Vor 25 Jahren herrschte im Jestetter Zipfel eine selten erlebte Aufbruchstimmung. Die Gemeinden Jestetten und Neuhausen am Rheinfall planten, einen grenzüberschreitenden Gewerbepark – GGP – auf den Weg zu bringen.

Was hätte für die Gemeinde Jestetten ohne nennenswerte Industrie und die Gemeinde Neuhausen ohne Platz eine bessere Lösung für den wirtschaftlichen Aufschwung sein können, als auf der großen Fläche zwischen B27, Bahnlinie und Gewerbegebiet Rundbuck, Gewerbe anzusiedeln?

Dass dieses Projekt zum Scheitern verurteilt war, wollte damals niemand glauben, denn die Verantwortlichen, allen voran der Jestetter Bürgermeister Alfons Brohammer und sein Neuhauser Pendant, Hansjörg Wahrenberger, zeigten sich überzeugt, in politischen Schwergewichten, wie dem damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel, potente Mitstreiter gefunden zu haben, um dieses grenzüberschreitende Projekt realisieren zu können.

Im Norden von Altenburg auf dem Feld zwischen B27 und SBB-Linie war der grenzüberschreitende Gewerbepark vorgesehen.
Im Norden von Altenburg auf dem Feld zwischen B27 und SBB-Linie war der grenzüberschreitende Gewerbepark vorgesehen. | Bild: Gemeinde Jestetten

Vorbild war der grenzüberschreitende Gewerbepark Heerlen-Aachen an der deutsch-niederländischen Grenze, der als integrative europäische Innovation gesehen wurde. Dass dieses Konstrukt auch heute noch unter der unterschiedlichen Besteuerung der beiden Länder, obwohl beide in der EU, krankt und die hochgesteckten Erwartungen bis heute nicht erfüllt, konnte man am Rheinfall freilich nicht wissen.

Viele Gründe sprechen für das Projekt

„Die Ausgangslage und die natürlichen, topographischen und baulichen Verhältnisse vor Ort sprechen aus vielerlei Gründen für dieses Projekt. Neuhausen ist durch die Lage in der räumlichen Entwicklung blockiert, Jestetten aufgrund der extremen Grenzlage unattraktiv für die Ansiedlung deutscher Unternehmen“, sagte Bürgermeister Brohammer seinerzeit anlässlich einer Bürgerversammlung.

Die beiden Gemeinden schlossen einen Vertrag über die Zusammenarbeit und Vertreter aller Parteien der Region, sowohl auf deutscher, als auch auf schweizerischer Seite wurden informiert und in gemeinsamen Gesprächen um Unterstützung gebeten.

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Im Februar 2000 fand ein Gespräch mit Gemeindepräsident Wahrenberger, Bürgermeister Brohammer, Landtagspräsident Peter Straub, dem SPD-Landtagsabgeordneten Dieter Puchta und Ministerpräsident Erwin Teufel in Stuttgart statt.

Rückhalt aus der Politik

Teufel sagte seine Unterstützung zu und bat den damaligen Außenminister Joschka Fischer, die notwendigen Schritte für einen entsprechenden Staatsvertrag einzuleiten. Das Regierungspräsidium Freiburg bekam den Auftrag, das Projekt federführend zu betreuen.

Neben der Landesregierung stimmte auch die Schaffhauser Kantonsregierung der Idee eines grenzüberschreitenden Gewerbeparks zu. Die schweizerische Bundesregierung in Bern zeigte sich ebenfalls gewogen, und Gespräche zwischen dem bundesdeutschen Finanzministerium und dem schweizerischen Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) fanden bereits im Mai des Jahres 2000 statt.

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Staatssekretär Siegmar Mosdorf vom Bundeswirtschaftsministerium zeigte sich anlässlich eines Gesprächs mit den beiden Gemeindeoberhäuptern im Juli 2000 begeistert und überzeugt von dem Projekt und sicherte seine vollste Unterstützung zu. Er verwies auf die Entstehungsgeschichte der EU, die aus der Montanunion, also einem praktischen, wirtschaftlichen Einzelmodell, heraus entstanden sei.

Mosdorf lud Brohammer und Wahrenberger nach Berlin ein und zeigte sich sehr zuversichtlich, dass die anstehenden Probleme gelöst werden können. Es herrschte zwar Einigkeit darin, dass der GGP ein Sonderfall sei und es Sonderlösungen bedürfe, allerdings waren im Spätsommer 2000 alle Beteiligten überzeugt, das Projekt in den kommenden Jahren zu verwirklichen.

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Die real existierenden Verhältnisse, zoll- und finanzpolitische Hürden, die Bedenken der Bedenkenträger und der Umstand, dass die Schweiz nun mal nicht Teil der EU ist, führte schließlich dazu, dass die Idee sang- und klanglos beerdigt wurde.