Die Reise zum Großmeister ist in Wirklichkeit eine Flucht. Eigentlich hofft der ebenso schachbegeisterte wie talentierte Fahim Mohammad (Assad Ahmed), in Frankreich ein Schachgenie zu treffen, als er sich zusammen mit seinem Vater Nura (Mizanur Rahaman) auf den Weg macht: von der Heimat Bangladesch bis nach Paris.
Der Grund für die Reise ist aber natürlich ein anderer – denn Nura war politisch ins Visier der Regierung geraten und will deshalb mit seiner Familie in Frankreich ein neues Leben beginnen.
Den kleinen Fahim gibt es wirklich
2008 hat der achtjährige Fahim tatsächlich mit seinem Vater sein Heimatland verlassen. „Das Wunder von Marseille“ von Pierre Francois Martin-Laval greift nun diese wahre Begebenheit auf und verarbeitet sie mit einigen inhaltlichen Freiheiten für die Leinwand.
Der Regisseur zeichnet nach, wie es nach der Flucht in das fremde Land zum titelgebenden Wunder kam: Dass Fahim in einem Schachclub auf den hervorragenden Schachlehrer Xavier Parmentier traf, der sein Ausnahmetalent förderte, durch das er schließlich nicht nur in Marseille die französische Schachmeister in seiner Altersklasse gewann.

Später zählte er zwischenzeitlich zu den besten 150 Schachspielern in der Welt unter 16 Jahren. Seine Leistung sorgte außerdem dafür, dass er mit seiner Familie eine Aufenthaltsgenehmigung für Frankreich bekam.
Zwar steht Fahims Weg zum großen Sieg im Zentrum dieser Mischung aus Drama und Komödie – und doch erzählt der Film teils ganz beiläufig noch einiges mehr. Zwischen den zahlreichen Schachbeobachtungen, die auch für Nicht-Spieler nicht langweilig werden und zum Finale sogar fast Krimi-Qualitäten entwickeln, geht es um die Vater-Sohn-Beziehung zwischen Nura und Fahim, die stark belastet wird durch die Unsicherheiten ihres Flüchtlings-Daseins.
So kann Integration funktionieren
Dabei schildert „Das Wunder von Marseille“ die schwierigen Lebensumstände mit ungewissem Status einerseits, andererseits aber auch, wie mit der richtigen Unterstützung Integration funktionieren kann.
Mit liebevollem Blick schaut der Film auf den eigenwilligen Kosmos der Nachwuchs-Schachspieler und das Training durch den Lehrer, der hier Sylvain Charpentier heißt und den nach Jahrzehnten noch immer einige Geister der Vergangenheit verfolgen.
Depardieu ist die Idealbesetzung
Der französische Schauspielstar Gérard Depardieu füllt diesen brummigen Charakter mit Leben, dessen Menschlichkeit stets durch die dickere Schale leuchtet, während er sich mit großem Herz für seine Schützlinge engagiert – vor allem eben für Fahim, den er nach einem etwas rumpeligen Start freundschaftlich unter seine Fittiche nimmt.
Die Themen sind mitunter alles andere als leicht – und trotzdem versucht Regisseur Pierre Francois Martin-Laval, sie mit leisem Humor auszutarieren. Dem Film geht so etwas von seiner emotionalen Kraft verloren, weil er sich mit seiner unaufgeregten Erzählweise etwas zu weit in die Wohlfühlzone hinein bewegt – und ist doch allemal ein unterhaltsamer, sympathischer und rühriger Film über eine ungewöhnliche Flüchtlingsgeschichte.
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Abspann
Produktionsland: Frankreich
Regie: Pierre Francois Martin-Laval
Darsteller: Assad Ahmed, Mizanur Rahaman, Gérard Depardieu u.a
FSK: freigegeben ab 12 Jahren
Länge: 107 Minuten
Verleih: Tobis Film
Fazit: Ein Flüchtlingsjunge aus Bangladesch wird französischer Schachmeister in dieser anrührenden und leise komischen Sozial-Dramödie mit Gérard Depardieu.