Die Aufnahmen des 50-Jährigen, der im Kantonsspital Baden über Wochen hinweg wegen einer Corona-Infektion auf der Intensivstation behandelt und zeitweise ins künstliche Koma versetzt werden musste, schockieren. Noch immer wird der Mann über eine Beatmungsmaschine mit Sauerstoff versorgt. Geistig scheint er überaus rege, doch körperlich ist er infolge seiner wochenlangen Behandlung infolge eines besonders schweren Corona-Verlaufs, der unter anderem zu einem Lungenriss führte, noch schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Noch mehr als die Video-Aufnahme, die das Kantonsspital auf Wunsch des Patienten auf seinen Social-Media-Kanälen verbreitet hat, rüttelt die Botschaft des Mannes auf, die er an das Publikum richtet: Sein Schicksal führt er darauf zurück, dass er nicht geimpft war. Er habe schlicht Angst vor der Impfung gehabt – und um ein Haar mit dem Leben bezahlt. „Ich habe erkannt, was für ein Geschenk das Leben ist“, betont er. Er verbindet es mit dem Appell: „Überlegt euch gut, was ihr macht.“

Tatsächlich, so berichtet der 50-jährige Mann, habe er sehr viel Glück gehabt. „Ich hätte nie damit gerechnet, dass es mich so erwischt“, schildert der Mann. Nachdem die Corona-Infektion bei ihm binnen kurzer Zeit schwere Beschwerden wie Atemnot hervorgerufen habe, habe keine der Behandlungsmethoden angeschlagen. Irgendwann sei ihm klar geworden, dass man nichts mehr tun könne als „den Schalter abklemmen“.

Das sei ein gewaltiger Schock gewesen. Er sei froh, dass die zuständigen Ärzte und das medizische Personal trotz aller Rückschläge während seiner Zeit im Künstlichen Koma auf der Intensivstation in Baden nie das Vertrauen verloren hätten. „Am Ende war ich einfach nur froh, dass ich wieder aufwachen und meine Familie sehen konnte.“

Leiter der Intensivstation Baden: „Derartiger Verlauf bei jüngeren Patienten kein Einzelfall“

Dass Menschen wie der 50-Jährige einen so schnellen und problematischen Verlauf ihrer Covid-Erkrankung erleben, sei laut Francois Fontana, Leiter der Intensivstation des Kantonsspitals, kein Einzelfall. Immer wieder müssten drastische Maßnahmen wie Luftröhren-Schnitte angewandt werden. Die Behandlungen gestalten sich generell aufwendig und langwierig. „Man muss dann mit sehr kleinen Fortschritten zufrieden sein“, sagt Fontana. Dass der 50-jährige Patient einige Tage nach seinem Erwachen aus dem Koma wieder aus dem Bett aufstehen konnte, sei zum Beispiel ein großer Erfolg, der den Mann aber bereits an den Rand seiner körperlichen Kräfte gebracht habe.

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Häufig werde die Gefahr der Krankheit noch immer unterschätzt, gerade von Menschen, die sich körperlich fit fühlen, die auch altersmäßig noch längst nicht der Hochrisikogruppe angehören, lautet die Einschätzung des Mediziners. Und aus seinem Alltag auf der Intensivstation müsse er leider auch festhalten, dass der überwiegende Teil der Patienten, die unter schweren Verläufen und den damit verbundenen langwierigen Folgeerscheinungen litten, nicht geimpft seien.

Großteil der schwer erkrankten ist ungeimpft

„Das sorgt natürlich auch beim Pflegepersonal für ein gewisses Unverständnis“, schildert Fontana. Es spielten sich aber teilweise auch „ergreifende Szenen“ ab, wenn die Patienten aus dem Koma erwachten und sich allmählich ihrer Lage und den Konsequenzen für ihr Leben bewusst würden. Auf die Behandlung habe dies freilich keine Auswirkungen.

Bei dem 50-Jährigen scheint sich derweil die Situation langsam wieder zu stabilisieren. Wie der Mediensprecher des Kantonsspitals, Omar Gisler, auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt, sei er nicht mehr Patient des Klinikums, sondern befinde sich in einer Rehabilitation. Abgesehen von seinem Appell, den das Spital kurz vor Weihnachten veröffentlicht hat, verbunden mit dem Dank an die Belegschaft für die professionelle Behandlung, wolle der Mann sich nicht weiter öffentlich zu seiner Krankheit äußern.

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Hasskommentare im Internet

Unterdessen machen auch Hasskommentatoren vor den Kanälen des Kantonsspitals nicht Halt. Offen wird der Vorwurf kolportiert, dass es sich um ein Fake-Video handle, dass der Mann übertreibe und die ganze Geschichte inszeniert sei. „Der Vorwurf, das Video sei gefakt, ist eine rufschädigende Unterstellung, die wir zurückweisen“, sagt Gisler.

Gerade auf den Social-Media-Kanälen ließen sich solche Kommentare und Unterstellungen kaum vermeiden, zumal es sich bekanntlich um ein sehr emotional diskutiertes Thema handelt. Die freie Meinungsäußerung betrachte das Kantonsspital als ein schützenswertes Gut. Dennoch: „Wir sind überzeugt, dass wir mit dem Video-Statement einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung geleistet haben. Dass dies nicht alle Mitbürger so sehen, nehmen wir zur Kenntnis.“ Es habe aber keinen Einfluss auf die Arbeit der Klinik oder deren Haltung zum Thema Corona.

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