„Das war definitiv nicht so“, erklärte der Beschuldigte vor Gericht zu den Aussagen der Privatklägerin und Zeugin. Vorgeworfen wurden dem 30-jährigen Schweizer Übergriffe gegenüber seiner früheren Partnerin. Gemäß Anklage hatte er der Frau in der gemeinsamen Wohnung mehrmals die Schlüssel abgenommen und sie eingesperrt.

Die Lage eskaliert, die Frau ruft die Polizei

Als er von ihr 100 Franken forderte, drohte er ihr mit den Worten, dass sie „schon sehen wird, wie sie ausschaut, wenn sie ihm das Geld nicht gibt“.

Er drohte ihr auch, dass es 20 Minuten dauern würde, bis er eine 9-mm-Waffe besorgt habe, mit der er ihre Mutter erschießen werde. Obendrein hatte der Mann seine Partnerin geschubst, bespuckt und getreten. Die Frau rief die Polizei.

Das ist der Antrag der Staatsanwaltschaft

Der Mann kam einen Tag in Haft und erhielt Hausverbot. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage. Sie beantragte wegen mehrfacher Freiheitsberaubung, versuchter Nötigung, versuchter Drohung sowie wiederholter Tätlichkeiten eine bedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten sowie eine Buße von 1200 Franken.

Vor Gericht treffen sich die beiden wieder

Vor dem Bezirksgericht Brugg traf das einstige Paar wieder aufeinander. Gegenüber Gerichtspräsidentin Susanne Humbel schilderte die Privatklägerin als Zeugin die Vorfälle.

„Der Beschuldigte ist sehr aufbrausend“, sagte sie. „Es gab immer wieder Streitigkeiten. Geld war der Grund. Er war spielsüchtig. Ich habe das finanziert. Am Schluss konnte ich meine Sachen nicht mehr zahlen und hatte Betreibungen. Ziel der Drohungen war, dass ich spure. Ich habe das aber nicht allzu ernst genommen.“

So will sich der Beschuldigte rausreden

„Das ist alles schon länger her“, meinte der Beschuldigte, der wegen einer Persönlichkeitsstörung eine IV-Rente bezieht. Er habe ein paar Mal mit der Polizei zu tun gehabt, räumte er ein. Auf den Vorhalt, dass noch Verfahren wegen Beschimpfung und Hausfriedensbruch hängig seien, entgegnete er: „Ich habe eben eine laute Stimme.“ Zu den Aussagen seiner Ex-Freundin erklärte er: „Die Geschichten, die sie erzählt, sind recht hoch gegriffen. Ich finde das etwas krass. Sie hatte die Schlüssel ‚verhühnert‘ und konnte nicht hinaus.“

Er bleibt beharrlich und gibt sich unwissend

Zur Drohung wegen der 100 Franken sagte er: „Ich hatte sie nach meinem Geld gefragt. Meine Beiständin hat die Miete bezahlt. Also stand mir die Hälfte zu.“ Zum Kredit, den seine Ex aufgenommen hatte, erklärte er: „Das macht mich sprachlos. Das war für die Mietkaution.“ Die Vorwürfe der Drohung bezeichnete er als lächerlich. An die Tätlichkeiten konnte er sich nicht erinnern.

Er macht einen auf liebevollen Familienmensch

„Ich wäre froh, wenn das Thema abgeschlossen werden könnte“, so der Beschuldigte, der seit kurzem verheiratet und Vater geworden ist. „Ich bin megaglücklich und extrem dankbar dafür, dass wir ein gesundes Kind haben. Es sind harte Anschuldigungen. Aber was soll ich dazu sagen? Es gibt keine Argumente dafür, dass die Vorwürfe stimmen könnten.“

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Aber die Richterin lässt sich nicht einlullen

Das Gericht sprach den Beschuldigten im Sinne der Anklage schuldig und folgte den Anträgen der Staatsanwaltschaft. „Für das Gericht sind die Aussagen der Zeugin glaubhaft“, so die Gerichtspräsidentin. „Das Gericht geht davon aus, dass sich die Vorfälle so zugetragen haben.“ Angesichts der Vorstrafen sei eine Freiheitsstrafe unumgänglich.

Und hat eine klare Botschaft für den Mann

„Sie haben jetzt den letzten Zwick an der Geißel“, redete sie dem Beschuldigten ins Gewissen. „Sie haben die Chance, sich zu bewähren; zu beweisen, dass für Sie das Familienglück im Vordergrund steht, und Ihre kurze Zündschnur in den Griff zu bekommen.“ Die Botschaft schien anzukommen. Der Mann bedankte sich jedenfalls artig.

Der Autor ist Mitarbeiter der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag auch zuerst erschienen.

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