Sturm damit, dass der Schweizer Franken wieder aufwerten wird. Ob dieser Prozess eher schleichend oder abrupt ablaufen werde, hänge auch von zukünftigen Krisen ab und sei daher schwer vorherzusagen.

„Wir haben über Jahrzehnte beobachtet, dass der Franken immer stärker gegenüber dem Euro geworden ist“, sagt Sturm. Dieser Trend werde sich auf Dauer fortsetzen, allein aus dem Grund, dass die Inflation in der Schweiz auch zukünftig niedriger sein wird als in der EU und in Deutschland.