Judith Schuck

Einen Ort zu schaffen, der Menschen helfen könnte, ihren Weg zu finden. Das ist eine Vision, die Barbara Haller und Tonja Steppacher für das Apollo in Kreuzlingen haben. Das stillgelegte, denkmalgeschützte Kino an der Konstanzerstrasse stand lange zum Verkauf.

Barbara Haller hatte die Immobilie als letzte Interessentin begutachtet und bei der zweiten Besichtigung zugeschlagen. „Mich zieht es seit längerem an den Bodensee und ich hatte Lust, hier etwas zu machen“, sagt sie. Haller kommt eigentlich aus der Elektroindustrie und lebte in Zürich.

Barbara Haller (links) und Tonja Lucia Steppacher mit Hündin Tara im alten Kino Apollo. Das Lichtspielhaus erstrahlt bald im neuen Glanz.
Barbara Haller (links) und Tonja Lucia Steppacher mit Hündin Tara im alten Kino Apollo. Das Lichtspielhaus erstrahlt bald im neuen Glanz. | Bild: Judith Schuck

Bis das Apollo kam. Denn für das alte Kino ist sie umgezogen. Eine Freundin von ihr sei Architektin und kenne sich gut mit Sanierungen von denkmalgeschützten Gebäuden aus – sie habe somit jemanden mit Erfahrung an ihrer Seite.

Schwieriges Pflaster reizt die Kinobesitzerin

„Sie hat mich zwar gewarnt, dass Kreuzlingen ein schwieriges Pflaster sei“, sagt die Kinobesitzerin. Aber genau das habe auch einen gewissen Reiz. „Ich finde Orte, an denen noch nicht alles gemacht ist, schön. Die Lage ist außerdem gut mit der Nähe zum Bahnhof und zur Grenze. Das ist ein interessantes Projekt“, so Haller.

Was das Projekt konkret ist, erläutert sie gemeinsam mit Tonja Steppacher, die als Kuratorin und Kunstvermittlerin sowie Vorstandsmitglied im Verein aktiv ist. Sie stammt aus Altnau und ist hier aufgewachsen, bis es ihr mit 18 Jahren zu langweilig wurde. Sie ging nach Basel, wo sie mit ihrem Vater und ihrer Schwester die Galerie Durchgang führt.

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Bevor sie Kunstvermittlerin wurde, war sie schon Sattlerin und arbeitete im Gesundheitswesen. „Ich hatte den völlig falschen Weg gewählt.“ Aus ihrer eigenen Erfahrung heraus ist es ihr ein Anliegen, jungen Leuten einen Raum zu bieten, an dem sie ihren Weg finden können. Als Kunstvermittlerin legt Steppacher ihren Fokus auf Kollektive: „Denn ich glaube, dass wir in einer Zeit leben, in der wir zusammenarbeiten müssen und in Gruppen etwas aufbauen sollten.“

Aus dem Nichts etwas entstehen lassen

Genau dies geschiehe gerade im Apollo. „Aus dem Nichts ist in kürzester Zeit etwas entstanden“, sagt Barbara Haller. Im August 2021 kaufte sie das Gebäude, im April 2022 beantragte sie die Baugenehmigung für eine Umnutzung. Den Kinosaal hatte die ehemalige Besitzerin Elisabeth Gutheinz in eine Turnhalle für Kampfsportarten verwandelt. Nun soll wieder Kultur einziehen.

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„Im Januar 2023 haben wir die Baugenehmigung bekommen. Seitdem arbeiten wir mit Hochdruck an der Sanierung.“ Jeden Tag sehe man den Fortschritt, freut sich Haller. Katalysator für das Vorankommen auf der Baustelle ist die Teilnahme an der Kunstnacht Konstanz Kreuzlingen am 25. März.

Das diesjährige Thema ist „Bewegen“ im Hinblick auf das bewegte Bild und Film. Da darf dieses Kino, in dem seit Herbst 2022 bereits Künstlerinnen wie Stefanie Scheurell und Anna Appadoo ihre Ateliers bezogen haben, nicht fehlen. Scheurell und Appadoo gehören neben dem Tägerwiler Fotografen Jörg Rudolph zum fünfköpfigen Vorstand.

Pop-up-Café soll eröffnen

Demnächst soll im Apollo auch ein Pop-up-Café mit saisonalen sowie regionalen Speisen und Getränken eröffnen. Dieses wird im Kinosaal mit Anschluss an den Garten angesiedelt werden. Die Jugendmusik hat einen Raum für Gesangsunterricht angemietet – weitere Räume stehen zur Vermietung zur Verfügung.

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Haller hatte anfangs keine festen Vorstellungen, was aus dem Kino werden könnte. Sie wollte schauen, was daraus erwachsen könne. Ihr Projekt sollte eine eigene Identität entwickeln können. Nun entsteht ein Ort für Austausch, Kultur und Vernetzung. Fest im Programm ist ab April ein Vollmond-Apéro. Die Ausstellung „Reconnection Cinema“, die im Rahmen der Kunstnacht entstand, wird vom 23. bis 31. März zu sehen sein. „Das Projekt stößt auf Resonanz und bringt interessante Leute zusammen“, ist Haller sicher.

Judith Schuck arbeitet für unsere Partnerzeitung „Thurgauer Zeitung„.