Blau: Farbe der Sehnsucht und Ferne, der Hoffnung und Melancholie, des Wassers und Himmels, des Geistigen und Transzendenten. So vielschichtig Ausdruck und Wirkung dieses Kolorits erscheinen, so deutlich wird: Blau ist weit mehr als nur eine Farbe.

Sinnlich und emotional

„Blauwärts“ nennt die in Konstanz lebende und tätige Malerin Sabine Becker ihre Ausstellung im Städtischen Museum Engen, und ihre Bilder nehmen den Betrachter mit auf eine Reise durch die vielfältigen Erlebnis- und Erfahrungsebenen dieses ebenso sinnlichen wie emotionalen Farbtons.

Die aus Lübeck stammende und seit 1981 am Bodensee lebende Künstlerin hat die Farbe Blau zu ihrem zentralen Thema und Experimentierfeld erklärt. Beckers vorrangig als monochrome Farbflächenmalerei ausgeführten Gemälde kreisen um das Phänomen Blau und ergründen dessen besondere Materialität und Struktur in immer neuen Werkserien.

Mal begegnet uns das Blau als weite Wasserfläche in streng reduzierten Landschaftskompositionen, mal erscheint es als Hintergrundfolie für grafische Linien- oder Musterelemente in Schwarz und Grau, dann wieder strömt es dem Betrachter als expressives Formgebilde in gestisch-abstrakten Bildschöpfungen entgegen. Immer aber besticht das Blau durch seine intensive Leuchtkraft und eine matte, fast pudrig-samtene Oberflächentextur.

Dieser Effekt, der dem Auge einen unmittelbaren Zugang auf die Farbmaterie ermöglicht und zugleich Offenheit, Tiefe und Unendlichkeit suggeriert, rührt von Beckers Umgang mit dem reinen Pigment des Kobaltblaus, das sie in einem aufwendigen Prozess verarbeitet. Die Bildoberflächen selbst sind eher schrundig und gewinnen nicht selten eine reliefartig-haptische Wirkung.

Farbe wird so zum alleinigen Gestaltungsmittel und Ausdrucksträger, der auf der Fläche seine besonderen optischen und strukturellen Eigenschaften entfalten kann. Natürlich lässt dieser Ansatz an Yves Klein denken, der in seinen monochromen Bildobjekten ab Mitte der 1950er-Jahre das Ultramarinblau in der Kunstgeschichte der Moderne etablierte.

Einen Höhepunkt erlebt die Ausstellung zweifellos in der Präsentation des großen Triptychons in der Apsis der einstigen Klosterkirche: dort schwingt sich das Blau zur sakralen und meditativen Wirkung auf und lässt deutlich werden, dass dieser Farbton auch in der religiösen Kunst schon seit Jahrhunderten einen besonderen Stellenwert innehat.

Didaktisches Projekt

Begleitet und inhaltlich erweitert wird die Werkschau durch ein gemeinsam mit der Künstlerin erarbeitetes didaktisches Projekt des Seminars des Studiengangs Literatur-Kunst-Medien der Universität Konstanz. Mithilfe einer Broschüre aus Texten und Farbfolien wird der Besucher dieser Ausstellung zur vertieften gedanklichen wie auch sinnlich-interaktiven Auseinandersetzung mit dem Gezeigten animiert; in den Räumen selbst verorten Lese- und Hörstationen das Phänomen Blau überaus spannend in der Kunst- und Kulturgeschichte.

Sehen und Denken

So ermöglicht die Ausstellung einen Rundgang zwischen Sehen und Denken, Genießen und Erkennen, und die Werke von Sabine Becker eröffnen dem Betrachter neue Tiefen- und Denkräume abseits der äußeren Wirklichkeit.

Die Ausstellung „Blauwärts – Sabine Becker“ ist im Kunstverein Engen im Städtischen Museum Engen zu sehen. Sie läuft bis zum 27. Oktober. Öffnungszeiten: Di.-Fr. 14-17, Sa.-So. 11-18 Uhr. Weitere Informationen:http://www.stubengesellschaft-engen.de

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