10. Hubertus Meyer-Burkhardt: „Die Sonne scheint immer. Für die Wolken kann ich nichts.“ (Heyne, 208 S., 22 Euro)

„Die Sonne scheint immer. Für die Wolken kann ich nichts.“
„Die Sonne scheint immer. Für die Wolken kann ich nichts.“ | Bild: Heyne

Geistreich plaudern ist eine Kunst. Hubertus Meyer-Burckhardt beherrscht sie in Sätzen wie „Mein Vater trug Hut, meine Mutter wischte Staub, und meine Großmutter trug Kostüm.“ Dieser Großmutter, einer anarchistische Provokateurin, in die man sich verlieben muss, setzt er hier ein Denkmal. Die Omi ist seit über vierzig Jahren tot, ihre Sprüche aber sind unsterblich, zum Beispiel: „Wenn Sie unbedingt auf Ihr Volk stolz sein möchten, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers.“

9. Mariann Edgar Budde: „Mutig sein“ (Deutsch von Anja Lerz, Oliver Lingner, Elsbeth Ranke und Karin Schuler, S. Fischer, 270 S., 23 Euro)

„Mutig sein“
„Mutig sein“ | Bild: S. Fischer

„Im Namen unseres Gottes bitte ich Sie um Erbarmen für die Menschen in unserem Land, die jetzt in Furcht leben.“ Die amerikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde adressierte diese Worte Ende Januar an Präsident Trump. Das erforderte sicher Mut. Da dieses zusammengestückelt wirkenden Buch aber nur aufgewärmte Weisheiten á la Margot Käßmann anzubieten hat, ist es eine stumpfe Waffe im Kampf gegen Donald Trumps Terror. Das politische Leben in den USA braucht dringend mehr Verstand; mehr hohle Glaubensformeln braucht dieses durch religiösen Irrsinn aller Art entstellte Land gewiss nicht.

8. Oliver Hilmes: „Ein Ende und ein Anfang“ (Siedler, 288 S., 25 Euro)

„Ein Ende und ein Anfang“
„Ein Ende und ein Anfang“ | Bild: Siedler

Weltgeschichte als Nummernrevue zu erzählen scheint ein bewährtes Mittel, um einen Platz auf der Bestsellerliste zu erobern. Oliver Hilmes erzählt das Ende des Zweiten Weltkriegs multiperspektivisch und bietet dazu von Klaus Mann über Winston Churchill, Thea Sternheim und Billy Wilder glänzende Köpfe auf. Handwerklich ist das klasse gemacht, aber unterm Strich hat dieses Buch durch sein Namedropping und in seiner Und-dann-und-dann-Dramaturgie doch etwas von Malen nach Zahlen.

7. Doris Dörrie: „Wohnen“ (Hanser Berlin, 123 S., 20 Euro)

„Wohnen“
„Wohnen“ | Bild: Hanser, Oliver

Doris Dörrie erzählt amüsant vom Hauskauf auf dem Land in Bayern, von Studentenbuden in New York, vom Wohnen in Japan und von den ausgebombten Häusern ihrer Eltern. Wer sich aber mit den Haifischmarkt heutiger Innenstädte konfrontiert sieht, dem werden Dörries‘ Anekdoten so aus der Zeit gefallen erscheinen wie Episoden des „Königlich Bayrischen Amtsgerichts“ unserer Fernsehkindheit.

6. Ulf Poschardt: „Shitbürgertum“ (Westend, 176 S., 22 Euro)

„Shitbürgertum“
„Shitbürgertum“ | Bild: Westend

Ulf Poschardt konstruiert ein Feindbild – das angeblich die Öffentlichen-Rechtlichen, die Politik und den medialen Diskurs in der Bundesrepublik dominierende rot-rot-grüne „Shitbürgertum“. „In Fußballstadien, bei Tuningtreffen oder im Feuerwerkshop vor Silvester entstehen Safes Spaces gegen den Zwang zur Gesinnung einer vermeintlich progressiven Weltordnung“, schreibt Poschardt in seinem essayistischen Amoklauf. Nun mag sich jeder in dem Milieu ansiedeln, in dem er sich wohlfühlt; ich verorte an den genannten Stätten hingegen jenen Pöbel, der sich von solch rechtspopulistischem Unsinn immer schon gern blenden ließ.

5. Chloe Dalton: „Hase und ich“ (Deutsch von Claudia Amor, Klett-Cotta, 299 S., 22 Euro)

„Hase und ich“
„Hase und ich“ | Bild: Klett-Cotta

Ein zartes, anregendes und vergnügliches Buch über das Zusammenleben mit einem Feldhasen. Ähnliches haben wir natürlich schon über Habichte, Esel und Schweine gelesen. Dennoch: Britisch Nature Writing at its best.

4. Elke Heidenreich: „Altern“ (Hanser Berlin, 99 S. 20 Euro)

„Altern“
„Altern“ | Bild: Hanser Berlin

Dass Alter nicht vor Torheit schützt, belegt dieser trotz zahlreicher Zitate aus der Weltliteratur gedankenarme Essay. Wenn Sie ein gutes Buch zu diesem Thema lesen wollen, empfehle ich Ihnen Philip Roths „Jedermann“. Darin findet sich der Satz: „Das Alter ist ein Massaker.“

3. Melanie Pignitter: „Wiedersehen mit mir selbst zwischen Pizza und Aperol“ (GU, 191 S., 19,99 Euro)

„Wiedersehen mit mir selbst“
„Wiedersehen mit mir selbst“ | Bild: GU

Die Autorin, eigenem Bekunden zufolge „Selbstliebe-Trainerin und Coach“, hat nach diversen Lebenshilfe-Ratgebern einen Roman über die Italienreise einer 38-Jährigen geschrieben, die, Zitat, „mitten in der Babyplanung“ sitzen gelassen wurde und ihren Job verloren hat. Am Ende der mit unerträglicher Holzhammer-Didaktik konzipierten Kapitel stehen Affirmationen wie: „Ich höre auf mein Bauchgefühl und mache, was mir guttut.“ Ich war versucht, am jeweiligen Kapitelende Negationen einzufügen wie: „Du bist ein geistloser Trampel und solltest mehr über Sachverhalte nachdenken und weniger über deinen eigenen Nabel.“

2. Franziskus: „Hoffe“ (Deutsch von Elisabeth Liebl, Kösel, 383 S., 24 Euro)

„Hoffe“
„Hoffe“ | Bild: Kösel

Wenn der Souverän des Vatikans, einer der abgeschottetsten Enklaven der Welt, schreibt: „Den Armen verzeiht man nichts, nicht einmal ihre Armut. … Mittlerweile gibt es in Theorie und Praxis sogar eine armenfeindliche Architektur … Man errichtet Mauern und versperrt die Eingänge von Häusern mit Gittern, um sich in einer illusorischen Sicherheit zu wiegen – auf Kosten all jener, die draußen bleiben müssen“, dann zeugt das von erheiternder Schizophrenie. Diese ruiniert die Autobiographie des verstorbenen Papstes, auch wenn die Passagen über Argentinien durchaus lesenswert sind.

1. Eckhart von Hirschhausen: „Der Pinguin, der fliegen lernte“ (Dtv, 168 S., 18 Euro)

„Der Pinguin, der fliegen lernte“
„Der Pinguin, der fliegen lernte“ | Bild: DTV

Wer keinen Vogel hat, wird auch ohne literaturkritisches Adlerauge in Hirschhausens bereits in mehreren anderen Büchern ausführlich erzählter Pinguin-Geschichte eine lahme Ente entdecken, der kein Hahn hinterherkräht.