Drei der vier Atomreaktoren, die in der Schweiz noch in Betrieb sind, stehen im Aargau und gehören dem Stromkonzern Axpo. Die beiden Blöcke des Atomkraftwerks (AKW) Beznau werden ausschließlich mit Brennelementen betrieben, die von der staatlichen russischen Firma Rosatom geliefert werden. Beim AKW Leibstadt macht Uran aus Russland laut jüngstem Bericht des Schweizer Fernsehens die Hälfte des Brennstoffs aus.
Russland verdient am Schweizer AKW-Strom mit
Der russische Staat verdiene am Schweizer AKW-Strom mit, heißt es im Beitrag. Indirekt finanziere die Axpo mit dem Kauf der Brennstäbe gar Putins Atomwaffenprogramm, an dem Rosatom auch beteiligt sei. Außerdem sei der Staatskonzern in den Ukraine-Krieg verwickelt. Elf Spezialisten seien im von Russland eroberten Atomkraftwerk Saporischschja im Einsatz.
„Wenn Sie einen bewährten Lieferanten haben, der die Qualität liefert, die Sie brauchen – aus sicherheitstechnischen und qualitätstechnischen Gründen –, dann wechselt man nicht so einfach“, sagt Willibald Kohlpaintner, Leiter der Division Kernkraft der Axpo und Mitglied der Geschäftsführung, im Schweizer Fernsehen.
Beznau und Leibstadt sind an Lieferverträge gebunden
Beznau ist laut dem Axpo-Mann bis 2030 an die Lieferverträge mit Rosatom gebunden, bei Leibstadt laufen die Vereinbarungen bis 2025. Die aktuellen Lieferverträge für Brennelemente aus Russland will die Axpo einhalten, neue Verträge mit dem russischen Konzern sollen aber keine abgeschlossen werden. Die Axpo prüfe zurzeit intensiv, wie die Abhängigkeit von russischem Brennstoff verringert werden könne.
SP Aargau kritisiert die Haltung des Stromkonzerns
Der Sozialdemokratischen Partei (SP) Aargau reicht dies nicht, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Mit den Uran-Bezügen aus Russland durch die Axpo finanziere die öffentliche Hand indirekt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit, kritisiert die Partei. Das sei unhaltbar, hält die SP fest und verweist auf den schwedischen Energiekonzern Vattenfall, der am Tag der russischen Invasion die Uran-Lieferungen durch Rosatom sofort bis auf Weiteres gestoppt habe.
Kanton nicht mehr im Verwaltungsrat vertreten
Die Axpo gehört mehreren Kantonen und Kantonswerken, der Aargau hält einen Anteil von 14 Prozent, dazu eine indirekte Beteiligung von weiteren 14 Prozent über die kantonseigene AEW Energie AG. Bis zum Jahr 2017 war der Kanton durch Energiedirektor Stephan Attiger direkt im Verwaltungsrat der Axpo vertreten, nach einer Entpolitisierung des Gremiums ist dies heute nicht mehr der Fall. Seit rund drei Jahren vertritt der frühere Großrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und Bauspezialist Martin Keller den Aargau im Axpo-Verwaltungsrat.
Aargauer Regierung soll Einfluss nehmen
Dennoch fordert die SP, dass die Aargauer Regierung bei der Axpo nun Einfluss nehmen soll. Großrat Martin Brügger sagt: „Der Regierungsrat muss sich dafür einsetzen, dass der Axpo-Verwaltungsrat den Grundsatzentscheid fällt, jede Form der Zusammenarbeit mit Russland zu verbieten oder die Geschäftsbeziehungen zumindest zu vertraglich zu regeln.“
Gösgen bezieht kein Uran aus Russland
Die Axpo müsse so rasch wie möglich auf Lieferungen aus anderen Staaten wie Kanada setzen, ergänzt Brügger. Die Partei verweist auf den Energiekonzern Alpiq, der für sein Atomkraftwerk in Gösgen seit einigen Jahren kein Uran mehr aus Russland beziehe. Die SP will in der nächsten Großratssitzung einen entsprechenden Vorstoß einreichen und hofft auf breite Unterstützung.
Im Fernsehbeitrag erklärte der Kanton: Man wolle sich hier nicht einmischen. Dies entspricht der Position des Regierungsrats, die in der Antwort auf einen Vorstoß zur Axpo im Herbst zum Ausdruck kommt. Darin heißt es: „Die von Kanton und AEW nominierten Verwaltungsräte sind primär dem Unternehmen verpflichtet.“
Weltweit werde zu wenig Uran gefördert
SVP-Nationalrat Albert Rösti ist Befürworter der Atomenergie, er kritisiert in der Sendung die Haltung des Kantons: „Ich finde dies grundfalsch, denn die Eigentümer sind verantwortlich für die Strategie. Immerhin sitzen die Kantone im Verwaltungsrat oder delegieren Vertreter in dieses Gremium.“ Rösti hält aber auch fest, dass sich bei einem Ausstieg aus den Lieferverträgen für Brennstäbe mit Rosatom die Frage stelle, ob genügend Uran aus anderen Quellen kurzfristig verfügbar sei.
Weltweit gebe es grundsätzlich genug andere Produktionsländer wie Kanada, Australien oder Kasachstan, es werde insgesamt aber zu wenig Uran gefördert. Die Axpo könne deshalb nur aus den russischen Lieferverträgen aussteigen, wenn man eine sichere Alternative habe, findet der SVP-Nationalrat.